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Deutscher Nationalverein [Hrsg.]
Wochen-Blatt des National-Vereins — 1866/​1867 (Nr. 69-123)

DOI Kapitel:
No. 107 - No. 110 (6. Juni 1867 - 27. Juni 1867)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43377#0325
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AbonnementrprciS: bei di-
rektem Bezug von der Expedi-
tion 36 kr. oder 1t)i/z Sgr.,
bei Bezug durch die Post oder
den Buchhandel 45 kr. oder
13 Sgr. für das Quartal.


Inserate werden mit 7 kr.
oder 2 Sgr. für die doppel-
spaltige Petitzeile berechnet.

des



Herausgegeken im Auftrage des Vereins-Ausschusses.

M 110. Heidelberg, den 27. Juni. 1867.

MmmemmLsMiMdung.
Indem wir zum Abonnement auf das mit dem 1. Juli beginnende III. Quartal des „Wochenblatts des National-
vereins" entladen, bemerken wir, daß alle Postämter und Buchhandlungen Deutschlands Bestellungen auf dasselbe annehmen,
und daß das vor mehreren Jahren in Preußen gegen unser Blatt ausgesprochene Verbot, zurück-
genommen worden ist. .
Der vierteljährige Abonncmcntspreiö beträgt bei Bestellung durch die Post oder den Buchhandel 45 kr. oder 13 Sgr.,
bei direktem Bezug von der Expedition, ausschließlich des Pyrto's, 36 kr. oder 10Vs Sgr. Inserate werden mit 7 kr. oder
2 Sgr. für die doppcltspaltigc Petitzeile berechnet.
Einsendungen für das Wochenblatt, welche im Fall der Aufnahme anständig honorirt werden, bittet man an den
Herausgeber (Hrn. A. L. v. Roch au in Heidelberg) zu richten.
Heidelberg, im Juni 1867.
Die Expedition des Wochenblatts des Nationalvereins.

Inhalt:
Wochenbericht. — Oberg und was damit zusammcnhängt. — Neu-
österreich, Preußen, Deutschland. — Aus Preußen. — Bayern im franzö-
schen Kriege. — Petro Arbues. — ZcitungSschau.

Wochenbericht.
Berlin, 25. Juni.
* „Wer ihm willig folgt, den führt das Schicksal, wer
sieb sträubt, den schleift es hinter sich drein" — diese alte
Wahrheit mag der baierischcn Negierung vorgeschwcbt haben,
als sic sich in der letzten Stunde dazu verstanden, der Er-
neuerung des Zollvereins auf parlamentarischer Grundlage
auch ihrerseits zuzustimmen. Daß ihr dieser Entschluß schwer
geworden, läßt sich begreifen und darf ihr auch nicht gerade
verargt werden; je größere Selbstüberwindung es aber dem
mächtigsten der deutschen Mittelstaatcn, demjenigen unter ihnen,
welcher seit langer Zeit eine Art europäischer Rolle für sich
geträumt, je größere Selbstüberwindung es Baiern gekostet,
sich dem Gesetze der nationalen Zukunft unterzuordnen, desto
stärker ist der damit gegebene Beweis der Unwiderstehlichkeit
des auf die Einheit hinausgehenden Zuges der Zeit. In der
straken Richtung auf das Ziel, welche dieser Zug seit Jahr
und Tag angenommen, hat derselbe mit Sturmesgewalt eine
Reihe von Hindernissen niedcrgcworfen, welche noch un-
längst selbst von der kühnsten patriotischen Hoffnung nur mit
zagenden Blicken gemessen wurden. Die österreichische Hand
ist aus dem Spiele gewiesen, das sie so lange gehemmt und
verdorben, Frankreich hat sich, ohne einen ernstlichen Versuch
des Widerstandes, darein ergeben, in Deutschland eine eben-
bürtige Macht neben sich aufwachsen zu sehen, die militärische
Einheit ist für drei Viertheile Deutschlands eine fertige That-
sache, eine Nationalversammlung vereinigt unter dem Namen
des Reichstags die Volksvertretung des norddeutschen Bundes,
und unter dem Namen des Zollparlaments die Gesammtver-
tretung der Nation, der ewige Stein des Anstoßes, an wel-
chem jedes große deutsche Interesse zerschellte und das unzäh-
lige Male selbst die politische Existenz Deutschlands in Frage

gestellt hat, die Souverainetät der Einzelstaaten ist thcils ver-
nichtet, theils wenigstens unheilbar gebrochen. Mit dem Ein-
tritt Baierns in den parlamentarisch rcorganistrten Zollverein
ist der Abschluß des ersten Aktes einer Revolution erfolgt,
wie sie Deutschland bedeutungsvoller seit dem sechzehnten Jahr-
hundert nicht mehr erlebt. Mag die große politische Hand-
lung jetzt eine Weile stillstchen, oder mag sic ununterbrochenen
Ganges ihrem Ende zueiien — ihr weiterer Verlauf und ihr
Ausgang ist jetzt so fest vorgezeichnet und so sicher gegeben,
wie es in Dingen dieser Erde und nach menschlicher Berech-
nung überhaupt möglich ist. Wir haben noch einen weiten
Weg vor uns, aber wir sind über den Berg; das Weiter-
wandern wird uns viel Anstrengung und Schweiß kosten,
aber das Ziel liegt deutlich vor unfern Augen. Ein muthiges
Herz ist hinfort Alles, was uns Noth thut.
Gleichzeitig mit dem süddeutschen Dyuastenthnm hat das
preußische Junkerthum vor der deutschen Zukunft das Gewehr
gestreckt. Die schließliche Annahme der norddeutschen Bun-
desverfassung durch das preußische Herrenhaus ist so gut wie
eine Abdankung, die an Werth nichts dadurch verliert, daß'
sic eine unfreiwillige ist. Denn daß der Reichstag bestimmt
ist, den preußischen Landtag zu verschlingen, und daß das
Herrenhaus damit ein für alle Mal aus der Reihe der Fak-
toren des deutschen Staatslcbenö verschwinden wird, darüber
kann man sich innerhalb desselben am wenigsten einer Täu-
schung hingeben. Ucbcrhnupt hatte das preußische Junker-
thum eine politische Bedeutung nur insofern und so lange,
als der preußische Staat abgesondert vom übrigen Deutsch-
land und gewissermaßen im Gegensätze zu demselben dastand.
Von dem Augenblicke an, wo Preußen in seinen deutschen
Beruf eintritt, wird das Junkerthum, als politische Partei, der
Regierung selbst eine Last, die sie, wohl oder übel, abschüt-
tcln muß. Es wäre ein geradezu widersinniger Gedanke, das
künftige deutsche Regiment nach den Grundsätzen und Marotten der
Stahl und Gerlach, nach den Gesichtspunkten und Interessen
der Blanckcnburg und Senfft-Pilsach zu führen, ein Wider-
sinn, den ein verschrobener Kopf, nach dem Zuschnitt Friedrich
Wilhelms IIII., vielleicht wollen könnte, an dessen Ausfüh-
rung aber selbst die eiserne Kraft eines Bismarck zu Schanden
 
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