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rektem Bezug von der Erpcdi-
tion 38 kr. oder 10>/2 Sgr.,
bei Bezug durch die Post oder
den Buchhandel 45 kr oder
13 Sgr. für das Quartal.
Wochen Blatt
des
Inserate werden mit 7 kr.
oder L Sgr. für die doppel-
spaliigc Petitzeile berechnet.
"Uatio«al-Derei«s.
Herausgegebm im Lusirage des Mreins-ÄussMsses.
M 108. Heidelberg, den 13. Juni. 1867.
Des Pfingstfestes wegen erscheint unsere heutige Nummer nur in einem Halden Bogen.
Anstalt:
Wochenbericht. — National-Colvnialpolitik. — Aus Hannover. —
AuS Magdeburg. — Die HeereSrcform in Frankreich und Deutschland. -—
Berichtigung.
Wochenbericht.
Heidelberg, 11. Juni.
* Nach den vielfältigsten Zeugnissen, welche in Berlin und
Darmstadt, in Stuttgart und München, in Wien und Paris
gleichlautend abgegeben werden, kann man sich der Ucberzeu-
gung nicht länger entziehen, daß in den Kabinetten der Groß-
und der Kleinstaaten, der deutschen und der auswärtigen Mächte,
eine ziemlich vollständige Uebcreinstimmnng dahin obwaltet,
die förmliche Aufnahme Süddeutschlands in den neuen Bund
zur Zeit nicht zu bewerkstelligen, beziehungsweise, nach Kräften zu
hintertreiben. Natürlich verträgt sich diese Einigkeit im Zwecke
recht gut mit einer gewissen Mannigfaltigkeit der Beweggründe,
die sich mir zufällig in einem gemeinsamen Zielpunkte begegnen.
Die Motive der Münchner, Stuttgarter, Wiener und Pariser
Opposition gegen die Erweiterung des Nordbundes bedürfen
keines Nachweises und keiner Erörterung. Weniger einfach
dagegen ist die Frage nach den Ursachen der abwehrenden
Haltung der preußischen Politik; nicht, weil dieselbe räthsel-
haft wäre, sondern weil sie möglicher Weise durch sehr ver-
schiedene Rücksichten bestimmt sein kann. Gleichviel indessen,
ob Preußen sich durch den Wortlaut des Prager Friedens für
gebunden erachtet, oder ob man in Berlin des Münchner und
Stuttgarter Widerstandes noch nicht Herr werden zu können
meint, oder ob Herr v- Bismarck neue Verwickelungen mit dem
Auslande scheut — die Besiimmungsgründe und die Ent-
schlüsse des preußischen Cabinets haben keine Gesetzeskraft für
die deutsche Volkspolitik. In der That ist der am häufigsten
gehörte Einwand gegen die Agitation für Erweiterung des
norddeutschen Bundes zum deutschen, daß nämlich Preußen
selbst davon nichts wissen wolle, die größte Albernheit, welche
für diesen Fall überhaupt ersonnen werden konnte. Als ob
nicht die politische Bewegung der letzten fünfzig Jahre bei
jedem ihrer Anläufe von vorn herein mit dem entschiedensten
Übeln Willen der Machthaber zu kämpfen gehabt hätte!
Wenn man in den dreißiger und vierziger Jahren Preßfrei-
heit, Geschworenengerichte, Volksvertretung am Bunde u. s. w.
verlangte — welcher vernünftige Mensch hat diese Forderungen
jemals mit dem Argumente abweiscn zu können gemeint, daß
die Regierungen nicht gesonnen seien, dieselben zuzugcstehen?
Solche Beispiele von Schwachköpfigkcit waren dem gegenwär-
tigen Jahrzchent Vorbehalten, ja, wir müssen sie sogar vor-
zugsweise an den tapfern Recken erleben, denen sonst die
schwersten Dinge der Welt ein Kinderspiel sind, die sich ins-
besondere zutrauen würden, Deutschland binnen 24 Stunden
in eine Födcrativrcpublik zu verwandeln — wenn man sie
nur gewähren ließe. >
Die Nationalpartei ihrerseits wird sich durch die dermalige
Taktik des preußischen Cabinets eben so wenig in ihren Be-
strebungen cntmutbigcn, als an ihrer jetzigen Hauptaufgabe
irre machen lassen. Auf der andernißeite aber ist allerdings
auch kein Grund für uns vorhanden,-Zdic Annahme der Ab-
schlagszahlung auf die Einhcitsforderutig der Nation zu ver-
weigern, welche aus Zollvereinsmitteln- in Aussicht zu stehen
scheint. Wenn es, wie durch die Bertiper Ministcrconfercnzen
wahrscheinlich geworden, gelingt, die --Südstaaten einstweilen
zur parlamentarischen Mitverhandlung der Zoll- und Han-
dclsangelegcnheiten heranzuziehen, so wird jeder verständige
Patriot einen solchen Erfolg willkommen heißen, ohne darum
das Mindeste von seinen weiteren Ansprüchen prciszugcben.
