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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 57.1941-1942

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Kunst und Nation
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Kunstliteratur

Hermann Beenken: Hubert und Jan van Eyck

Mit 6 farbigen und 94 einfarbigen Bildern. München (Verlag
F. Bruckmann). 1941. Leinen RM. 12,—.

Eine nach des Autors eigenen Worten für einen breiteren
Leserkreis bestimmte Darstellung der künstlerischen Ent-
wicklung der Brüder van Eyck: Unter tunlichster Beschrän-
kung auf allgemein anerkanntes Material war der Verfasser
bemüht, eine möglichst klare Übersicht der erhaltenen Werke
von Hubert und Jan in chronologischer Abfolge herauszu-
arbeiten. Es folgen auf eine kurze Einleitung zunächst drei
Kapitel über die Miniaturisten van Eyck, die Tafelbilder
Huberts und diejenigen Jans vor 1432, dann ein Hauptkapitel
über das große Genter Altarwerk und seine Entstehungsge-
schichte. Weitere Kapitel sind den Einzelbildnissen sowie den
.Spätwerken Jans gewidmet. Abschließend steht eine Zusam-
menfassung der geschichtlichen Leistung der van Eyck. Zum
besseren Verständnis dieser großen Kunst, die ein damals
völlig neues Sehen offenbarte, geht der Verfasser in knapper
Form auch auf die geistigen Grundlagen und das kulturge-
schichtliche Milieu ein, aus dem sie erwuchs. Zur Ergänzung
dienen neben dem Inhalts- und Tafelverzeichnis kurze An-
gaben zur Literatur und am Schluß eine Zeittafel.
Hervorgegangen ist dieses Buch aus vieljähriger eingehender
Beschäftigung des Verfassers mit den van E\ck. Die wich-
tigsten seiner Thesen waren uns schon aus mehreren Arti-
keln (im Wallraf-Richartz-Jahrbuch, im Pantheon und in
ausländischen Zeitschriften) bekannt. Wenn wir dem Autor,
der in einem Labyrinth schier undurchdringlicher Probleme
mulig eigene Wege ging, auch nicht in allen Einzelheiten
ohne gewisse Bedenken, z. B. hinsichtlich der Beurteilung
zweier m. E. qualitativ weniger bedeutenden Bildnistafeln
als Werke Huberts, zu folgen vermögen, so sei betont, daß
sich seine Methode doch als fruchtbar und anregend erwie-
sen hat. Flüssig und ungekünstelt geschrieben, vermittelt
diese neue Abhandlung in Verbindung mit den 100 beige-
gebenen Abbildungen — von denen ein Viertel prachtvolle
Detailaufnahmen zeigt — ein wohl abgerundetes Bild der ein-
zigartigen Kunst der van Eyck und damit einen hohen künst-
lerischen Genuß. E. Trautscholdt

Ludwig von Baldaß: Albrecht Altdorfer
Mit 237 Abbildungen. Wien, Gallus-Verlag K.G. Geb. 15,—.

Im Vorwort heißt es, daß dieses Buch keine Neuauflage der
vor 17 Jahren erschienenen Studien des Verfassers ist, son-
dern durchwegs neu geschrieben sei. Es fußt auf dem Kata-
log zur Altdorfer-Ausstellung des Jahres 1938 in München
und beruft sich auf die gesamte spätere Literatur. Dem
Lebenslauf, der Herkunft des Künstlers, den kleinen Bau-
aufträgen (die großen erhielt Hieber), den Reisen wohl nach
Italien und vielleicht auch an den Rhein wird die Frage nach
den Quellen seiner Kunst angeschlossen. Sie weisen auf Pol-
lak, Mair von Landshut, Reichlich, Kölderer u. a., aber auch
auf Mantegna und Pacher. Die Werke werden nach drei
Hauptabschnitten, der Jugendzeit von 1506—1515, der mitt-
leren Zeit von 1516—1525, der Spätzeit von 1526—1537 ge-
gliedert. Aber innerhalb dieser ergeben sich eindeutig charak-
terisierte Unterabschnitte. So finden sich etwa in den Jugend-
jahren 1506—1508 kleine Stiche, Zeichnungen und 1507 Ge-
mälde als die ersten Schöpfungen des „jungen Romantikers".

