Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 8.1910

DOI Heft:
Heft 3
DOI Artikel:
Glaser, Curt: Die Neuerwerbungen des Königl. Kupferstichkabinetts zu Berlin
DOI Artikel:
Kunstausstellungen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3548#0188

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Gehäus und der Melancholie, dem Todesjahre der
Mutter, haben. In der Gesamthaltung am nächsten
steht dem Blatte die Maria der mit der kalten Nadel
gearbeiteten Gruppe (B. 43), das Kind kehrt mit geringen
Abweichungen der Haltung auf dem 1514 datierten
Kupferstich der Maria an der Mauer (B. 40) wieder.
Dürer ist jetzt im vollen Besitz seiner Mittel. Die
freien, überall durchsichtigen Schattenlagen unserer
Zeichnung sind ebenso meisterlich sicher wie die subtile
Arbeit des in der Stoffbezeichnung unübertroffenen
gleichzeitigen Kupferstichs. Das Blatt, das zeitlich an
seiner Stelle eingeordnet, in der Dürerausstellung des
Kabinets zum erstenmal öffentlich gezeigt wird, be-
deutet eine sehr schätzenswerte Bereicherung der
Berliner Dürersammlung. Eine andere Art von Zeich-
nung, nicht die rasche Studie, sondern die sorgfältig
durchgearbeitete Komposition, für die unmittelbare
Übertragung auf die Kupferplatte berechnet, stellt die
grosse Federzeichnung mit dem Alchymisten von dem
älteren Pieter Breughel dar, von dem zu gleicher Zeit
eine kleinere, an unmittelbarer Frische noch überlegene
Landschaftszeichnung erworben werden konnte. Eine
getuschte Kreidezeichnung des Cornelis Safr-Leven sei
nur genannt, um zum Schluss noch die zwei Zeich-
nungen Gainsboroughs gebührend hervorzuheben, die
den berühmten Porträtmaler vielleicht von seiner sym-
pathischsten Seite zeigen. Es sind Naturstudien, noch
im Sinne des achtzehnten Jahrhunderts, konventionell
in der Anordnung, aber doch so unmittelbar und leben-
dig in der raschen Niederschrift, die nur das Wesent-
liche des Eindrucks fasst und in wenigen raschen Zügen
wiedergiebt, dass zumindest in diesen flüchtigen Skizzen
Gainsborough, der als Bildnismaler zu den letzten
Meistern der alten Tradition zählt, neben seinem grossen
Landsmann Constable und am Eingang der neuen Zeit
genannt zu werden verdient.

So umfassen in ihrer Vielseitigkeit die neuen Er-
werbungen fast alle Sammelgebiete des Kabinets und
veranschaulichen aufs beste den stetigen Ausbau der
graphischen Sammlung der Berliner Museen.

DIE HANS VON MAREES-AUSSTELLUNG
IN PARIS

Der erste Versuch, den Franzosen einen Überblick
über das Lebenswerk eines deutschen Meisters zu geben,
ist gelungen. Hans von Marees ist in Paris mit Achtung
empfangen, mit Ehrerbietung gewürdigt worden. Das
antike Element in den Malereien von Marees erschien
einigen französischen Künstlern verwandt mit Poussin.
Sie stellten Marees in Parallele mit Chasseriau ver-
glichen ihn mit Prudhon. Andere zitierten Moreau.
Dass der Enthusiasmus, zu dem uns Marees stimmt, die
Franzosen nicht ergriff, erklärt sich aus den Rassen-
unterschieden; aber Ehrerbietung und eine warme Wür-

GERTK.UD VON KUNOWSKI, AKT, TEMPERA

digung des Meisters sprechen aus allen ernsten Betrach-
tungen seines Lebenswerkes. In der revue bleue schrieb
Jean Chantarrine: „Le spectacle, livre par son oeuvre in-
acheve, de cette double nature, de ce genie et de cette
infirmite est un des plus dramatiques, que je sache dans
le domaine d'art;" Jacques Capeaux in der nouvelle
revue frangaise: ,, . . . on entre dans l'exposition de
Hans von Marees, certes une atmosphere de gravite, de
noblesse, vous enveloppe aussitöt. Une emotion precede
et suspend notre approbation. Qu'un grand esprit se
soit efforce lii vers des buts difficiles, voici, qui n'est
point douteux;" Charles Morice im Mercure de France:
„Peinture difficile, mecontente, douloureuse: eile dut
coüter d'hero'iques efforts, et Eon sent qu'ils resterent
insatisfaits. Ils eussent ä coup sür, et c'est ici une
grande louange, mene ä la renommee et ä la fortune
un artiste moins pur et d'ambition moins haute." In
der revue de lart ancien et moderne hat Professor Louis
Reau in Nancy, in der Gazette des Beaux Arts Julius
Meier-Graefe einen reich illustrierten Aufsatz und in
der grande revue der Unterzeichnete einen längeren

177
 
Annotationen