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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 8.1910

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Heft 9
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Scheffler, Karl: Berliner Sezession
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https://doi.org/10.11588/diglit.3548#0447

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BERLINER SEZESSION

VON

KARL SCHEFFLER

iie zwanzigste Ausstellung der
Berliner Sezession mag so etwa
ihr Gepräge erhalten haben:
Die alten Mitglieder, die
den Kern der Vereinigung
bilden, sind durch die Ge-
schehnisse dieses Winters ver-
stimmt und haben sich darum
nur mit halbem Interesse beteiligt. Es ist zwar streng
juriert worden, aber ohne einmütige Gesinnung;
es ist von Allem etwas da, weil vielen Anschauungen
Rechnung getragen werden sollte und so sind, trotz
der Strenge, noch ein halbes Hundert Bilder zuviel
in die Ausstellung gelangt. Als es galt Ehrengäste
zu repräsentantiver Beteiligung einzuladen, sind der
zu Kühnheiten dieses Mal nicht aufgelegten Leitung
nur Namen wie Habermann, Zorn und Trübner
eingefallen. Die alten Mitglieder haben ihre Bilder
dann gehängt, ohne sich gross um weiteres zu
kümmern; es ist den Jungen das Arrangement des
Hauptsaals überlassen worden, und mit heimlicher

Schadenfreude mögen die Erfahrenen nun kon-
statieren, dass dieser Raum noch niemals so ein-
druckslos, so ohne repräsentative Haltung gewesen
ist, wie in diesem Jahre. Zuguterletzt mögen
Liebermann doch Bedenken gekommen sein.
Schleunigst hat er nach Mannheim geschrieben, um
das kürzlich dort angekaufte Bild Manets „Die
Erschiessung Kaiser Maximilians von Mexiko" als
Leihgabe zu erbitten und der Sezession damit einen
Höhepunkt zu sichern. So kommt es, dass dieses
Bild die diesjährige Ausstellung beherrscht. Eine Aus-
stellung, in der viele gute oder interessante Werke
sind, die als Ganzes aber ohne rechten Charakter,
ohne feinere Ordnung ist und an die wohl kein Mit-
glied der Berliner Sezession eine ungetrübteFreudehat.
Es ist aber nicht Ursache dieses Resultat tragisch
zu nehmen. Innere Uneinigkeiten werden wahr-
scheinlich öfter noch in matten Ausstellungen zu-
tage treten; denn solche Divergenzen können unmög-
lich von heut auf morgen überwunden werden. Sie
beruhen nicht so sehr auf Personalfragen als auf

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