— Ucber die schwebenden politischen Interessen von europäi-
schem Belang sitzen die drei mächtigsten Monarchen des Festlandes
in Paris persönlich zu Rathe. In das Geheimniß ihrer Ab-
sichten und Entschlüsse eindringcn zu wollen, wäre eine müßige
Spielerei. Selbst für die Beantwortung der Frage, ob dieser
Kongreß der gekrönten Häupter der Welt Krieg oder Frieden
bringen wird, gibt es keine stichhaltigen Wabrscheinlickkeits-
gründe. Hoffen wir, daß wenigstens die Zeit der Ungewiß-
heit und Spannung nicht mehr von langer Dauer sein, daß
Europa demnächst in glaubhafter Weise erfahren werde,
was cs von der nächsten Zukunft zu erwarten hat. Sicherlich
man hat keinen Grund, stolz zu sein auf die Rolle, welche
die Völker bei dieser Gelegenheit wieder einmal neben den
Königen spielen; aber cs ist immerhin eine tröstliche Erschei-
nung der Zeit, daß alle Welt sich dieses Mißverhältnisses zu
schämen anfängt, selbst Diejenigen, zu deren Vorthcil dasselbe
stattfindet. Wie Louis Napoleon nur als Bevollmächtigter
der französischen Nation und als Vollstrecker ihres Willens
angesehen werden will, so suchen auch die übrigen Machthaber
mit immer wachsender Beflissenheit, ihre Pflichten gegen den
Staat, die Volkswünsche, die öffentliche Wohlfahrt als die
eigentlichen Beweggründe ihres Thun's und Lassen's erscheinen
zu lassen. In Deutschland insbesondere tritt dieses Bestreben
seit einiger Zeit sehr deutlich hervor, und wie wenig cs auch
mit dieser Anerkennung des Volkes als Macht ernstlich ge-
meint sein mag — die Umstände werden dafür sorgen, daß
cs Ernst damit werde. Das preußische Königthum ist durch
die Ereignisse des vorigen Jahres, durch die Annexionen und
die Errichtung des norddeutschen Bundes, ohne es zu wissen
und zu wollen, ein anderes geworden, als es vorher war, und
mit diesem Wechsel wird auch sein Verhältntß zur Nation ein
anderes und rechtmäßigeres werde», als cs bisher gewesen. —
Nationale Colonialpolitik.
läi In der norddeutschen Bundesverfassung ist das Colonial-
wesen der Bundesgewalt Vorbehalten. Natürlich; wenn es
Colonien geben soll, kann nur der Bund, als solcher, sie grün-
den, sie verwalten und über sie bestimmen. Ueber die Frage,
ob Colonien überhaupt gegründet werden sollen, ist weder
durch diesen Satz, noch sonst in der Bundesverfassung irgend»
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M 108. Heidelberg, den 13. Juni. 1867.
Des Pfingstfestes wegen erscheint unsere heutige Nummer nur in einem Halden Bogen.
Anstalt:
Wochenbericht. — National-Colvnialpolitik. — Aus Hannover. —
AuS Magdeburg. — Die HeereSrcform in Frankreich und Deutschland. -—
Berichtigung.
Wochenbericht.
Heidelberg, 11. Juni.
* Nach den vielfältigsten Zeugnissen, welche in Berlin und
Darmstadt, in Stuttgart und München, in Wien und Paris
gleichlautend abgegeben werden, kann man sich der Ucberzeu-
gung nicht länger entziehen, daß in den Kabinetten der Groß-
und der Kleinstaaten, der deutschen und der auswärtigen Mächte,
eine ziemlich vollständige Uebcreinstimmnng dahin obwaltet,
die förmliche Aufnahme Süddeutschlands in den neuen Bund
zur Zeit nicht zu bewerkstelligen, beziehungsweise, nach Kräften zu
hintertreiben. Natürlich verträgt sich diese Einigkeit im Zwecke
recht gut mit einer gewissen Mannigfaltigkeit der Beweggründe,
die sich mir zufällig in einem gemeinsamen Zielpunkte begegnen.
Die Motive der Münchner, Stuttgarter, Wiener und Pariser
Opposition gegen die Erweiterung des Nordbundes bedürfen
keines Nachweises und keiner Erörterung. Weniger einfach
dagegen ist die Frage nach den Ursachen der abwehrenden
Haltung der preußischen Politik; nicht, weil dieselbe räthsel-
haft wäre, sondern weil sie möglicher Weise durch sehr ver-
schiedene Rücksichten bestimmt sein kann. Gleichviel indessen,
ob Preußen sich durch den Wortlaut des Prager Friedens für
gebunden erachtet, oder ob man in Berlin des Münchner und
Stuttgarter Widerstandes noch nicht Herr werden zu können
meint, oder ob Herr v- Bismarck neue Verwickelungen mit dem
Auslande scheut — die Besiimmungsgründe und die Ent-
schlüsse des preußischen Cabinets haben keine Gesetzeskraft für
die deutsche Volkspolitik. In der That ist der am häufigsten
gehörte Einwand gegen die Agitation für Erweiterung des
norddeutschen Bundes zum deutschen, daß nämlich Preußen
selbst davon nichts wissen wolle, die größte Albernheit, welche
für diesen Fall überhaupt ersonnen werden konnte. Als ob
nicht die politische Bewegung der letzten fünfzig Jahre bei
jedem ihrer Anläufe von vorn herein mit dem entschiedensten
Übeln Willen der Machthaber zu kämpfen gehabt hätte!
