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Deutscher Nationalverein [Hrsg.]
Wochen-Blatt des National-Vereins — 1866/​1867 (Nr. 69-123)

DOI Kapitel:
No. 81 - No. 84 (6. Dezember 1866 - 27. Dezember 1866)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43377#0125
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NbonnementSpreiS: bet di-
rektem Bezug von der Erpedt-
tton 36 kr. oder 100, Sgr.,
bet Bezug durch die Post oder
den Buchhandel 45 kr. oder
13 Sgr. für das Quartal.


Wochen-Matt

Inserate «erden mit 7 kr.
»der 2 Sgr. für die doppel-
spaltige Petttzcile berechnet.

des

Herausgegebeu im Auftrage des Vereins ^Ausschusses.


M 84. Heidelberg, den 27. Dezember. 1866.

Mmmemmts-Emtadung.
Indem wir zum Abonnement auf den mit dem 1. Jan. 1867 beginnenden neuen Jahrgang des „Wochenblatts des
Nationalv-weins" cinladen, bemerken wir, daß alle Postämter und Buchhandlungen Deutschlands Bestellungen auf dasselbe
annchmen, und daß das vor mehreren Jahren in Preußen gegen unser Blatt ausgesprochene Verbot,
in neuester Zeit zurückgenommcn worden ist.
Der vierteljährige Abonnemcntsprcis beträgt bei Bestellung durch die Post oder den Buchhandel 45 kr.' oder 13 Sgr.,
bei direktem Bezug von der Expedition, ausschließlich des Porto's, 36 kr. oder lOffs Sgr. Inserate werden mit 7 kr. oder
2 Sgr. für die doppcltspaltige Petitzeile berechnet.
Einsendungen für das Wochenblatt, welche im Fall der Aufnahme anständig honorirt werden, bittet man an den
Herausgeber (Hrn. A. L. v. Rochau in Heidelberg) zu richten.
Heidelberg, im Dezember 1866.
Die Expedition des Wochenblatts des Nationalvercins.

Inhalt:
Wochenbericht. — Auö Preußen. — Oesterreich und die Denischösterreicher.
— VersasfungSreform in Baiern. — ZeilungSschan. — Miltheilungcn
aus dem Nationalverein.

Wochenbericht.
Heidelberg, 24. Dez.
*Es ist der Regierung und dem Abgeordnetenhaus? au-
genscheinlich darum zu thun, ein leidliches Einvcrständniß
unter einander herzustcllen. Von beiden Seiten werden diesem
Zwecke allerlei kleine Opfer auf Kosten des Temperaments
und gelegentlich sogar des Standpunktes gebracht, und die
Beschlußfassungen fallen, nach Inhalt und Stimmcnzahl, mei-
sten Theils so aus, wie die Lage des Landes und das ge-
schäftliche Interesse es fordert. Gleichwohl vergeht kaum eine
Sitzung des Abgeordnetenhauses, ohne daß die wahre Natur
des Verhältnisses zwischen Regierung und Volksvertretung sich
durch diesen oder jenen grellen Mißton verriethe. Weder in
den Ueberzeugungen noch in den Herzen besteht die Gemeinschaft,
welche in der äußern Haltung nothdsirftig beobachtet wird,
weil cs nun einmal so sein muß. Man übt Selbstüberwin-
dung im Dienste des Landes, dessen auswärtige Verhältnisse
das Ruhenlassen des innern Haders und das Zudecken der
inneren Gegensätze zu einer Sache des Patriotismus und der
Klugheit machen. Bis zu einem gewissen Punkte kann das
allerdings geschehen ohne alle Unwahrhaftigkeit, und zum un-
zweifelhaften Nutzen des öffentlichen Wesens. Ein gesundes
Staatsleben aber ist es nicht, welches solche Auskunfts-
mittel nöthig hat, und zu ungewöhnlichen Kraftanstreng-
ungen, wie eine nahe Zukunft sie wahrscheinlich von uns for-
dert, wird der politische Körper dadurch wahrlich nicht vor-
bereitet.
Eine Acndcrung des Regicrungssystemö ist das einzige
Mittel zur wirklichen Heilung der durch die Glieder des
preußischen Staats schleichenden Krankheit — eine Acndcrung
des Systems im Sinne des Volksgcistcs, wie er sich vier oder
fünf Mal hinter einander durch die Landtagswahlcn kund ge-

geben hat. Das ist nicht eine willkürliche Forderung der
Parteipolitik, sondern ein einfaches Gebot her gesunden poli-
tischen Vernunft. So wie Jedermann nach seiner Faycn soll selig
werden können, so muß auch jedes Volk nach seiner Fayon
regiert werden. Der verschrieene Parlamentarismus ist nichts
Anderes, als die moderne Methode zur Ermittlung dieser Fayon
des Volkes. Hat man endlich auch in Preußen, durch Ein-
führung der Verfassung, a-ereennen müssen, daß das Köntg-
thum den Rath und die Zustimmung einer Volksvertretung
nicht länger entbehren konnte, so geräth man in unlösbaren
Widerspruch mit sich selbst, wenn man starrsinnig an einem
System fcsthält, gegen welches das Volk in der Person seiner
Abgeordneten sich mit Beharrlichkeit auflehnt. Ob man dabei
den Buchstaben her Verfassung für oder wider sich hat, ist
im Grunde von geringem Belang. Preußen, wie jehes andere
Land, will die Staatsgewalt in seinem eigenen Geist und
Styl ausgeübt wissen, und wenn man nicht umhin kann, dem
preußischen Volke eine Stimme in seinen eigenen Angelegen-
heiten zuzugestehen, so ist cs ein Widersinn, dieser Stimme,
zumal wenn sie so laut und entschieden spricht wie es in
Preußen seit vier Jahren geschehen, das Ohr zu verschließen.
Es handelt sich hier nicht nm einzelne Regierungs-Maßregeln,
über welche man verschiedener Meinung sein und in Bezug
aus welche man überdies seine Meinung von heute auf mor-
gen ändern kann, und es handelt sich ebensowenig um einzelne
Landtagsbcschlüsse, denen die Regierung unter allen Umständen
zu weichen hätte, wie eine gewisse constitutionelle Schulmeisteret
es verlangt; es kommt vielmehr nur darauf an, daß die ganze
Richtung der Reaierungspolitik nicht die Bahn des im Land-
tage verkörperten Dolksgeistes fort und fort, vielleicht sogar
muthwillig, durchkreuze. Auf die Dauer kann natürlich ein
solcher Zustand niemals bestehen; daß es aber immerhin mög-
lich ist, ihn durch künstliche und gewaltsame Mittel so lange
hinzuhalten, bis er unheilbaren Schaden angerichtet, das lehrt
manche geschichtliche Erfahrung aus alter und aus neuester Zeit.
— Die Berliner Ministcrkonfcrenz wegen des Nord-
deutschen Bundes hat einen guten Anfang gehabt. Die Rede,
mit welcher Herr v. Bismarck dieselbe eröffnet, ist so klar, so
einfach und so bestimmt, daß dadurch ein sehr günstiges Vor--
 
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