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Schönermark, Gustav [Hrsg.]
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 17): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Bitterfeld — Halle a. d. S., 1893

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https://doi.org/10.11588/diglit.25511#0020
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Kreis Bitterfcld.

Das Rathhaus, an der Ostseite des Marktplatzes gelegen, ist, wie das sichtbare
Stück des Portals, nämlich der obere Theil einer Rundbogenarchivolte mit Eier-
stab und Zahnschnitt und mit demBrehnaischen Wappen als Schlusssteine, darthub
im 16. Jahrhundert entstanden. Ein laternenartiger Dachreiter ziert den First des
Gebäudes.
Unerwähnt wollen wir auch den Meilenstein aut'dem Marktplatze nicht lassen,
der die Form dessen zu Delitzsch hat, also einen Obelisken aut einem Postamente
bildet, weicher mit zwei, die Kanten einnehmenden Wappen, einem eingemeisselten
Posthorne, der Jahreszahl der Entstehung 1730 und den Zahlen der Entfernung
zahlreicher Ortschaften versehen ist.
Bitterfeld.
Stadt von 7-8000 Einwohnern, Flauptort des Kreises, Station der Bahnen
von Leipzig-Dessau und Halle-Berlin, die sich hier kreuzen, Hegt genau unter 30^
der Breite, ihre Einwohner leben hauptsächlich von der in neuerer Zeit hier wieder
so mächtig aufgeblähten Thonwaarenfabrikation. Grosse Plätze an der Bahn sieht
mau besonders mit Canalröhren voll belegt. Dass mit der Industrie auch der
Handel im Schwünge ist, versteht sich. Demgegenüber aber werden Ackerbau
und Viehzucht, früher die hauptsächlichsten Erwerbsquellen, nicht haben Schritt
halten können.
Ueber die Geschichte Bitterfelds ist auffälligerweise sehr wenig bekannt, i) Der
Ort soll im 12. Jahrhundert von eingewanderten Niederländern gegründet sein, und in
der That spricht hierfür nicht nur der deutsche Name, welcher bis zum Ausgange
des Mittelalters (?) Betterfeld, d. i. das hochdeutsche „besseres Feld", nämlich als
das war, welches man sonst auch auf dem Flemming, z. B. bei Belzig fand, sondern
auch die Wahl einer thonreichen Gegend, wo die Niederländer, erfahren im Ziegel-
sfeinbau, ihr heimisches Backsteinmaterial zur Errichtung ihrer Wohnungen
vorfanden. Und dass sie dieses Material so frühzeitig verwendet haben,
zeigen uns ausser den Thürmen der Schlösser an der Mulde besonders auch die
Kirchen, z. B. die zu Mörtitz. 1159 wird der Ausdruck moneta Flamingorum in
den Brandenburgischen und Anhaitischen Urkunden gebraucht. Auch noch jetzt
giebt es Flämminger Felder und die 30 Flämmingshaufcn; ferner gab es eine
Flämmingsgesellschaft. die schon 1491 genannt wird, aus Ackerbautreibenden
bestand und den gemeinsamen Schutz ihrer Ländereien gegen die Muldeüber-
schwemmungen zum Zweck hatte. 1587 ist ein Gesetzbuch dieser Gesellschaft, die
eine nicht u nbedeutende Rolle gespielt haben muss, von dem Bürgermeister Herr-
mann Burthold bekannt gemacht worden.
1181 wirdO die Stadt zuerst genannt. Lieber ihre Zugehörigkeit zum Anhai-
tischen und später zur Grafschaft Brehna isi bereits in der Einleitung gehandelt
worden. 1413 am 10. Mai und 1471 brannte der Ort, welcher mehr nördlich lag
') Der jetzige Herr Bürgermeister schreibt mir, dass im Rathhause sich gar nichts
Urkundliches über die Geschichte fände. Mithin wäre auch die handschrii'tiche Chronik des
Bürgermeisters Schumann, die. in dem Staatspost- und Lexikon von Schumann genannt wird,
verloren gegangen.
0 Schumann: Lexikon von Sachsen.
 
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