Spanische Kunst der Gegenwart
Ausstellung in der Preußischen Akademie der Künste, Berlin. Von Fritz Hellwag
Die Ausstellung vermittelt eine denkwürdige Begeg- komponiert ist und in allem das Wesen der Person-
nung. Man erinnert sich aus der großen Zuloaga-Kol- lichkeit des Dargestellten erfühlen läßt,
lektion, die vor dreißig Jahren durch die Hauptstädte Aber Ignazio Zuloaga ist einsam geworden und ist es
Europas wanderte, des großen Gemäldes „Der Maler", besonders in dieser großen Ausstellung! Er ist dem
das einen Künstler darstellte, der vor großem Himmel dramatischen Goya — den schon Manet im male-
an seiner Staffelei steht, in der linken Hand eine ge- rischen Impressionismus hatte aufgehen lassen — treu
waltige Palette hält und das bärtige Gesicht mit feu- geblieben; er wollte und brauchte kein zuströmendes
rigem Auge auf den Betrachter richtet. Und hier steht Licht von außerhalb, weil es in seiner Malerei von
nun wieder ein Maler (Arango) in gleicher Weise vor innen leuchtet. Diese jetzt so fühlbare Spaltung der
der Leinwand, und zweifellos ist es derselbe, wie da- künstlerischen Anschauung ist durchaus nicht neu.
mals, nur ist er eben älter geworden, ergraut, mit ern- denn schon vor langen Jahren waren spanische Maler,
sterem, aber noch immer festem Blick (Abb. S. 191). Joaquin Mir, Mufioz Degrain, Santiago Busignol,
Beide Gemälde zeigen die gleiche geistige Spannung Aureliano de Beruete und andere — die nun hier in
in der persönlichen Charakteristik wie auch in der dieser Ausstellung als bereits verstorbene, historische
Dramatik des aus Kniehöhe aufsteigenden Himmels, Vertreter mit Absicht Zuloaga entgegengestellt Wer-
der, ehedem mit Wucht geladen, jetzt, der Stimmung den — zum französisch beeinflußten Impressionismus
des Alters entsprechend und fast in Grecos Art, das übergegangen. Das ist es aber nicht, was den bekann-
ergraute Haupt mit helleren Wolken umkränzt. Auch ten Zuloaga hier so isoliert und uns Deutschen doch
in der Silhouette, die der umhüllende schwarze Mantel auch größer als zuvor erscheinen läßt, sondern, daß
gegen den Horizont schneidet, ist Zuloaga seiner alten die jüngere, jetzt am Werke stehende Generation, im
Art treu geblieben. Diesen Eindruck vermittelt auch ganzen gesehen, oft den nur teilweise gelungenen Ver-
das ..Bildnis des Herrn Beobide", das ebenso expressiv such macht, den Expressionismus Goyas mit dessen
Impressionismus, der doch
auch zuweilen in seiner
Kunst gelegen hat, auf neue
Weise zu vereinigen. Das
ist ein gewagtesUnterneh-
men und erfordert über-
ragende künstlerische und
persönliche Kraft. Somit
wird es nicht verletzen,
wenn wir sagen, daß man
erst auf dem Wege zu
solchem Ziel ist. Francisco
Iniguez, der Generalkom-
missar der spanischen
Kunstpflege, spricht im
Vorwort zum Ausstel-
lungsverzeichnis von der
„geistigen Unruhe"', in der
sich die jüngere Genera-
tion befände — begreiflich,
denn es ist nicht einfach,
Analyse und Synthese zu
gleicher Zeit anzustreben.
„Die Beobachtung der
Wirklichkeit tritt zurück,
die Zeichnung verliert die
Strenge, Farbe und Licht
müssen viel von ihrem
Glanz und ihrer Mannig-
faltigkeit aufgeben", so fol-
gert Iniguez aus dem der-
zeitigen Zwischenspiel.
