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Deutscher Nationalverein [Editor]
Wochen-Blatt des National-Vereins — 1866/​1867 (Nr. 69-123)

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No. 85 - No. 89 (3. Januar 1867 - 31. Januar 1867)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43377#0133
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Vbonnement-prel«: bei di-
rektcm Bezug von der Expedi-
tion 36 kr. oder 106- Sgr.,
bei Bezug durch die Post oder
den Buchhandel 45 kr. oder
13 Sgr. für dar Quartal.

2

des

Inserate werden mit 7 kr.
oder 2 Sgr. für die doppel-
spaltige Petitzcile berechnet.



Herausgegekm im ÄlMage des Vereins-Ausschusses.

M 85. Heidelberg, den 3. Januar. 1867.
MMMMmls-Einladung.
Indem wir zum Abonnement auf den mit dem 1. Jan. 1867 begonnenen neuen Jahrgang des „Wochenblatts des
Nationalvercins" einladen, bemerken wir, daß alie Postämter und Buchhandlungen Deutschlands Bestellungen ans dasselbe
annehmen, und daß das vor mehreren Jahren in Preußen gegen unser Blatt ausgesprochene Verbot,
in neuester Zeit zurückgenommen worden ist.
Der vierteljährige Abonncmentspreis beträgt bei Bestellung durch die Post oder den Buchhandel 45 kr. oder 13 Sgr.,
bei direktem Bezug von der Expedition, ausschließlich des Portv's, 36 kr. oder 10 Hs Sgr. Inserate werden mit 7 kr. oder
2 Sgr. für die doppeltspaltige Petitzcile berechnet.
Einsendungen für das Wochenblatt, welche im Fall der Aufnahme anständig honorirt werden, bittet man^an den
Herausgeber (Hrn. A. L. v. Roch au in Heidelberg) zu richten.
Heidelberg, im Dezember 1866.
Die Expedition des Wochenblatts des Nationalvercins.

Inhalt:
Der Nationalverein vor und nach dem Kriege. — NuS Preußen. — Blut
und Eisen. — Die mccklcnb Parteien in der Parlamentswahl. - Auf-
nahme der Hansestädte in den Zollverein. — Die preußische ZeitungS-
stcuer. — Zeitungsschau.

Wegcn Unwohlseins des Herausgebers muß der Wochen-
bericht dies Mal ausfallen.

Der Natioualverei« vor und «ach dem Kriege.
I.
„Nur um's Himmclswillcn keine Kompromisse mehr",
hieß es unlängst in einer Zuschrift des Localcomitä in Kon-
stantinopel an den Vereinsvorstand, „denn sie vor Allem sind
es gewesen, wodurch der Nationalverein zuerst innerlich er-
schüttert und dann nach außen lahmgelcgt wurde." Wie der
Zusammenhang ergibt und wie sich übrigens von selbst ver-
steht, sind cs die Zugeständnisse an die Stimmungen und An-
schauungen des Südens und der süddeutschen Demokratie,
welche hier von unseren Freunden beklagt werden. Nach anderen
Seiten hin haben Kompromisse bekanntlich nicht stattgcfunden;
namentlich ist der Verein, wie oft ihm auch von seinen radi-
kalen Gegnern dies nachgeredct wurde, niemals in den Fall
gekommen, dem Standpunkt der preußischen Regierung „Rech-
nung zu tragen." Daß er zu solchen Kompromissen keinen
Anlaß fand, war nicht sowohl sein Verdienst, als sein— Unglück.
Nicht bloß „hinten weit in der Türkei", auch im Vater-
lande wurde und wird vielfach der obige Vorwurf erhoben.
Besonders sei es die Generalversammlung von 18H4 gewesen,
wo das deutsche Programm des Vereins bis zur Unkenntlich-
keit entstellt, Eisenach, die Geburtsstätte der Nationalpartei,
der Ort, wo ihr der Todesstoß gegeben worden.
Im Munde Derer, welche dergleichen Anklagen unseres
Wissens zuerst laut werden ließen, der Altliberalcn, sind sie
vollkommen, wo nicht begründet, so doch folgerichtig. Die Alt-
liberalcn für ihren Theil haben niemals daran gedacht, Volks-
politik zu treiben, den politischen Geist und Willen der
Nation zu einer Macht zu entwickeln, vielmehr stets nur durch

Anlehnung an die organisirten Regicrungsgewalten zu wirken
sich beschiedcn. Sie sind somit auch nie in der Lage gewesen,
Kompromisse mit anderen oppositionellen Parteien uothig zu
finden, wenigstens nicht außerhalb ihrer Kammerthätigkeit.
Sie ließen und lassen es sich wohl gefallen, wenn die öffent-
liche Meinung so viel Kraft gewinnt, um die Regierung zu
den auch von ihnen gewünschten Zugeständnissen zu nöthigen,
aber zu solcher Krafterhöhung durch die Mittel der volkSthüm-
lichen Agitation selbst Etwas beizutragcn, streitet gegen ihre
Natur und Gewöhnung. Ein Anlauf dazu, welchen in der
ersten Zeit des Nationalvereins, durch Anschluß an denselben,
Einige von ihnen genommen, geräth denn auch bald genug
wieder in's Stocken.
Nicht, als ob die Gründer des Nationalvercins umgekehrt
in dem Wahne gestanden hätten, daß die Ziele der Bewegung
ausschließlich durch die Kraft und Initiative der Nation, und
ohne die BundcSgenostenschaft der Regierung Preußens erreicht
werden könnten. Aber um das Bündniß mit der Nation zu
schließen, mußte man in Berlin doch erst von dem Werthe
desselben sich überzeugen, mußte erfahren, daß das deutsche
Volk zu einem Factor geworden, mit dem man rechnen
könne, ja rechnen müsse, eine Macht, deren Freundschaft Ge-
winn, deren Groll Gefahr zu bringen im Stande war. Daß
die preußische Staatsgewalt eines Tages sich für stark genug
halten würde, um Preußens deutsche Aufgabe, oder doch ein
ansehnliches Stück derselben, allein aus eigener Kraft zu lösen,
dies zu erwarten, konnte Niemanden im Traum etnfallen,
Angesichts des durchgängigen, unter jedem Ministerium gleich-
gebliebenen, von dem Gefühl der relativen Schwäche, gegen-
über Oesterreich und den anderen Großmächten, ganz und gar
beherrschten, unschlüssigen, zaghaften, leisetreterischen Charakters
der preußischen Politik seit 1815.
Nun wohl, um die Nation in Respekt zu setzen, war vor
Allen, Eines nöthig. Man sagte sich mit Recht, daß die
klägliche Ohnmacht des deutschen Volkswillens während der
Jahre 1849—59 in erster Linie dem Mangel an Einmü-
thigkeit dieses Willens, dem selbstmörderischen Hader im
eigenen Lager zuzuschrcibcn sei. Die „Constituttonellen" und
„Demokraten" hatten einander mit grimmigem Eifer zerfleischt,
 
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