DOI Heft:
Heft 1
DOI Artikel:Mackowsky, Hans: Das Feilner-Haus: zur Erinnerung an Schinkel und das Kunstleben im vormärzlichen Berlin
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.3548#0013
DAS FEILNER-HAUS
ZUR ERINNERUNG AN SCHINKEL UND DAS KUNSTLEBEN
IM VORMÄRZLICHEN BERLIN
VON
HANS MACKOWSKY
o paradox es klingt: wer einen ge-
nauen Einblick in das alte Berlin
haben will, thut gut, seine Studien
in Potsdam zu beginnen. Dort
findet er noch Alles beisammen,
______J Was den Reiz der von der Gross-
iudTiählich verschlungenen kgl. preußischen
Residenz dereinst ausgemacht hat. Vor allem ist
Potsdam der Kommentar für das längst verschol-
lene bürgerliche Dasein der älteren Berliner Gene-
rationen. Was man in Berlin nur bei grosser Orts-
kenntnis und fleissigstem Suchen als eine will-
kommene Rarität aufspürt, trifft man in Potsdam
noch als tonangebenden Typus. Das Potsdamer
Strassenbild vergegenwärtigt durchaus den bau-
lichen Aspekt von Alt-Berlin, wie er sich unter den
preussischen Königen bis zu Friedrich Wilhelm IV.
herausgebildet hat. Und die bestimmende Note
darin ist das bürgerliche Wohnhaus. Da stehen sie
noch Strassen weise, in langer Reihe die Soldaten-
und Manufakturistenhäuser Friedrich Wilhelms L,
ich meine nicht die krebsrot holländischen, mit
den weissen Fenstern und gemütlichen Giebeln,
die eine besondere Potsdamer Spielart sind, sondern
die grauen, nüchternen, mit fünf Fenstern Front
und der vorspringenden Dachkammer, deren ein-
ziger Schmuck ihre Reinlichkeit ist. Sie werden
abgelöst von den prunkvollen, italienischen Palast-
fassaden mit durchgehenden Pilastern und statuen-
geschmückter Attika, die Friedrich II. in unechtem
Material oft wortgetreu nach Palladio kopieren
Hess und die nicht selten mehrere Wohnstätten zu
einer scheinbaren Einheit zusammenzogen. Ihnen
folgt, wovon denn auch in Berlin die Beispiele
3
ZUR ERINNERUNG AN SCHINKEL UND DAS KUNSTLEBEN
IM VORMÄRZLICHEN BERLIN
VON
HANS MACKOWSKY
o paradox es klingt: wer einen ge-
nauen Einblick in das alte Berlin
haben will, thut gut, seine Studien
in Potsdam zu beginnen. Dort
findet er noch Alles beisammen,
______J Was den Reiz der von der Gross-
iudTiählich verschlungenen kgl. preußischen
Residenz dereinst ausgemacht hat. Vor allem ist
Potsdam der Kommentar für das längst verschol-
lene bürgerliche Dasein der älteren Berliner Gene-
rationen. Was man in Berlin nur bei grosser Orts-
kenntnis und fleissigstem Suchen als eine will-
kommene Rarität aufspürt, trifft man in Potsdam
noch als tonangebenden Typus. Das Potsdamer
Strassenbild vergegenwärtigt durchaus den bau-
lichen Aspekt von Alt-Berlin, wie er sich unter den
preussischen Königen bis zu Friedrich Wilhelm IV.
herausgebildet hat. Und die bestimmende Note
darin ist das bürgerliche Wohnhaus. Da stehen sie
noch Strassen weise, in langer Reihe die Soldaten-
und Manufakturistenhäuser Friedrich Wilhelms L,
ich meine nicht die krebsrot holländischen, mit
den weissen Fenstern und gemütlichen Giebeln,
die eine besondere Potsdamer Spielart sind, sondern
die grauen, nüchternen, mit fünf Fenstern Front
und der vorspringenden Dachkammer, deren ein-
ziger Schmuck ihre Reinlichkeit ist. Sie werden
abgelöst von den prunkvollen, italienischen Palast-
fassaden mit durchgehenden Pilastern und statuen-
geschmückter Attika, die Friedrich II. in unechtem
Material oft wortgetreu nach Palladio kopieren
Hess und die nicht selten mehrere Wohnstätten zu
einer scheinbaren Einheit zusammenzogen. Ihnen
folgt, wovon denn auch in Berlin die Beispiele
3