Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 57.1941-1942

DOI article:
Lessing, Waldemar: Johann Georg von Dillis (1759-1841)
DOI article:
Gravenkamp, Curt: Selbstdeutung im Selbstbildnis
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.16490#0063

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Johann Georg von Dillis. Isarsteg in der Münchner Vorstadt Au. Radierung

Dillis etwa 1810 gemalt hat. Neben idealisierte ita-
lienische Motive reiht sich die weite wellige Land-
schaft des mittleren Lechtales mit den hohen Bergen
im fernen Hintergrunde (Abb. S. 27). Dies schwä-
bisch-bayerische Voralpenland mag Dillis besonders
gern im Sinne einer Ideallandschaft gesehen haben.
Auch in dem schönen Alterswerk, dem Blick auf den
Tegernsee (von 1825). fehlt in der Komposition die

Seitenkulisse nicht (s. die Farbtafel). In diesem Bilde
hat aber Dillis noch einmal seiner Liebe zu der ober-
bayerischen Seenlandschaft Ausdruck verliehen, und
wenige Bilder der frühen Münchner Landschafter-
schule geben die befriedete Szenerie des lieblichen
Sees so stimmungsvoll, dessen Eigenart so getreu
wieder.

Selbstdeutung im Selbstbildnis. Von Curt Gmvenkamp

Ein Selbstbildnis unterscheidet sich von jedem ande-
ren Werk der bildenden Kunst dadurch, daß in ihm
Subjekt und Objekt der Gestaltung miteinander iden-
tisch zu sein scheinen. Hiermit mag zunächst ganz
allgemein die Problematik des Selbstporträts aufge-
zeigt sein. Das Spiegelbild aber, aus dem die Gestalt
des Selbstporträts gewonnen werden soll, ist zunächst
nichts anderes als ein purer Widerschein einer ein-
maligen, im Moment verhafteten Erscheinung, und
es sagt nichts aus über das Wesen der Person.
Das Leben eines schöpferischen Menschen stellt sich
ihm selbst als stetige Unruhe in Hinsicht auf ein

großes Unbekanntes, erst Bevorstehendes, Ersehntes
oder zu Vollbringendes dar. Nie läßt das Bewußtsein
nach, daß jede momentane geistige Äußerung bloße
Vorstufe sei zu einer Höhe, die vielleicht niemals er-
reicht wird. Jedem wahrhaften Selbstbildnis liegt
eine solche Einsicht zugrunde, die sich auch als Ein-
sicht in die Polarität ansprechen ließe zwischen der
aus dem Spiegelbild hervortretenden Erscheinung des
Ich und dem verborgenen Wesen des Selbst.
Ähnlich verhält es sich auch mit der Selbstbiogra-
phie. Denn auch in ihr offenbart allein am Wer-
den sich das Wesen, an der Dichtung die Wahrheit.

30
 
Annotationen