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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 8.1910

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Heft 10
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Chronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.3548#0530

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CHRONIK

ermann Uhde-Bernays schreibt
uns: Im Dezemberheft dieser
Zeitschrift hat Erich Hancke
die Lithographien, die Eugene
Delacroix zu der Stapferschen
Übersetzung des Faust ge-
schaffen hat und die Goethes
besonderes Interesse erregten,
in einem mit Bilderbeispielen
versehenen Aufsatz besprochen. Der Literarhistoriker,
der mit Aufmerksamkeit bis zu S. 140 vorgedrungen
ist, wird auf dieser Seite mit Erstaunen aufblicken,
wenn er zum Nachweis für die Bekanntschaft Goethes
mit jenen Lithographien nicht mehr erfährt als die
Wiederholung einer Stelle aus Eckermanns Gesprächen;
und es scheint gar aus Hanckes Worten: „Ein Freund
hatte ihm (Goethe) zwei der besten (Illustrationen)
aus Paris mitgebracht" die Meinung zu sprechen, als
ob Goethe nur diese beiden Blätter gekannt hätte.
Goethe hat aber mit grosser Begeisterung das gesamte
Werk aufgenommen und es in einer seiner innerlichsten
Kritiken besprochen, deren Gehalt unendlich hoch über
jenen Äusserungen zu Eckermann steht. Diese Be-
sprechung „Faust, tragedie de Mr. de Goethe, traduite
en francais par Mr. Stapfer, ornee de XVII dessins par

Mr. Delacroix" findet sich nun allerdings nicht unter
den Schriften und Aufsätzen zur Kunst, sondern sie ist
aufgenommen unter die Rezensionen und Aufsätze zur
auswärtigen Literatur (Nr. 184). Sie erschien zuerst
im 2. Heft des 6. Bandes (Jahrg. :8i8, S. 387 ff.) von
Kunst und Altertum, begleitet von „Äusserungen eines
Kunstfreundes" ebenfalls über die Delacroixschen Zeich-
nungen. Das für den gegebenen Fall Wichtige ist, dass
am Schlüsse des kleinen Artikels, den nachzulesen man
nicht versäumen möge, Goethe ausdrücklich auf die
Merkwürdigkeit hinweist, dass das Natürliche, was dem
Text durch die Übersetzung genommen wurde, erst
durch den Künstler diesem wiedergegeben sei: „Dabei
ist Eins besonders merkwürdig, dass ein bildender
Künstlersich mit dieser Produktion in ihrem ersten
Sinne dergestalt befreundet, dass er alles ursprünglich
Düstere in ihr ebenso aufgefasst und einen unruhig
strebenden Helden mit gleicher Unruhe des Griffels be-
gleitet hat. Herr Delacroix . . . scheint hier in einem
wunderlichen Erzeugnis zwischen Himmel und Erde,
Möglichem und Unmöglichem, Rohestem und Zartestem
und zwischen welchen Gegensätzen noch weiterPhantasie
ihr verwegenes Spiel treiben mag, sich heimatlich gefühlt
und wie in dem Seinigen ergangen zu haben. Dadurch
wird jener Prachtglanz wieder gedampft, der Geist von

fit
 
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