Nicolas Poussin. Schlafende Venus, von Hirten belauscht. Ausschnitt
Gemäldegalerie, Dresden
Schlafende Venus gemalt (Abb.S. 1 u.S. 7). Rubens war
schon ein Sechziger. Rembrandt ein Dreißiger und
Poussin ein Vierziger. Die Danae von Rembrandt dankt
den malerisch mythischen Ton weniger dem Namen,
der nur eine Situation gleichnishaft bezeichnet, als dem
Licht, das statt des Goldregens aus dem Hintergrund
hereinströmt und den Körper mit einer seltsamen
Fühlung umschmeichelt. Rembrandt fügte sich in
seinen Jugendwerken gern dem Dekorum des Zeit-
stiles. Der liegende Akt ist formal in derselben Manier
gezeichnet wie die Falten des Vorhanges oder der ge-
schnitzte Putto am Bettende. Erst später hat Rem-
brandt die tiefsten Goldadern der malerischen Strah-
lung aufgedeckt und Stil und Natur überwunden
durch die malerische Eigenkraft seiner Farben, aber
schon in der Danae spielen Linie und Licht auf der
unnennbaren Grenze, wo die Bildform sich wandelt
zu malerischem Phänomen, das die seelische Hand-
lung des Bildes in sich schließt.
Poussin, der seit 1624 dauernd in Rom lebte, wurde
damals unter dem Einfluß Tizians zum Maler einer
inspirierten Bilderfindung und einer trunkenen Far-
bengebung. Es entstanden seine Bacchanalien und
arkadischen Idyllen und auch die schlafende Venus,
die von Hirten belauscht wird (Abb. S. 7). Sein Akt
ist im Schimmer der lichten perlenden Töne zugleich
eine vollendet abstrakte Stilform. Poussin suchte in
Rom unter dem Eindruck der Antike die große Form,
die der französischen Malerei noch fehlte, nach der
aber die ethische Gesinnung verlangte. Poussins Stil
ist aus Linie und Farbe, bewußter Formpflege und
malerischem Instinkt durch einen fruchtbaren Kom-
promiß entstanden. Wenn sein Akt wie ein geschnit-
tener Stein in der Fassung der Landschaft ruht, so
geht ein malerischer Glanz von ihm aus, der wie ein
Widerschein aus der griechischen Sinneswelt leuch-
tet. Die kühle Goldschmiedelinie, die die Venus Bot-
ticellis und das Mädchen Baidungs umschließt, ist
auf einer andern Stilstufe auch von Poussin als ein
formales Element der Aktdarstellung empfunden
worden. Der Akt als künstlerische Aufgabe erfährt
in jedem Bilde neue Lösungen des Formaufbaues und
der Figurenbildung, der stilistischen und psychischen
Ausdeutung von Linie und Farbe. Er dient ursprüng-
lich der Erkenntnis und wandelt sich dann im großen
malerischen Bilde zum Gefäß aller bildnerischen und
mythischen Phantasieströme, die vom Natursein hin-
überführen in das Reich der reinen Formen und zu
den Quellen der Schönheit.
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Gemäldegalerie, Dresden
Schlafende Venus gemalt (Abb.S. 1 u.S. 7). Rubens war
schon ein Sechziger. Rembrandt ein Dreißiger und
Poussin ein Vierziger. Die Danae von Rembrandt dankt
den malerisch mythischen Ton weniger dem Namen,
der nur eine Situation gleichnishaft bezeichnet, als dem
Licht, das statt des Goldregens aus dem Hintergrund
hereinströmt und den Körper mit einer seltsamen
Fühlung umschmeichelt. Rembrandt fügte sich in
seinen Jugendwerken gern dem Dekorum des Zeit-
stiles. Der liegende Akt ist formal in derselben Manier
gezeichnet wie die Falten des Vorhanges oder der ge-
schnitzte Putto am Bettende. Erst später hat Rem-
brandt die tiefsten Goldadern der malerischen Strah-
lung aufgedeckt und Stil und Natur überwunden
durch die malerische Eigenkraft seiner Farben, aber
schon in der Danae spielen Linie und Licht auf der
unnennbaren Grenze, wo die Bildform sich wandelt
zu malerischem Phänomen, das die seelische Hand-
lung des Bildes in sich schließt.
Poussin, der seit 1624 dauernd in Rom lebte, wurde
damals unter dem Einfluß Tizians zum Maler einer
inspirierten Bilderfindung und einer trunkenen Far-
bengebung. Es entstanden seine Bacchanalien und
arkadischen Idyllen und auch die schlafende Venus,
die von Hirten belauscht wird (Abb. S. 7). Sein Akt
ist im Schimmer der lichten perlenden Töne zugleich
eine vollendet abstrakte Stilform. Poussin suchte in
Rom unter dem Eindruck der Antike die große Form,
die der französischen Malerei noch fehlte, nach der
aber die ethische Gesinnung verlangte. Poussins Stil
ist aus Linie und Farbe, bewußter Formpflege und
malerischem Instinkt durch einen fruchtbaren Kom-
promiß entstanden. Wenn sein Akt wie ein geschnit-
tener Stein in der Fassung der Landschaft ruht, so
geht ein malerischer Glanz von ihm aus, der wie ein
Widerschein aus der griechischen Sinneswelt leuch-
tet. Die kühle Goldschmiedelinie, die die Venus Bot-
ticellis und das Mädchen Baidungs umschließt, ist
auf einer andern Stilstufe auch von Poussin als ein
formales Element der Aktdarstellung empfunden
worden. Der Akt als künstlerische Aufgabe erfährt
in jedem Bilde neue Lösungen des Formaufbaues und
der Figurenbildung, der stilistischen und psychischen
Ausdeutung von Linie und Farbe. Er dient ursprüng-
lich der Erkenntnis und wandelt sich dann im großen
malerischen Bilde zum Gefäß aller bildnerischen und
mythischen Phantasieströme, die vom Natursein hin-
überführen in das Reich der reinen Formen und zu
den Quellen der Schönheit.
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