Eine Zielsetzung größe-
ren Ausmaßes fehlt vor-
läufig noch.
toto üclierl T-i- n t-.. t
rim grober Kunstler, der
Fernando Alvarez de Sotomayor. Straßenbild aus Villar unbekümmert um Theo-
186
Ausstellung in der Preußischen Akademie der Künste, Berlin. Von Fritz Hellwag
Die Ausstellung vermittelt eine denkwürdige Begeg- komponiert ist und in allem das Wesen der Person-
nung. Man erinnert sich aus der großen Zuloaga-Kol- lichkeit des Dargestellten erfühlen läßt,
lektion, die vor dreißig Jahren durch die Hauptstädte Aber Ignazio Zuloaga ist einsam geworden und ist es
Europas wanderte, des großen Gemäldes „Der Maler", besonders in dieser großen Ausstellung! Er ist dem
das einen Künstler darstellte, der vor großem Himmel dramatischen Goya — den schon Manet im male-
an seiner Staffelei steht, in der linken Hand eine ge- rischen Impressionismus hatte aufgehen lassen — treu
waltige Palette hält und das bärtige Gesicht mit feu- geblieben; er wollte und brauchte kein zuströmendes
rigem Auge auf den Betrachter richtet. Und hier steht Licht von außerhalb, weil es in seiner Malerei von
nun wieder ein Maler (Arango) in gleicher Weise vor innen leuchtet. Diese jetzt so fühlbare Spaltung der
der Leinwand, und zweifellos ist es derselbe, wie da- künstlerischen Anschauung ist durchaus nicht neu.
mals, nur ist er eben älter geworden, ergraut, mit ern- denn schon vor langen Jahren waren spanische Maler,
sterem, aber noch immer festem Blick (Abb. S. 191). Joaquin Mir, Mufioz Degrain, Santiago Busignol,
Beide Gemälde zeigen die gleiche geistige Spannung Aureliano de Beruete und andere — die nun hier in
in der persönlichen Charakteristik wie auch in der dieser Ausstellung als bereits verstorbene, historische
Dramatik des aus Kniehöhe aufsteigenden Himmels, Vertreter mit Absicht Zuloaga entgegengestellt Wer-
der, ehedem mit Wucht geladen, jetzt, der Stimmung den — zum französisch beeinflußten Impressionismus
des Alters entsprechend und fast in Grecos Art, das übergegangen. Das ist es aber nicht, was den bekann-
ergraute Haupt mit helleren Wolken umkränzt. Auch ten Zuloaga hier so isoliert und uns Deutschen doch
in der Silhouette, die der umhüllende schwarze Mantel auch größer als zuvor erscheinen läßt, sondern, daß
gegen den Horizont schneidet, ist Zuloaga seiner alten die jüngere, jetzt am Werke stehende Generation, im
Art treu geblieben. Diesen Eindruck vermittelt auch ganzen gesehen, oft den nur teilweise gelungenen Ver-
das ..Bildnis des Herrn Beobide", das ebenso expressiv such macht, den Expressionismus Goyas mit dessen
Impressionismus, der doch
auch zuweilen in seiner
Kunst gelegen hat, auf neue
Weise zu vereinigen. Das
ist ein gewagtesUnterneh-
men und erfordert über-
ragende künstlerische und
persönliche Kraft. Somit
wird es nicht verletzen,
wenn wir sagen, daß man
erst auf dem Wege zu
solchem Ziel ist. Francisco
Iniguez, der Generalkom-
missar der spanischen
Kunstpflege, spricht im
Vorwort zum Ausstel-
lungsverzeichnis von der
„geistigen Unruhe"', in der
sich die jüngere Genera-
tion befände — begreiflich,
denn es ist nicht einfach,
Analyse und Synthese zu
gleicher Zeit anzustreben.
„Die Beobachtung der
Wirklichkeit tritt zurück,
die Zeichnung verliert die
Strenge, Farbe und Licht
müssen viel von ihrem
Glanz und ihrer Mannig-
faltigkeit aufgeben", so fol-
gert Iniguez aus dem der-
zeitigen Zwischenspiel.
Eine Zielsetzung größe-
ren Ausmaßes fehlt vor-
läufig noch.
toto üclierl T-i- n t-.. t
rim grober Kunstler, der
Fernando Alvarez de Sotomayor. Straßenbild aus Villar unbekümmert um Theo-
186