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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 8.1910

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Heft 11
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Widmer, Johannes: Alte Apothekertöpfe
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https://doi.org/10.11588/diglit.3548#0581

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WASSERBEHÄLTER AUS ITALIENISCHEN APOTHEKEN. MAJOLIKA. 15S0—IÖOO

ALTE APOTHEKERTOPFE

VON

JOHANNES WIDMER

er Apotheker Burkhard Reber in Genf,
den sein Beruf in seltenem Masse wis-
senschaftlich und geschichtlich inter-
essiert, hat in vierzigjähriger Sammel-
thätigkeit, unter vielem Andern, eine
Auswahl von pharmazeutischen Vasen erworben und
gerettet, deren künstlerischer Wert hier zur Geltung
kommen mag. Da sind altspanische Fayencen, von
denen eine in die maurische Zeit zurückreicht; das
Email daran ist goldglä'nzend, die Malerei vergoldet.
Im Figürlichen wie Ornamentalen weichen diese Töpfe
weit von den italischen ab. Zunächst folgen die aus
den Jahren lyyo—1580 datierten, zum guten Teil aus
den grossen Werkstätten von Castel Durante, Urbino
und Siena, sowie den aus Sizilien stammenden, ein-
wärtsgekrümmten, mit der über die ganze Oberfläche
dicht verteilten Ziermalerei. Sodann die gewichtigen
kugeligen Gefässe in süditalischer und sizilianischer
Majolika aus dem Cinquecento, wo die Bildnisse auf
den Töpfen, damaliger Berufssitte gemäss, die Namen
der Droguen vertraten. Die Farben sind zumeist im
Grunde wuchtig, aber obenhin in glücklicherweise etwas
vertrieben, so dass ein kühner verwehender Gesamtton

zustande kommt. Einige Bildnisse sind bedeutende
Kunstwerke für sich. — Ein merkwürdig archaisch an-
mutendes Stück ist eine aus einem Baumstamm gedrehte
Theriaktonne, deren Höhlung mit Eisenblech beschlagen
ist. Das kräftig bemalte Gefäss stammt aus dem sechzehn-
ten oder siebzehnten Jahrhundert. — Von den späteren
Erzeugnissen und Fabriken ist Rouen mit den grossen,
etwa 70 cm hohen, sehr sorgsam gearbeiteten Schau-
stücken vertreten, die an Schlangenhenkeln tragbar sind.

Merkwürdig sind aus Savona stammende, krugartige
Töpfe. Ihre Sammlung nimmt sich, mit dem in hellen
und dunklen Teilen angeordneten Gezweig, ganz japa-
nisch aus. Ihre Form indessen fügt sich der italienischen
Tradition vorzüglich ein. Um 1700 scheinen sie ent-
standen zu sein, vielleicht auch später.

So umfasst denn diese Seite des Privatmuseums Re-
ber überhaupt mehrere hundert allermeist vorzüglich
erhaltener und dokumentierter Nummern, die in ihren
mannigfachen, einfach gediegenen Formen, Glasuren
und Bemalungen einen ungemein vornehmen, anregen-
den Eindruck ausüben. Ihr Zweck, zugleich zu nützen
und zu schmücken, hat sie vor Extravaganzen beschützt.
Manche Werke sind eigentliche Unika.

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