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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 8.1910

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Heft 3
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Widmer, Johannes: Die neuere Malerei in der Schweiz
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https://doi.org/10.11588/diglit.3548#0154

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DIE NEUERE MALEREI
IN DER SCHWEIZ

VON

JOHANNES WIDMER

|s will etwas heissen, wenn ein Volk wie
Idas der Schweiz in kurzem Abstand und
mit innerem Zusammenhang der Welt zwei
grosse Meister schenken kann. Aber das Ereignis
lst noch bedeutender, wenn nicht nur zwischen
den beiden Grossen ein Entwicklungsband besteht,
sondern wenn sie sich genauerer Betrachtung
auch als die reifen Früchte einer allgemeinen Kultur
erweisen. Böcklin und Hodler stehen so neben-
einander; und zwischen ihnen wirken andere Künst-
ler, die wiederum starken Volkstrieben Ausdruck
schaffen und zugleich hohen Eigenwert besitzen.
Adolf Stäbli und Cuno Amiet treten zeitlich so an
zweiter Stelle hervor.

Wem es gelingt, die Gesamtheit des Schaffens
von Böcklin und Hodler, aber auch von Stäbli und
Amiet als ein Ganzes zu sehen, und wem es oben-

drein erlaubt ist, sich eine geschlossene Reihe alter
Schweizerstädte daneben vorzustellen, der wird
eine merkwürdige Übereinstimmung wahrnehmen.
Von Stein am Rhein und Schaffhausen bis nach
Freiburg und Genf gibt es der Orte noch genug,
die mit straffen Gassen wehrhaft alter Bürgerhäuser,
mit Fresken und Brunnensäulen gerade so aussehn,
als könnten Hodler und Böcklin ihre strebenden
Fassaden und behaglichen Lauben, Amiet und Stäbli
ihre ernsten Zunftstuben und leuchtenden Glasge-
mälde ausstaffieren. Freilich sind es alte Städte; aber
schlingt sich nicht ein frischer Kranz fester, rot-
bedachter Quartiere rings um sie herum, die mit
Freiheit die alte Form erneuern? Die Schaffenskraft
lebt auf und weist vom heroischen Schweizerbund
der Glanzzeit zur tatenmuntern Gegenwart herüber.

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