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Schönermark, Gustav [Hrsg.]
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 17): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Bitterfeld — Halle a. d. S., 1893

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https://doi.org/10.11588/diglit.25511#0078
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Kreis Bitterfeld.

Gesicht ist nicht mager und zeigt den Affect des Schmerzes nicht in Schauder
erregender, übertriebener Weise; der Einiluss derRenaissance iässt sich spüren.
Im Pfarrarchive befindet sich ein Feld-Messformular auf Pergament
geschrieben, welches in einem Kästchen liegt. Das Stück ist von einem schwe-
dischen Rittmeister bei Breitenfeld unter der Kriegsbeute gefunden und dem
damaligen Pfarrer zu Rösa 1642 geschenkt worden. Letzterer hat es dann der Kirche
geschenkt. Diese geschichtlichen Notizen findet man auf der Rückseite des
Pergamentes, wohin sie der Pfarrer geschrieben hat. Das Pergament nun ist
zweimal geknickt, sodass drei Seiten entstanden sind, von denen die inneren von
einem farbigen und vergoldeten Ranken-Ornamente im Stile des 17. Jahrhunderts
umrahmt werden. Auf der mittleren Seite steht in Öl gemalt das Schweisstuch,
welches in Zeichnung und Färbung vortrefflich ausgeführt und noch gut erhalten
ist. Das Kästchen, in welchem dieses Formular liegt, besteht aus Holz, ist mit
rothem Sammet überzogen und mit Plattstickereien in Gold vorzüglich ausstafhrt.
Man sieht auf dem Deckel in einem Kranze die sitzende Figur eines Erzbischofs,
welcher in der Linken ein Buch, in der Rechten die crux archiepiscopalis hält.
Der Glockenstuhl, jedenfalls dem Ausgange des 15. Jahrhunderts angehörig,
ist technisch von Interesse. Die Glocke von 0,95 m Durchmesser hat
oben vier schlecht ausgeführte Reifen von diesem Profil, ist aber
übrigens ohne Inschrift und Schmuck; ihr Guss wird aus derselben
Zeit und in derselben Werkstatt der folgenden Glocke ausgeführt sein;
dieselbe hat 0,75 m Durchmesser, wird oben von vier starken Schnüren
umzogen und hat zwischen diesen folgende Reliefs mit dieser Minuskelschrift:
ein grösseres Medaillon von sehr flachem
unkenntlichem Relief wahrscheinlich zweier Münzen: !)i!f - ßot - t)$ - n!r - HPt-
mntt - ;pt)H!!p - non- DMn ümdpA üd) (= offenbar für !tünl)!f mitii)
Wir haben es also hier mit dem nämlichen Giesser zu thun, welchen wir
schon in Pouch kennen gelernt haben. Auffällig ist, dass die Schreibweise seines
Namens an den Glocken nicht dieselbe ist. Wir glauben, dass er auch die übrigen
Glocken dieser Kirche, da sie in dieselbe Zeit gehören, gegossen haben wird.
Nämlich noch eine von 0,67 m Durchmesser, welche oben vier Reifen, aber sonst
keinerlei Schrift und Schmuck hat, und eine von 0,44 m Durchmesser, welche in
der nördlichen Laterne als Schlagglocke hängt, oben drei Reifen zeigt, aber eben-
falls alles sonstigen Schmuckes entbehrt.

ein kleines und


Roitzsch.
Pfarrkirchdorf mit drei Rittergütern und einer königlichen Domaine 2500
Einwohner, liegt 7,5 km südwestlich von Bitterfeld und ist Station der
Bahn von Bitterfeld nach Halle. Die Kirche liegt im Nordosten des Dorfes und
ist ein spätgothischer Bau, welcher aber, wie sich aus den beiden Bögen gegen
den Thurm ergiebt, durch Umbau einer romanischen Kirche entstanden ist. Man
hat nämlich die romanischen Mauern zu Pfeilern durchbrochen und durch
Parallelmauern nördlich und südlich eine dreischifhge Anlage geschaffen, welche
 
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