Wenn man in den dreißiger und vierziger Jahren Preßfrei-
heit, Geschworenengerichte, Volksvertretung am Bunde u. s. w.
verlangte — welcher vernünftige Mensch hat diese Forderungen
jemals mit dem Argumente abweiscn zu können gemeint, daß
die Regierungen nicht gesonnen seien, dieselben zuzugcstehen?
Solche Beispiele von Schwachköpfigkcit waren dem gegenwär-
tigen Jahrzchent Vorbehalten, ja, wir müssen sie sogar vor-
zugsweise an den tapfern Recken erleben, denen sonst die
schwersten Dinge der Welt ein Kinderspiel sind, die sich ins-
besondere zutrauen würden, Deutschland binnen 24 Stunden
in eine Födcrativrcpublik zu verwandeln — wenn man sie
nur gewähren ließe. >
Die Nationalpartei ihrerseits wird sich durch die dermalige
Taktik des preußischen Cabinets eben so wenig in ihren Be-
strebungen cntmutbigcn, als an ihrer jetzigen Hauptaufgabe
irre machen lassen. Auf der andernißeite aber ist allerdings
auch kein Grund für uns vorhanden,-Zdic Annahme der Ab-
schlagszahlung auf die Einhcitsforderutig der Nation zu ver-
weigern, welche aus Zollvereinsmitteln- in Aussicht zu stehen
scheint. Wenn es, wie durch die Bertiper Ministcrconfercnzen
wahrscheinlich geworden, gelingt, die --Südstaaten einstweilen
zur parlamentarischen Mitverhandlung der Zoll- und Han-
dclsangelegcnheiten heranzuziehen, so wird jeder verständige
Patriot einen solchen Erfolg willkommen heißen, ohne darum
das Mindeste von seinen weiteren Ansprüchen prciszugcben.
— Ucber die schwebenden politischen Interessen von europäi-
schem Belang sitzen die drei mächtigsten Monarchen des Festlandes
in Paris persönlich zu Rathe. In das Geheimniß ihrer Ab-
sichten und Entschlüsse eindringcn zu wollen, wäre eine müßige
Spielerei. Selbst für die Beantwortung der Frage, ob dieser
Kongreß der gekrönten Häupter der Welt Krieg oder Frieden
bringen wird, gibt es keine stichhaltigen Wabrscheinlickkeits-
gründe. Hoffen wir, daß wenigstens die Zeit der Ungewiß-
heit und Spannung nicht mehr von langer Dauer sein, daß
Europa demnächst in glaubhafter Weise erfahren werde,
was cs von der nächsten Zukunft zu erwarten hat. Sicherlich
man hat keinen Grund, stolz zu sein auf die Rolle, welche
die Völker bei dieser Gelegenheit wieder einmal neben den
Königen spielen; aber cs ist immerhin eine tröstliche Erschei-
nung der Zeit, daß alle Welt sich dieses Mißverhältnisses zu
schämen anfängt, selbst Diejenigen, zu deren Vorthcil dasselbe
stattfindet. Wie Louis Napoleon nur als Bevollmächtigter
der französischen Nation und als Vollstrecker ihres Willens
angesehen werden will, so suchen auch die übrigen Machthaber
mit immer wachsender Beflissenheit, ihre Pflichten gegen den
Staat, die Volkswünsche, die öffentliche Wohlfahrt als die
eigentlichen Beweggründe ihres Thun's und Lassen's erscheinen
zu lassen. In Deutschland insbesondere tritt dieses Bestreben
seit einiger Zeit sehr deutlich hervor, und wie wenig cs auch
mit dieser Anerkennung des Volkes als Macht ernstlich ge-
meint sein mag — die Umstände werden dafür sorgen, daß
cs Ernst damit werde. Das preußische Königthum ist durch
die Ereignisse des vorigen Jahres, durch die Annexionen und
die Errichtung des norddeutschen Bundes, ohne es zu wissen
und zu wollen, ein anderes geworden, als es vorher war, und
mit diesem Wechsel wird auch sein Verhältntß zur Nation ein
anderes und rechtmäßigeres werde», als cs bisher gewesen. —
Nationale Colonialpolitik.
läi In der norddeutschen Bundesverfassung ist das Colonial-
wesen der Bundesgewalt Vorbehalten. Natürlich; wenn es
Colonien geben soll, kann nur der Bund, als solcher, sie grün-
den, sie verwalten und über sie bestimmen. Ueber die Frage,
ob Colonien überhaupt gegründet werden sollen, ist weder
durch diesen Satz, noch sonst in der Bundesverfassung irgend»