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1899.
ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 10.
31U
Malerei Platz gegriffen, so dafs ein französischer
Bischof es sogar für nothwendig erachtete, auf
der Provinzialsynode zu Treguier 1455 förmlich
Verwahrung einzulegen, damit nicht etwa aus
den Wappen ein Eigenthumsrecht der Stifter
an den betreffenden Fenstern hergeleitet werde.
Nur beiläufig sei an den Wappenreichthum
erinnert, welcher sich z. B. in den Fenstern
von St. Lorenz und St. Sebald zu Nürnberg,
im Dom zu Köln, in Ehrenstein, Düren, Hoog-
straeten, St. Jacques zu Lüttich dem Auge auf-
drängt. Von der Kirche aus mögen derartige
Tafeln mit Wappen- und Bilddarstellungen ihren
Weg zunächst in die Hauskapellen und dann
nach dem Vorgange der Klöster in die Wohn-
räume gefunden haben. So erwähnt Schnütgen
in seiner Zeitschrift (III. S. 21) zwei aus dem
Soester Hospital stammende Fensterflügel des
14. Jahrh., welche 1879 auf der Ausstellung
westfälischer Alterthümer und Kunsterzeugnisse
in Münster zu sehen waren. Ferner erfahren
wir, dafs im Albrechtskloster zu Breslau, wo
die Brüder in Wand- und Glasmalerei ar-
beiteten, im Jahre 1489 der Magister Jacobus
pro clenodiis vitreis, — wohl Wappen- und
Bildeinlagen —, ad fenestras ambitus Zahlung
erhielt. Bei der Gleichartigkeit in Anordnung
und Durchführung hätte man getrost manche
Schenkgeber- oder Wappentafel aus Kirchen-
fenstern z. B. aus St. Magdalena in Strafs-
burg als Einlage in ein Stubenfenster ver-
setzen dürfen, während umgekehrt Schweizer
Wappen- oder Figurenscheiben dafür hätten
eingetauscht werden können. Letzteres ist that-
sächlich vorgekommen; die Herrn von Erlach
zu Bern hatten auf ihrem Hofe an der Junkern-
gasse einen vollständigen Stammbaum ihres
Geschlechtes in Glaswappen gesammelt; alle
diese Tafeln wurden 1749 in die Kirche nach
Hindelbank verbracht, wo sie die unteren
Felder der Fenster zieren. Andere Beispiele
aus Bernischen Kirchen im Museum zu Bern.
Neben dieser lediglich kirchlichen Ver-
wendung wurde die christliche Richtung
durch einen weiteren Förderungsgrund unter-
stützt, nämlich durch den Umstand, dafs die
Klöster und kirchlichen Stiftungen, deren
Kreuzgänge, Refektorien und Kapitelsäle den
gläsernen Fensterschmuck erhielten, reichlich
bedacht wurden, dafs umgekehrt Aebte, Aeb-
tissinnen, Prälaten und Stiftsherrn mitsammt
der übrigen Geistlichkeit in gleicher Weise
als Geschenkgeber auftraten. Die bekannten
Reihen von Schweizerscheiben aus den Klöstern
Wettingen, Muri, Daenikon und Rathhausen,
welche die Stürme der Zeit überdauert haben,
sind in der That wahre Perlen schweizerischer
Feinmalerei, zugleich echt christlicher Kunst-
fertigkeit. Biblische Bilder zeigen Handrisse
eines Holbein, Lindmayer und Tobias Stimmer,
von denen mehrere im Museum zu Basel.
Wenn keine Namen geistlicher Maler bekannt
geworden sind, so liegt darin keineswegs irgend
ein Beweis für die Annahme, dafs gerade die
Schweizer Glasmalerkunst ausschliefslich bürger-
licher Beruf geworden sei. Sie unterscheidet
sich hierin nicht im mindesten von der deut-
schen Glasmalerei überhaupt, die längst in
Laienhände übergegangen war und nur ver-
einzelt in Klöstern Pflege fand. Die wenigen
Klosterbrüder folgten eben der Ueberlieferung
wenn sie, auf irdischen Nachruhm verzichtend,
den Scheiben keinen Namenszug aufmalten.
