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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 21.1932

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Walden, Herwarth: Raummangel II
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https://doi.org/10.11588/diglit.47223#0050

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aus Raummangel nicht geben. Das wird man ihr bitte doch nicht
verübeln wollen. Aber der Universitätsprofessor der Medizin ist auf
Grund seiner therapeutischen Erfolge offenbar Optimist geworden.
Noch gibt es München, das zwar nicht in Deutschland, aber immer-
hin in Bayern liegt. Dafür gibt es dort die Münchener Medizinische
Wochenschrift. Das Erstaunliche geschieht: München und Berlin
gehen konform. Verschwunden ist der Rassenhaß. Es bleibt dabei:
Tuberkulose über alles in der Welt!
„Mitteilungen der Schriftleitung der Münchener Medizinischen
Wochenschrift.
Sehr geehrter Herr Professor
Für die Uebersendung Ihres Manuskripts „Der Friedmannsche
Impfstoff bei Augen-Tuberkulose des Menschen“ danke ich Ihnen
verbindlichst. Zu meinem Bedauern ist es mir aber nicht möglich,
den Artikel in unserer Wochenschrift zu veröffentlichen, da ich
grundsätzlich weitere Mitteilungen über den Friedmann-Impfstoff
verweigere, solange Professor Friedmann in unwürdiger Weise
Laienpropaganda treibt und sich nicht scheut, sich mit ärzte-
feindlichen Organisationen einzulassen und auch seinerseits in
der Tagespresse die schwersten Verdächtigungen gegenüber der
Aerzteschaft auszusprechen.
In vorzüglicher Hochachtung gez. Dr. Spatz “
Immer mit die Ruhe. Selbst Herr Professor Friedmann wird die
Laien nicht verhindern können, die Propaganda zu treiben, die Laien für
richtig halfen. Wir Laien brauchen ja nicht die Genehmigung der medi-
zinischen Fachpresse, um uns von einer Krankheit zu heilen. Wir
Laien haben es gut. Wir können selbst auf die Beziehungen zur
Tuberkulose verzichten. Wir können uns sogar gesund machen
lassen, auch durch das Friedmann-Mittel, wenn es uns Spaß macht.
Ja, so sind die Laien. Ohne Rücksicht auf die Fachpresse. Man
sollte die Laien restlos abschaffen, damit die Redakteure wenigstens
ihre wissenschaftliche Ruhe haben. Die Laien sind nicht grund-
sätzlich ärzfefeindlich. Der Herr Professor Friedmann ist es bestimmt
auch nicht. Sonst hätte er ja einen anderen netten Beruf ergreifen
können. Es gibt so viele nette Berufe. Hingegen ist es von dem
Herrn Professor Friedmann unverzeihlich, wenn er schwerste Ver-
dächtigungen zwar nicht gegenüber der Aerzteschaft, aber gegenüber
einzelnen Aerzten aussprichf. Warum bemühen sich diese ange-
griffenen einzelnen Aerzfe nicht, gegen diese schwersten Ver-
dächtigungen, nämlich gegen alle diese begründeten Beweise,
etwas zu unternehmen. Das brauchen natürlich die einzelnen
Aerzfe nicht zu wissen, aber wir Laien können es ja diesen ein-
zelnen Aerzten verraten, daß vor nicht allzu kurzer Zeit die In-
stitution des Gerichts erfunden worden ist. Die Jura ist zwar eine
andere Fakultät, sie wird aber nach Kenntnis der Laien bisher
noch amtlich anerkannt. Oder ist etwa jeder Arzt an sich und
durch sich schon unangreifbar. Auch wenn er Angriffe gegen Krank-

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