H. Amersdorffer. Kathedrale von Amiens
Französische Kathedralen. Von Heinrich Amersdorffer
Frankreichs Kathedralen sind das Gesicht seiner
mythisch gewordenen Vergangenheit. Sie sind, wie
Victor Hugo sie sieht, die steinernen Nachfahren
einer Zeit, die von der Baukunst beherrscht wurde.
Gleich stummen Zeugen jener Zeit stehen sie vor
uns. Hugo sah jene Periode, die wir gemeinhin als
Xeuzeit bezeichnen, im Fluß. Wir erleben ihr Ende.
Ein historischer Begriff hat seinen Sinn verloren
vor dem Beginn eines wahrhaft neuen Zeitalters.
Gewiß haben auch in den hinter uns liegenden
Jahrhunderten etwa die kurzen Jahre des Empire
in weitläufiger und nachhaltiger Weise dem fran-
zösischen Leben ein Gepräge gegeben, von dem es
heute noch zehrt. Aber es handelt sich doch immer
nur um etwas Formales, um eine Tradition, für deren
Pflege in dem Maße Raum war, wie die eigene Schaf-
fenskraft erlahmte. Gleich wie im Impressionismus
sich die französische Kunst am hellen Schein der
strahlenden Sonne ihren letzten Glanz lieh, bei dem
ein kultivierter Vortrag in blendend gemalter Ober-
fläche seine wohlberechtigten, aber letzten Triumphe
feierte. Dem französischen Volk, dessen große Re-
volution am Ende doch nur zu ihrem eigenen Ur-
sprung zurückgekehrt war, fehlte der eigene innere
Antrieb, als es galt, sich dem neuen revolutionären
Geiste unserer Zeit gewachsen zu zeigen.
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Französische Kathedralen. Von Heinrich Amersdorffer
Frankreichs Kathedralen sind das Gesicht seiner
mythisch gewordenen Vergangenheit. Sie sind, wie
Victor Hugo sie sieht, die steinernen Nachfahren
einer Zeit, die von der Baukunst beherrscht wurde.
Gleich stummen Zeugen jener Zeit stehen sie vor
uns. Hugo sah jene Periode, die wir gemeinhin als
Xeuzeit bezeichnen, im Fluß. Wir erleben ihr Ende.
Ein historischer Begriff hat seinen Sinn verloren
vor dem Beginn eines wahrhaft neuen Zeitalters.
Gewiß haben auch in den hinter uns liegenden
Jahrhunderten etwa die kurzen Jahre des Empire
in weitläufiger und nachhaltiger Weise dem fran-
zösischen Leben ein Gepräge gegeben, von dem es
heute noch zehrt. Aber es handelt sich doch immer
nur um etwas Formales, um eine Tradition, für deren
Pflege in dem Maße Raum war, wie die eigene Schaf-
fenskraft erlahmte. Gleich wie im Impressionismus
sich die französische Kunst am hellen Schein der
strahlenden Sonne ihren letzten Glanz lieh, bei dem
ein kultivierter Vortrag in blendend gemalter Ober-
fläche seine wohlberechtigten, aber letzten Triumphe
feierte. Dem französischen Volk, dessen große Re-
volution am Ende doch nur zu ihrem eigenen Ur-
sprung zurückgekehrt war, fehlte der eigene innere
Antrieb, als es galt, sich dem neuen revolutionären
Geiste unserer Zeit gewachsen zu zeigen.
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