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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 8.1910

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Heft 11
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Kunstausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.3548#0582

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UNSTAUSSTELLUNGEN

PARIS

Wenn der Salon der Indcpendants
geschlossen wird, bringen die jungen
Maler ihre Bilder zu Druet, Sagor,
Kahnweiler u. s. w. die Separatausstellungen zu-
sammenstellen. In der Intimität dieser kleinen Salons
gewinnt man einen vollkommeneren Überblick über
die Gruppen der jüngsten Hoffnungen als im Lager der
Indcpendants. Die blöde Anhäufung mehrerer tausend
Bilder lasse es nicht zu, dem Einzelnen gerecht zu werden,
zumal wenn jeder Einzelne nur Stichproben giebt, die
durch die Nachbarn zur Linken und Rechten be-
drückt werden. Die jüngste Generation sieht in dem Im-
pressionismus nur ein schönes Abenteuer des franzö-
sischen Geistes; sie verurteilt ihn, weil er angeblich
nichts als Naturnachahmung giebt, zuviel Romantik und
zu sehr beschwert ist mit Litteratur. Sie sprechen von
Anekdoten des Lichtes, von Theatralik der Farbe, die
nicht aus den Dingen heraus leuchtet, sondern den Ge-
genstünden aufgesetzt ist.
Sie sagen: „Dielmpressio-
nisten schufen zu sehr
aus dem Gefühl heraus,
schwelgten zu sehr in
Gefühlen, ihren Bildern
mangelt Logik, Mathe-
matik, Konstruktion." Sie
berufen sich auf van Gogh,
Gauguin und besonders
auf Cezanne, der als erster
die Notwendigkeit einer
Reaktion gegen den Im-
pressionismus fühlte. Die-
sen Jüngsten ist Delacroix
kein Gott mehr. „Er",
sagen sie „hat die Roman-
tik in die französische
Malerei hineingetragen,
die die Impressionisten
hundertfältig variierten.
Die reine lateinische
Malerei war mit Ingres
zu Ende. Die heutige
Jugend betet wieder zu
David, Chardin, Lorrain
und Poussin sind die
Herren. In ihnen glauben
sie das richtige Maass
zwischen Naturnachah-
mung und Abstraktion zu
erkennen. Sie verehren
das Quattrocento und Cin-

PRUNKTOPF AUS EINER ITALIENISCHEN APOTHEKE.
JAHRHUNDERT

quecento, weil sie in den Bildern dieser Zeit mathe-
matische Konstruktion, logische Verteilung der Massen
von Flächen und Farben erkennen.

Diese Andeutungen mögen genügen um zu zeigen,
wie heftig und energisch sich die heutige Generation
vom Impressionismus abkehrt, wie scharf die Wendung
ist, die die Jugend unserer Zeit wagt. Theorien aber
machen noch keine Genies. Nun muss gesagt werden,
dass die Ernstesten dieser Gruppe ihre gegenwärtigen
Leistungen selbst nur als Versuche bezeichnen, als un-
zulängliche Etappen ihrer Entwicklung. „Wir können
nicht in fünf Jahren wiedererwerben, was uns seit fünfzig
Jahren verloren gegangen ist", sagen sie, „die Grundbe-
griffe deiLogik, die für eine Abstraktion notwendigsind,
sind uns verloren gegangen." Wenn mannachdiesenWor-
ten die Bilder von Girieud,Braque,Derain,LeFauconnier,
Renault, Friesz betrachtet, wird man sich vielleicht nicht
empörend abwenden, sondern ihre exagerierten Defor-
mationen als die Versuche starker Willensäusserungen er-
kennen, die mit aller Kraft zu einem neuen Stilstreben.—

Unvollständig und zu-
fällig zusammengewürfelt
war eine Ausstellung von
Meisterwerken des neun-
zehnten Jahrhunderts, die
die Marquise von Ganay
gegenwärtig bei Gorges
Petit arrangiert hat.
Dennoch sieht man dort
herrliche Bilder von Co-
rot, Dupre, Ingres, Cour-
bet, Daumier, Delacroix,
Jongkind, Troyon, Ma-
net u. s. w. in buntem
Durcheinander aus den
Privatsammlungen von
Gallenthien, Blumenthal,
Esnault-Pelteric, Vignier,
Rouart u. a. Viele Bil-
der sind schon bekannt,
andere zum ersten Male
ausgestellt. David, Geri-
cault, Gros fehlen ganz,
Rousseau, Maner, Ingres
undjongkind sind unzurei-
chend vertreten.— Vollard
zeigte zwei Dutzend der
schönsten Gauguins. — Der
Sammler Schuffenecker
und ein dänischer Kunst-
maler haben je einBildGau-
guins demLuxembourgge-
schenkt. Otto Grautoff.

ACHTZEHNTES

57°
 
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