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Schönermark, Gustav [Hrsg.]
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 17): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Bitterfeld — Halle a. d. S., 1893

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https://doi.org/10.11588/diglit.25511#0059
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Niemegk.

51

Im Kircheninneren findet sich an der Südwand des Chores niedrig angebracht
ein farbiges, spätgothisches Wappen (Brustbild eines Mannes) mit folgender
Minuskelum schrift:
Amta 1P iP cc(c° 1P tr tP Onri 1P rittcr 1P !)dnrit)) tP unt! 1P
3ur$c 1P ftn: 1P nmnttHnlf (?) T iP (= closters?)
Die dicke Altarmensa hat nur ein eingeritztes Kreuz in ihrer Mitte. Eine
Altardecke von 1717, aus blauem Sammet bestehend und mit Stickerei verziert,
ist für ihre Zeit ganz gut. Ein aus einem Holzstamme gearbeitetes, roh geformtes
Taufgefäss etwa in Doppelkelchform mit flachem, perlenverziertem Knaufe inmitten
dürfte vielleicht auch der Barockzeit angehören, aber von einem Manne gemacht
sein, der die* Kunstformen seiner Zeit verleugnet. Der Beschlag eines Koffers,
welcher in der Sacristei steht und dem 17. Jahrhundert (?) angehört, ist ganz
interessant. Ein vergoldeter Kelch von Kupfer ist nicht hoch, er hat einen runden^
breiten Fuss mit Weihkreuz, der in einen runden Stilus übergeht. Dieser zeigt
unter dem Nodus eingeritztes Blattwerk, über demselben diese Schrift: mari
lhecvs. Die zugehörige Patena hat auf dem Rande ein Signaculum, im Boden
einen Yierpass eingedrückt. Der Beginn des 16. Jahrhunderts wird die Ent-
stehungszeit sein.
Die Glocke von 0,51m Durchmesser hat diese Inschriften einerseits:
ICH BIN GEGOSSEN DVRCH BECKERS HAND
IN HALLE VND WERDE AVGVSTE GENANNT
andererseits:
GESCHENK VON FRIEDRICH WILHELM SCHIRMER HERR DER
R1TTERGVETER NEVHAVS VND MVELDENSTEIN 1844.
Die Glocke von 0,60 m Durchmesser hat dieselben Inschriften, nur wird sie
MATHILDE genannt.
Die Glocke von 0,73 m Durchmesser hat ebenfalls die Inschriften, heisst
aber WILHELMINE.

Niemegk.
Pfarrkirchdorf, 1,5 km südöstlich von Bitterfeld gelegen, ist das alte Numic
in der Petersbergschronik. Graf Timo von Wettin und Uda, Tochter des Herzogs
Otto von Northeim, seine Frau haben kurz vor dem 1103 fallenden Tode des
Grafen hier ein Kloster gestiftet. Es gab jedoch an diesem Orte schon eine minor
ecclesia oder capella, wie sie seit der Existenz des Klosters hiess. Sie ist jetzt
verschwunden, scheint aber die ursprüngliche Pfarrkirche gewesen zu sein. 1150
findet die Vereinigung des Klosters mit dem des Petersberges statt. Seitdem und
zwar bis 1184 bestanden in Niemegk zwei Parochien und zwei Kirchen. 1547
wird im schmalkaldischen Kriege die Kirche von den Spaniern auf ihrem Durch-
zuge von Wittenberg nach Halle angesteckt, doch ist sie bis 1556L wieder

i) Nach Lehmanns : Schulze Chronik von Delitzsch.
 
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