Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 8.1910

DOI Heft:
Heft 8
DOI Artikel:
Kunstausstellungen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3548#0431

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
■UNSTAUSSTELLUNGEN

BERLIN.
Peter Behrens hat mit dem Bau
einer Turbinenfabrik für die A. E. G.
in glänzender Weise die Erwartungen
erfüllt, die bei seiner Berufung als
Architekt dieser grossen Firma aus-
gesprochen worden sind. Er hat in einem Augen-
blick, wo schon die Befürchtung laut wurde, er gäbe
sich schinkelnd gar zu pietätvoll der Tradition hin,
bewiesen, dass mehr als jemals in ihm etwas Ursprüng-
liches und Elementarisches zur Gestaltung drängt. In
dem Bau dieser Turbinenfabrik tritt der Geist reifer
Modernität so siegreich hervor, dass der Anblick des
Gebäudes im Kontrast mit dem Grossstadtmilieu rings-
umher fast phantastisch wirkt. Es ist mit Nach-
druck von der über Messel hinausgehenden Kühn-
heit zu sprechen, die Behrens hier an den Tag gelegt
hat, von seiner künstlerischen Konsequenz, womit er
die Ingenieurrechnung in ein reines Kunstkalkül ver-
wandelt hat, und von seiner Sachlichkeitskultur grossen
Stils, die in diesem Fall den profanen Industriebau zu
höherer Monumentalität und Stilwürde emporgehoben
und ihn durch eine machtvolle Rhythmisierung des
Konstruktiven zu etwas Symbolischem gemacht hat.
Beton, Eisen und Glas! Das will an sich nichts sagen; denn
niemals erzeugt das Material aus sich selbst Kunst-
wirkungen. Die Kunst Behrens' aber macht es, dass man
von seiner Turbinenfabrik doch unwillkürlich von einem
endlich gefundenen Materialstil spricht. Es stellt dieses
von Licht durchflutete Gebäude, das im ganzen und im
einzelnen mit Grossheit durchgeführt ist, etwas Einzig-
geartetes dar; es spricht von einer Modernität, die
Würde hat, in der soziale Sittlichkeit ist und zu der sich
die auf ihre Fortgeschrittenheit so stolzen Grossstädter
noch nicht zu bekennen wagen. Um so mehr erhebt sich
die A. E. G. dadurch, dass sie ihren Architekten in die-
ser Weise gewähren lässt, zu der Bauherrenhöhe der
Firma Wertheim. Sie ermöglicht es ihrem Architekten
damit, den leeren Platz Messeis einzunehmen und so
auszufüllen, wie die Zeit es will. Die Stilhaltung dieses
Fabrikgebäudes beweist, dass Peter Behrens der Mann
wäre, den Berliner Künstlern ein würdiges Ausstellungs-
haus aus Beton, Eisen und Glas zu bauen, dass ihm
Riesengeschäftshäuser in künstlerischen Verhältnissen
gelingen würden, dass er Bahnhofsgebäude bauen könnte,
wie wir sie brauchen und dass er innerhalb des modern
Monumentalen die schwierige Metamorphose der Tra-
dition vorzunehmen imstande ist. — Von anderen Fabrik-
bauten, die Behrens zurzeit für die A. E. G. ausführt,
wird später zu sprechen sein. —

Im Sezessionsgebäude waren, wie alljährlich, die Unter-
richtsergebnisse der Studienateliers von Lewin-Funcke

ausgestellt. Sie waren wieder der Beachtung durchaus
wert. Brandenburg scheint sich zu einem vortrefflichen
Lehrer auszubilden, denn der objektiv gerichtete Sinn
in den Arbeiten seiner Klasse fiel wohlthuend auf. —

Aus einer sehr bunten und ungleichwertigen Aus-
stellung bei Schulte, die unter Anderem, Nachlasskollek-
tionen von Philipp Klein und Otto Reininger brachte —
zwei Talente, die beide in ihrer Art viel Fähigkeiten
hatten, ohne doch zu wahrhaft kunstmässiger Organi-
sation dieser Fähigkeiten gelangt zu sein —, sind ein paar
feine, zarte Landschaften Steinhausens zu notieren und
ein Melonenstilleben von Schuch, das mit Leibischer
Meisterschaft gemalt ist und in dem es wahrhaft vene-
tianisch glüht.

Fritz Gurlitts Kunstsalon macht mit Giovanni Giaco-
metti bekannt. Das ist eine dankenswerte That; um so
mehr, als auch Arbeiten von Cuno Amiet gezeigt werden.
Denn ist der ästhetische Genuss auch zweifelhaft, so ist der
Gewinn an kunsthistorischer und kunstpsychologischer
Einsicht doch zweifellos. Der stürmische Neoimpressio-
nismus und Stilismus der modernen Schweizer ist sehr
merkwürdig. Bei Cuno Amiet ist die Freskoanschauung
ein inneres Müssen; darum sind ihre Resultate selbst dort
noch interessant, wo sie im Format des StafFeleibildes
problematisch sind, wie in den meisten der ausgestellten
Bilder. Giovanni Giacometti aber glaubt man den krass
vereinfachenden Stil nicht. Man sieht eine italienisch be-
redte Geste und einen künstlichenFuror, hinter denen ein
ziemlich unorgineller Mensch steht, der wohl auch mit
bürgerlich akademischen Mitteln sagen könnte, was er zu
sagen hat.

Ein Radierer August Brömse aus Prag wurde uns zu
gleicher Zeit als ein vergrübelter und ideenreicher Ge-
dankenkünstler ohne viel malerische Originalität vor-
gestellt, der sich vor allem an Klinger herangebildet hat. —

Die Künstlerfarbenfabrik Günther Wagner schreibt
einen Wettbewerb für Maler aus. Die Gesamtsumme
der Preise beträgt 25000 M. Das Nähere teilt die
Fabrik mit. K. S.

KÖLN.
Das Wallraf-Richartz-Museum hat im abgelaufenen
Etatsjahre eine Reihe von bemerkenswerten Neuerwer-
bungen gemacht, unter denen die wichtigsten sind:
Emil Rudolf Weiss: Rosenstilleben; August Deusser:
Pauker und Trompeter; Wilhelm Trübner: Selbstbild-
nis als Einjähriger und Kentaurenjagd; Paul Gauguin:
Frauenkopf; Max Liebermann: Judenstrasse in Amster-
dam; Fritz von Uhde: Mädchen im Garten; Karl
Schuch: Stilleben mit Wildente und Kasserole; Vincent
van Gogh: Bildnis eines jungen Mannes.

il9
 
Annotationen