Ein genaues Verzeichnifs von 1487, durch
Wurstisen abgeschrieben, berichtet über die Glas-
gemälde in den Kreuzgängen der Karthause
St. Margarethenthal, welche meist im 4. Jahrzehnt
des XV. Jahrh. innerhalb des Klosters
angefertigt worden sind, während das Buch der
Wohlthäter, über benefactorum, die Stiftungen
aus dem Beginn des XVI. Jahrh. aufzählt, welche
für alle möglichen Gebäulichkeiten und Räume
des Hauses gemacht wurden, ins grofse Haus,
ins Langhaus, in Zellen, ins Scheerhaus, in die
Sakristei und ins Pförtnerhaus. Vergl. Dr.
Wackernagel „Die Glasgemälde der Basler
Karthause". »A. f. schw. A.« (1890) S. 369 bis
381, (1891) S. 432.
War schon durch die bisher erwähnten
Umstände ein christlicher Zug in der Schweizer
Glasmalerei und zwar in hervorragendem Mafse
von vornherein hinlänglich verbürgt, so wies
überdies der fromme Sinn des Bürgerthums
den nämlichen Weg. Wo Stände und Städte
ihre Ehrenschilde schenkten, wo Zünfte und
Einzelpersonen als Stifter auftraten, da fanden
sich mehrfach christliche Anklänge, sei es in
Schildhaltern und Zwickelbildern der Wappen
oder in den Einfassungen der Rundscheiben.
Und welch' unendliche Fülle glaubensstarken
Fiihlens entwickelt sich in den herrlichen Bild-
scheiben! Wie sinnig weifs man alt- und neu-
testamentliche Vorgänge zu erzählen, ja man
sucht dieselben gar in vorbildliche Beziehung
zur vaterländischen Geschichte zu bringen, z. B.
an den späteren Wettinger Standesscheiben.
1899.
ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 10.
31U
Malerei Platz gegriffen, so dafs ein französischer
Bischof es sogar für nothwendig erachtete, auf
der Provinzialsynode zu Treguier 1455 förmlich
Verwahrung einzulegen, damit nicht etwa aus
den Wappen ein Eigenthumsrecht der Stifter
an den betreffenden Fenstern hergeleitet werde.
Nur beiläufig sei an den Wappenreichthum
erinnert, welcher sich z. B. in den Fenstern
von St. Lorenz und St. Sebald zu Nürnberg,
im Dom zu Köln, in Ehrenstein, Düren, Hoog-
straeten, St. Jacques zu Lüttich dem Auge auf-
drängt. Von der Kirche aus mögen derartige
Tafeln mit Wappen- und Bilddarstellungen ihren
Weg zunächst in die Hauskapellen und dann
nach dem Vorgange der Klöster in die Wohn-
räume gefunden haben. So erwähnt Schnütgen
in seiner Zeitschrift (III. S. 21) zwei aus dem
Soester Hospital stammende Fensterflügel des
14. Jahrh., welche 1879 auf der Ausstellung
westfälischer Alterthümer und Kunsterzeugnisse
in Münster zu sehen waren. Ferner erfahren
wir, dafs im Albrechtskloster zu Breslau, wo
die Brüder in Wand- und Glasmalerei ar-
beiteten, im Jahre 1489 der Magister Jacobus
pro clenodiis vitreis, — wohl Wappen- und
Bildeinlagen —, ad fenestras ambitus Zahlung
erhielt. Bei der Gleichartigkeit in Anordnung
und Durchführung hätte man getrost manche
Schenkgeber- oder Wappentafel aus Kirchen-
fenstern z. B. aus St. Magdalena in Strafs-
burg als Einlage in ein Stubenfenster ver-
setzen dürfen, während umgekehrt Schweizer
Wappen- oder Figurenscheiben dafür hätten
eingetauscht werden können. Letzteres ist that-
sächlich vorgekommen; die Herrn von Erlach
zu Bern hatten auf ihrem Hofe an der Junkern-
gasse einen vollständigen Stammbaum ihres
Geschlechtes in Glaswappen gesammelt; alle
diese Tafeln wurden 1749 in die Kirche nach
Hindelbank verbracht, wo sie die unteren
Felder der Fenster zieren. Andere Beispiele
aus Bernischen Kirchen im Museum zu Bern.
