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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 57.1941-1942

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Rohde, Alfred: Das Bernsteinzimmer Friedrich I. im Königsberger Schloß
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https://doi.org/10.11588/diglit.16490#0424

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genannt, ebenso häufig aber dann auch wieder
abgelehnt worden. Wäre die Frage für Schlüter zu
entscheiden, dann möchte man in der Tat etwas von
seinem dekorativen Geist in diesem Wandgetäf el spü-
ren, der kräftige Schnitt der Akanthusranken und Ro-
setten, die häufig an den Schnitt der Kunkelgläser
aus der Potsdamer Glashütte erinnern, findet seine
künstlerische Deutung und Erklärung ebenso wie die
häufige Verwendung plastischen Dekors, wobei die
8 Masken sterbender Krieger, die „Alte-Kerls-Köpfe",
unseren Bück auf die Zeughausmasken lenken, die
gerade auch in jenen Jahren entstanden.
Viermal ist dieses Getäfel immer wieder in veränder-
ten Maßen aufgebaut worden, erst in Charlottenburg,
dann in Berlin und schließlich in Petersburg zuerst
im Alten Winterpalais, dann im Neuen Winter-
palais, bis Rastrelli 1755 den Auftrag bekam, mit
Hilfe des vorhandenen Getäfels einen kleinen Fest-
saal in Zarskoje Sselo zu gestalten. Alle phantasti-
schen Maße, die bisher in der Literatur angegeben
sind, sind stark übertrieben und beruhen auf falscher
Übernahme russischer Maße auf deutsche; der Raum,
in dem das Getäfel eingebaut war, maß 10,16 Meter
zu 10,15 Metern, war also annähernd quadratisch, er
hatte eine Höhe von annähernd 6 Metern, während
das Getäfel nur 4,75 Meter hoch war. Rastrelli stat-
tete den Raum mit drei Türen aus, für die Tür der
längeren Wand, die der Fensterfront gegenüber lag,
hatte er eine Bernsteinsupraporte, die er verwenden
konnte, über die beiden Seitentüren setzte er riesige
holzgeschnitzte Supraporten, die ebenso wie die reich
dekorierten Rokokotüren auf Weiß und Gold abge-
stimmt waren. Die wesentlichste Veränderung des
Raumes bedeutete aber die Einziehung von schmalen
Wandfeldern mit großen Spiegelflächen, die etwa in
der Mitte dreiarmige Bronzeleuchter tragen, zwischen
die einzelnen Bernsteinfelder; 24 Spiegelfelder rah-
men auf diese Weise die Bernsteinfelder ein und
schließen sie zu einem glitzernden Eestsaal zusam-
men. Der reiche Schnitz- und bildhauerische Schmuck
der'Türen, Supraporten und Spiegelfelder stammt,
wie wir ohne weiteres annehmen dürfen, von dem aus
Wien nach Petersburg kommenden deutschen Bild-

hauer und Bildschnitzer Johann Franz Dunker, der
einer der meistbeschäftigten Künstler unter Rastrelli
in Zarskoje Sselo und Petersburg gewesen ist. Im
übrigen hat Rastrelli an der Vertäfelung selbst wenig
geändert. Die Sockelstücke der Spiegelfelder sind da-
mals neu gemacht, eines dieser Sockelstücke trägt
auch die Jahreszahl: „Anno 1760", bei den Wand-
feldern mit den geschweiften Blakerspiegeln sind die
hier wohl ursprünglich vorhandenen Leuchter (Bla-
ker) entfernt, die geschweiften Spiegel aber belassen.
Bei den breiteren Wandfeldern sind die Spiegel, die
die Mitte der Felder zierten, von Rastrelli entfernt
worden und an ihrer Stelle große Rahmenfelder mit
eingesetzten Steinmosaikbildern verwendet worden.
Anregung zu diesen Rokokofeldern gab ein großer,
heute leider sehr zerstörter Spiegelrahmen, den Fried-
rich der Große 1745 der Kaiserin Elisabeth schenkte,
und der in die linke Seitenwand eingebaut ist. Nach
ihm wurden wohl die drei anderen Rahmenstücke ge-
arbeitet. In alle 4 Rahmenstücke wurden italienische
(toskanische) Steinmosaikbilder, die vier Sinne dar-
stellend, eingesetzt, von denen leider eines fehlt und
jetzt durch einen Spiegel ersetzt ist. Rastrelli, Sohn
eines in Florenz geborenen, von Peter dem Großen
nach Petersburg berufenen Bildhauers und Architek-
ten, selbst in Paris geboren und vom 15. Lebensjahr
in Rußland aufgezogen, ist einer der ganz großen
Architekten in Rußland, der, obwohl Bahnbrecher
west- und südeuropäischer Kunst, in Rußland stets
ein lebendiger Fürsprecher des nationalen Charakters
blieb, er ist der eigentliche Schöpfer und Begründer
des russischen Rokokos, dessen lokale Eigentümlich-
keiten oft als „Stil Rastrelli" bezeichnet werden. Im
Bernsteinzimmer wird dieser manchmal ins Pracht-
volle und Prunkvolle ausschweifende Gestaltungsstil
Rastrellis noch machtvoll gebändigt durch die Barock-
teile der Vertäfelung, die sich nicht übertönen lassen;
sie geben den Grundton, die Wärme des Bernstein-
materials bändigt alle Kälte und Pracht, die Rastrelli
in den Raum hineinzubringen versuchte, so daß die
ganze Dekoration heute im allgemeinen einen gleich
angenehmen Eindruck bei Sonnenlicht und künst-
licher Beleuchtung macht.

Nachrichten

BERLIN. Der spanischen ist eine „Ausstellung von Werken
portugiesischer Künstler", veranstaltet vom Ibero-Amerika-
nischen Institut und von der Deutsch-Ibero-Amerikanischen
Gesellschaft, gefolgt, die in der „Berliner Kunsthalle" veran-
staltet wurde und sich fast ausschließlich auf Arbeiten des
Malers Eduardo Malta beschränkte. Ein umfassender Begriff
von portugiesischer Kunst wurde also nicht vermittelt. Malta
ist ein vielseitiger und sehr sicherer Zeichner von betonter
Sachlichkeit; als Maler liegt seine Stärke im Porträt, das
auch vorwiegend zeichnerisch angelegt ist und im bestechen-
den Farbenauftrag eine gewisse Glätte aufweist. Die Darge-
stellten waren meist bekannte Männer des öffentlichen Lebens
und wurden dementsprechend repräsentativ aufgefaßt, wäh-
rend der Künstler in seinen Frauenbildnissen sich freier zu

geben wußte. In allem erwies sich ein gewisser, vielleicht
nationaler Zug zum Idealisieren.

Im schönen Schlößchen Schönhausen hatte die Gauleitung
der NSDAP. Osthannover gemeinsam mit dem „Kunstdienst"
zahlreiche Gemälde, Zeichnungen und kunsthandwerkliche
Arbeiten unter dem Thema ..Lüneburger Land" zu einer inter-
essanten Ausstellung vereinigt. Das Thema sollte also über
das altbekannte „Worpswede" hinaus auf das ganze zwi-
schen Elbe und Weser gelegene Kerngebiet Niedersachsens
ausgedehnt werden, das sozusagen mit neuen Augen betrach-
tet und erlebt zu werden verdient. Denn dem Erlebnis, das
uns die „Worpsweder" mit ihrer Glaspalast-Ausstellung in
München 1895 vermittelten, lag seinerzeit ein künstlerisches
Problem zugrunde, das seither als „gelöst" angesehen werden

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