In den Jahren der „gesteigerten Romantik" und der ersten
Slurm- und Drangzeit bis 1515 entstehen neben Zeichnungen
auf farbigem Grund die beiden ersten Altargemälde. Während
einer zweiten Donaureise, vor der zweiten Sturm- und Drang-
zeit und deren Abklang entstehen die Altarflügel in St. Flo-
rian, der Regensburger Altar und jene fern- und nahsichtigen
Gemälde wie die „Kreuzigung" in Budapest, die „Florians-
legende" mit dem neuen Melker Bild und das einzige Frauen-
bildnis (1516—1527). Zu den Werken der Reife, 1521—1528.
gehören „menschlich intime" Holzschnitte, Stiche allerklein-
sten Formats, die Geburt Mariae (München), mit neuem Raum-
gefühl, die „hl. Nacht", Wien, und die „Maria in der Glo-
rie" (München), mit Rückseite. Den letzten Jahren gehören
die Wiener Madonna, das allegorische Berliner Bild. Ein Ab-
schnitt über die „weltliche Kunst", „Lebenswerk" und „Nach-
folge" beschließen das gut bebilderte Werk. Kasse

Heinrich Hammer: Franz von Defregger

Mit 4 mehrfarbigen und 72 einfarbigen Bildern. Deutscher
Alpenverlag, Innsbruck. Leinen RM. 7,—.

Sahen die Zeitgenossen Franz v. Defreggers (1835—1921) in
seiner Kunst nur das Inhaltliche, Erzählende aus dem Tiro-
ler Volksleben, so schätzte die nächste Generation ebenso
einseitig wieder nur seine, seit der Jahrhundertausstellung
1906 bekanntgewordenen rein malerischen Studien und Skiz-
zen, die den Meisler fast als einen Vorläufer des Impressio
nismus erscheinen ließen. Erst unsere, die dritte Generation,
wird, wie das in der Kunstgeschichte häufig geschieht, der ge-
samten Persönlichkeit des Künstlers gerecht. Heinrich Ham-
mer, der emeritierte Ordinarius der Innsbrucker Universität,
schenkt auf Grund neuer Forschungen dem deutschen Volke
das zeitgemäße Bild des Altmeisters. Dies geschieht, wie schon
in der unlängst hier besprochenen Volksausgabe seines
„Egger-Lienz", in einer feinsinnigen, kunsterzieherisch neuen
Art: An eine warm einfühlende Kennzeichnung von Leben
und Wirken Defreggers schließt sich in zeitlicher Abfolge die
(in Kupfertiefdruck durchwegs gut wiedergegebene) Reihe von
Bildern, deren jedes einzelne einen Begleittext mitbekommt,
so daß sich auch für den hastenden Leser, der nur die Bilder
an sich vorüberziehen läßt, das Werk des Meisters rundet
Neben den bekannten Historienbildern „Speckbacher und sein
Sohn Anderl", „Das letzte Aufgebot", „Die Heimkehr der Sie-
ger", „Andreas Hofer in der Hofburg", „Hofers letzter Gang"
und anderen mit ihrer Fülle feiner Beobachtung und köst-
licher Einzelzüge stehen die Genreszenen wie „Der Ball auf
der Alm", „Der Ringkampf", „Die Brautwerbung", „Der Salon -
tiroler" mit ihrer drastischen Anschaulichkeit der Darstel-
lung. Überraschend die „naturalistischen Seitenwege" abseits
der Bahnen der historischen Schule, die in diesem Buche zum
erstenmal in das Gesamtbild Defreggers eingebaut wurden:
herrliche, tonig gemalte Bildnisse — z. B. das bisher ganz un-
bekannte, farbig reproduzierte „Bildnis eines jungen Mäd-
chens" von 1868 oder als schönstes das Porträt der Gattin des
Künstlers von 1876 —, reine Existenzbilder ohne Handlung,
stimmungsvolle Innenräume und Landschaften, von denen
die anspruchslose, ganz schlichte „Almlandschaft" (um 1882)
in der Geschichte der alpinen Landschaft in gewissem Sinne
einen Merkstein bedeutet. Hammer stellt jedoch die kluge
Frage, ob das Nur-Malerische nicht doch auch eine einseitige,
zeitbedingte Forderung der impressionistischen Epoche ge-
wesen sei und ob man an den künstlerischen Werten von De
freggers erzählerischen Bildern achtlos vorübergehen dürfe.

O. v. Lutterotti

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