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Deutscher Nationalverein [Hrsg.]
Wochen-Blatt des National-Vereins — 1866/​1867 (Nr. 69-123)

DOI Kapitel:
No. 98 - No. 101 (4. April 1867 - 25. April 1867)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43377#0237
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AbonnementSpreiS: bei di-
rektem Bezug von der Expedi-
tion 36 kr. oder lO'/s Sgr.,
bei Bezug durch die Post oder
den Buchhandel 45 kn oder
13 Sgr. für dar Quartal.


Inserate werden mit 7 kr.
oder 2 Sgr. für die doppel-
spaltige Petitzeile berechnet.

des
Herausgegeken im Auftrage des Tfereins-Ausschusses.



Heidelberg, den 4. April.

1867.

MMnemMs-EmtMmg.
Indem wir zum Abonnement auf das mit dem 1. April begonnene II. Quartal des „Wochenblatts des National-
vereins" cinladcn, bemerken wir, daß alle Postämter und Buchhandlungen Deutschlands Bestellungen auf dasselbe aunehmen,
und daß das vor mehreren Jahren in Preußen gegen unser Blatt ausgesprochene Verbot, zurück-
genommen worden ist.
Der vierteljährige Abonnementspreis beträgt bei Bestellung durch die Post oder den Buchhandel 45 kr. oder 13 Sgr.,
bei direktem Bezug von der Expedition, ausschließlich des Porto's, 36 kr. oder lOsss Sgr. Inserate werden mit 7 kr. oder
2 Sgr. für die doppeltspaltige Petitzeile berechnet.
Einsendungen für das Wochenblatt, welche im Fall der Aufnahme anständig honorirt werden, bittet man an den
Herausgeber (Hru. A. L. v. Roch au in Heidelberg) zu richten.
Heidelberg, im Mär; 1867.
Die Expedition des Wochenblatts des Nationalvercins.

Inhalt:
Wochenbericht. — Die Haltung der Nationalliberalcn. — Luxemburg. —
ReichstagSbrief. — Aus Preußen. — Aus Baden. — Aus Erlangen. —
Zeitungsschau. — Mittheilnuzen aus dem Nationalvcrein.

Wochenbericht.
Heidelberg, 2. April.
* Nachdem die Reichstagsdebattc über die meisten schwie-
rigen Stellendes Verfassungsentwurfs glücklich hinweggekommcn,
hat sie sich in der Diätcnfrage dergestalt fcstgefahren, daß es
einigermaßen zweifelhaft geworden, ob sic überhaupt am Ziele
ankommen wird. Wir verzichten darauf, über diesen Zwischen-
fall zu sagen, was wir davon denken. Sollte es aber wirk-
lich geschehen, daß das Parlament von 1867 an diesem
Geldpunkte zu Falle käme, so würde sich wohl Herausstellen,
daß die Geschichte seiner Vorgänger in Frankfurt und Erfurt,
mit der seinigen verglichen, eine glorreiche gewesen. —
Bei einer Frage von größerer Bedeutung, bei der Frage
vom Bundesministerium und von der Ministervcrantwortlich-
keit, half eine unerwartete Vertheilung der Stimmen über
eine ähnliche Gefahr hinweg. Wenn die liberale Partei un-
bedingt darauf bestand, daß an dieser Stelle das constitutionelle
System ausdrücklich gewahrt werde, und wenn Graf Bismarck
diese Forderung mit der nämlichen Entschiedenheit ablehnte,
so darf man daraus noch nicht folgern, daß die Bedeutung
der Sache von beiden Seiten überschätzt worden sei — der
Sache, das heißt, eines Artikels mehr oder weniger in der
Verfassung, der seinen Inhalt erst von der Zukunft zu er-
warten hat. Innerhalb der heutigen Lage der Dinge wäre in der
That ein Bundesministerium, neben dem preußischen Cabinettc,
das fünfte Rad am Wagen, und die Verantwortlichkeit desselben
ein noch durchsichtigeres Nichts, als das entsprechende Wort
in den Verfassungen der Einzelstaatcn. Aber es kam der
liberalen Partei darauf an, einen Artikel des überlieferten
Glaubensbekenntnisses wenigstens formell festzuhaltcn, während
Herr v. Bismarck ohne Zweifel ein im entgegengesetzten Sinne
gegebenes Wort einzulösen hatte, und so gerieth man, wohl

sehr wider Wunsch und Willen, im einen Wettkampf, bei
welchem der Einsatz höher war, als der mögliche Gewinn.
Daß die Mängel und Schwächen des Verfassungscntwurfs
in de^r Parlamentsvcrhan. lungen schonungslos zur Sprache
gebracht werden, geschieht kraft guten parlamentarischen Rechtes,
und auch vom politischen Standpunkte aus wird nichts Stich-
haltiges dagegen cinzuwenden sein. Wenn man aber für jede
Unregelmäßigkeit des Entwurfs eine sofortige Berichtigung
verlangt, und nach jedem Tadel nur einem Dutzend Vcrbessc-
rnngsvorschlägeu bei der Hand ist, so wird damit des Guten
leicht zu viel gethan. Die Versagung des Norddeutschen
Bundes, es muß alle Tage vom Neuen wiederholt werden,
kann unmöglich eine regelrechte fein, weil die Verhältnisse
selbst, denen sic sich anpassen muß, im höchsten Grade abnorm
sind. Was in diesen Verhältnissen schief und krnmm ist,
kann durch ParlamcntSbcschlüsse wahrhaftig nicht gerade ge-
richtet werden; der Reichstag hat diese Dinge vielmehr zu
nehmen, wie er sic vorfindet, eben so und aus den nämlichen
Gründen, wie Herr v. Bismarck, der zum Beispiel seine weit-
gehenden Zugeständnisse an die Souveränität der Bundcsfürsten
ganz gewiß nnr da gemacht hat, wo er nicht anders
konnte. Unter den gegebenen Bedingungen müssen gewisse
Aufgaben des norddeutschen Bundes und muß demgemäß die Rolle
des Reichstags sehr bescheiden bemessen werden, wenn sie über-
haupt erfüllbar bleiben sollen, während der Bund nach andern
Richtungen hin, ohne alle Frage, weit mehr leistet, als selbst
die Reichs Verfassung von 1849 der Nation zu versprechen
wagte.
Damit will natürlich nicht gesagt sein, daß die Bundes-
verfassung auf ihren bisherigen Grundlagen der Nation auf
die Dauer genügen könne und solle. Man darf, im Gegen-
thcil, mit Zuversicht Voraussagen, daß sich durch die Uebung
der Verfassung sehr bald die Unhaltbarkeit derselben Heraus-
stellen wird — das heißt, die Unverträglichkeit derjenigen Ord-
nung der Dinge, deren Ausdruck sie ist, mit den großen In-
teressen der Nation sowohl wie des preußischen Staates. Die
früher oder später nothwcndige Reform aber wird nicht mit
neuen Artikeln in der Verfassungsurkundc beginnen, sondern
mit sachlichen Veränderungen im Staatswesen, eben so wie der
 
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