Neben dieser lediglich kirchlichen Ver-
wendung wurde die christliche Richtung
durch einen weiteren Förderungsgrund unter-
stützt, nämlich durch den Umstand, dafs die
Klöster und kirchlichen Stiftungen, deren
Kreuzgänge, Refektorien und Kapitelsäle den
gläsernen Fensterschmuck erhielten, reichlich
bedacht wurden, dafs umgekehrt Aebte, Aeb-
tissinnen, Prälaten und Stiftsherrn mitsammt
der übrigen Geistlichkeit in gleicher Weise
als Geschenkgeber auftraten. Die bekannten
Reihen von Schweizerscheiben aus den Klöstern
Wettingen, Muri, Daenikon und Rathhausen,
welche die Stürme der Zeit überdauert haben,
sind in der That wahre Perlen schweizerischer
Feinmalerei, zugleich echt christlicher Kunst-
fertigkeit. Biblische Bilder zeigen Handrisse
eines Holbein, Lindmayer und Tobias Stimmer,
von denen mehrere im Museum zu Basel.
Wenn keine Namen geistlicher Maler bekannt
geworden sind, so liegt darin keineswegs irgend
ein Beweis für die Annahme, dafs gerade die
Schweizer Glasmalerkunst ausschliefslich bürger-
licher Beruf geworden sei. Sie unterscheidet
sich hierin nicht im mindesten von der deut-
schen Glasmalerei überhaupt, die längst in
Laienhände übergegangen war und nur ver-
einzelt in Klöstern Pflege fand. Die wenigen
Klosterbrüder folgten eben der Ueberlieferung
wenn sie, auf irdischen Nachruhm verzichtend,
den Scheiben keinen Namenszug aufmalten.
Ein genaues Verzeichnifs von 1487, durch
Wurstisen abgeschrieben, berichtet über die Glas-
gemälde in den Kreuzgängen der Karthause
St. Margarethenthal, welche meist im 4. Jahrzehnt
des XV. Jahrh. innerhalb des Klosters
angefertigt worden sind, während das Buch der
Wohlthäter, über benefactorum, die Stiftungen
aus dem Beginn des XVI. Jahrh. aufzählt, welche
für alle möglichen Gebäulichkeiten und Räume
des Hauses gemacht wurden, ins grofse Haus,
ins Langhaus, in Zellen, ins Scheerhaus, in die
Sakristei und ins Pförtnerhaus. Vergl. Dr.
Wackernagel „Die Glasgemälde der Basler
Karthause". »A. f. schw. A.« (1890) S. 369 bis
381, (1891) S. 432.
War schon durch die bisher erwähnten
Umstände ein christlicher Zug in der Schweizer
Glasmalerei und zwar in hervorragendem Mafse
von vornherein hinlänglich verbürgt, so wies
überdies der fromme Sinn des Bürgerthums
den nämlichen Weg. Wo Stände und Städte
ihre Ehrenschilde schenkten, wo Zünfte und
Einzelpersonen als Stifter auftraten, da fanden
sich mehrfach christliche Anklänge, sei es in
Schildhaltern und Zwickelbildern der Wappen
oder in den Einfassungen der Rundscheiben.
Und welch' unendliche Fülle glaubensstarken
Fiihlens entwickelt sich in den herrlichen Bild-
scheiben! Wie sinnig weifs man alt- und neu-
testamentliche Vorgänge zu erzählen, ja man
sucht dieselben gar in vorbildliche Beziehung
zur vaterländischen Geschichte zu bringen, z. B.
an den späteren Wettinger Standesscheiben.