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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 8.1910

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Heft 1
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Bernoulli, Rudolf: Kunstausstellungen: Werkstätten für Friedhofskunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.3548#0076

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FRITZ KRÄUN1G, GRABSTEIN

WERKSTATTEN PUR KRIEDHOl'SICUNST, BERLIN

FRITZ LAHRS, GRABSTEIN

WERKSTÄTTEN PÜM FKIEDHOKSKUNST, «ERLIN

KUNSTAUSSTELLUNGEN

WERKSTÄTTEN FÜR FRIEDHOFSKUNST

VON

R. BERNOULLI

er städtische Friedhof war bis vor kurzem die
S" unangefochtene Domäne des fabrikations-

vveise betriebenen Handwerks; das will sagen,
, der Friedhofsvorstand liess durch einen

Geometer das Gelände parzellieren, und die
zahlreichen Grabsteinlager sandten nach Bedarf ihre
Ware. In endlosen Reihen stand Stein an Stein,
Kreuz an Kreuz; endlich kam der Gärtner und pflanzte
Blumen und Sträucher, viele und bunte, denn er wurde
dafür bezahlt. Und dann wunderten sich feinfühlige
Menschen, dass unsere Friedhöfe so hässlich, so unsag-
bar banal und aufdringlich wären. Aber — hätte es denn
anders sein können? \

Endlich kam die Zeit* unsere Zeit, die wieder
begreift, dass die brutale Zweckerfüllung allein keine

Befriedigung gewähren kann; dass auch die Form, in
der etwas geschieht, ein Recht auf Schönheit, auf
künstlerische Durchbildung hat. Der Friedhof sollte
nicht nur ein Ort sein, wo man die Toten verscharrt,
er sollte wieder ein stimmungsvoller Garten werden,
wo Friede und liebendes Gedenken den Ton angeben,
wo man sich wohl fühlt und wo auch das Auge Genuss
findet. Man sehnte sich nach den alten Friedhöfen zu-
rück, jenen traulichen, wohl angelegten Kirchhöfen mit
ihren schlichten Leichensteinen und ihrem ruhigen,
dunkeln Efeuschmuck. Freilich, viel war nicht mehr
übrig davon; der Boden war ja so teuer, und so hatte
man lieber den alten „nutzlosen" Friedhof geopfert,
als anderswo Land zu kaufen, wenn es sich darum han-
delte, ein neues Schulhaus oder eine Badeanstalt zu bauen.

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