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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 8.1910

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Heft 2
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Chronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.3548#0129

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CHRONIK

Berlin ist inzwischen wieder um manches Werk
des die Stadt regierenden akademisch verklärten
Pfuschertums reicher geworden. Eines der letzten
ist das Rosarium im Tiergarten, ein aus dem Geist
der Siegesallee geborenes Gebilde dilettantischen Re-
präsentationsspiels. Eine künstlich geschaffene Lich-
tung im Tiergarten, ungefähr 2.00 m tief und 100 m
breit, die sich anspruchsvoll auf die Charlottenburger
Chaussee öffnet, doch aber nicht konsequent im rechten
Winkel zu ihr angelegt und durch hässliches Busch-
werk wieder von ihr abgetrennt worden ist. Den Platz
umzäunt ein Drahtnetz, wie es zur Absperrung von
Bauplätzen wohl verwandt wird. Zum Schutz gegen
Blumendiebe. An den Ecken nur sind kleine Ein-
gänge angebracht, wo dieser Garten doch ein Teil des
Tiergartens sein müsste, in den die Parkwege frei
hineinführen. Im Hintergrund wird das Rosarium durch
eine hässliche, kunststeinerne Pergola abgeschlossen,
deren Grösse, ja, deren Dasein ganz unmotiviert sind. In
der Mitte des Platzes aber steht ein winzig wirkendes,
unbeschreiblich porzellanernes Marmorstandbild der
Kaiserin von Karl Begas. Der Garten selbst ist ein Produkt

ideenlosester Landschaftsgärtnerei. Unplastisch flach,
sonnig, langweilig und doch unruhig liegt die Fläche
da, von den Wegen, Beeten und Wasserbecken nirgend
deutlich gegliedert. Planlos, ohne architektonisch de-
korative Wirkungen zu versuchen, hat der Gärtner die
Beete mit Rosen bepflanzt und die Blumengebüsche an-
gelegt. Es giebt nicht Vorder- und Hintergrund, nicht
Kontraste und nicht Einheitlichkeit; man empfängt nicht
den Eindruck des Repräsentativen und spürt nicht
monumentale Wirkungen trotz der dahin zielenden
Absichten. Dieses Rosarium ist ein Produkt derselben
Bauunternehmerphantasie, die weiterhin die Charlotten-
burger Prunkbrücke erbaut hat, und die nun mit der
Absicht umgeht, dem Mitteltrakt des Bibliothekgebäudes
Unter den Linden eine ungeheure Kuppel aufzustülpen.
Und die längst noch nicht am Ende ihrer kläglichen
Thaten angelangt ist.

Eben jetzt ist sie auch im engen Garten der Berliner
Universität thätig. Dort ist Vorjahren schon, just vor
dem Eingang, genau in der Mittelachse ein schlechtes
Denkmal für Helmholtz errichtet worden. Jetzt werden
auch für Treitschke und Mommsen anspruchsvolle

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