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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 57.1941-1942

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Gillen, Otto: Kunst und Verkehr, [2]: Gedanken zu einem neuen Ortszeichen Stuttgarts
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Reichel, Walter: Leipzig, Verein bildener Künstler: Nachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.16490#0183

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Gedanken zu einem Ortszeichen Stuttgarts. (Fortsetzung von S. 93}

rer Großbauten ein klares und mutiges Bekenntnis
zum neuen Baustil abgelegt hatte, ist auf dem Wege
zeitbewußter und zukunftsweisender Gestaltung der
vielfältigen Probleme einer wachsenden Großstadt
weitergeschritten. Selbst scheinbar nebensächliche
Dinge, wie die Tafeln an den Einfahrtsstraßen zur
Stadt, sollen eine künstlerisch befriedigende Form er-
halten. Aus einem Wettbewerb der Stadt zur Erlan-
gung von Entwürfen für ein neues Ortszeichen ging
Bildhauer Peter Otto Heim, Lehrer an der Bildhauer-
abteilung der Kunstgewerbeschule Stuttgart, als erster
Preisträger hervor. Seine Lösung zeigt das alte Stadt-
wappen der Schwabenhauptstadt. das springende
Pferd, das einen Schild mit dem glückhaften Schiff,
dem Y\ ahrzeichen der Stadt der Ausländsdeutschen,
hält. Die erste, in Bronze ausgeführte Plastik dieser
Art wird in Kürze auf der Höhe südlich der Stadt
auf einem etwa S1/* m hohen Sockel aus Naturstein
aufgestellt. Mit der Zeit werden nicht nur an den
Haupteinfahrtstraßen, sondern auch an den Haupt-
anschlußstellen zur Reichsautobahn und den Einfahrts-
linien der Eisenbahn solche Ortszeichen errichtet.
Die Höhe der Plastik wie die Art seiner Aufstellung,
die das Pferd im Profil, den Schild von vorn zeigt,
wird den Ankommenden schon von weitem die Stadt-
grenze anzeigen. Diese einfache Aufgabe wurde zwar
schon von den alten nüchtern-sachlichen Tafeln ge-

löst. Heims Plastik erfüllt darüber hinaus einen dop-
pelten Sinn, einmal ist das rein Zweckmäßige, die
Markierung der Stadtgrenze, ins Symbolhafte erhöht:
das heraldische Stadtzeichen wurde zum Kunstwerk,
während das Wappen mit dem glückhaften Schiff,
organisch mit dem Stadtwappen verbunden, zugleich
die Bestimmung des neuen Stuttgart als Stadt der
Auslandsdeutschen symbolisiert.

Das Pferd ist eine Vollplastik von schönstem Formen-
adel. Das Gelände — breite Landstraße. Reichsauto-
bahn. Eisenbahn— verlangte eine gedrungene, wuch-
tige Form der Plastik, die auch schon mit Rücksicht
auf die heraldische Herkunft des Motivs nicht natura-
listisch sein konnte. Dem Charakter des Aufstellungs-
ortes entspricht auch der massige Sockel, der auf
Form und Maße der Plastik abgestimmt ist. In die
Horizontale von Straße oder Schienenstrang setzt der
Stein mit dem aufgerichteten Roß in bewußter Be-
tonung der Vertikalen einen nicht zu übersehenden
Akzent, er lenkt den Blick auch des hastig der Stadt
zustrebenden Reisenden unwillkürlich auf sich, spricht
ihn mit der Einfachheit und Klarheit seiner Sym-
bole und nicht zuletzt auch als Kunstwerk an.
Das Ortszeichen, ehedem ein nüchternes Hilfsmittel
des Verkehrs, ist zum Denkmal geworden und zum
Kunstwerk erhöht. Und so wird es, weil es einen
neuen Weg aufzeigt, beispielhaft wirken.

Nachrichten

Leipzig, d er ,,V e r e i 11 bildender Künstle r",
die repräsentative Vereinigung der Leipziger Künstler-
schaft, veranstaltete im Museum am Augustusplatz seine
zweite Jahresschau. Die Ergebnisse zweier vom Oberbür-
germeister der Stadt dotierten Wettbewerbe erregten da-
bei besonderes Interesse. Einmal ging es darum, bei den
mehr dem kleinen Format zugetanen Leipziger Malern
einen neuen Ehrgeiz für das monumentale Wandbild zu
wecken. Zeigten die Einsendungen, daß die Gesetze monu-
mentaler Flächenaufteilung durchaus nichts Selbstverständ-
liches sind, so konnten doch die vier ausgesetzten Preise
zur Verteilung kommen. Das gestellte Thema „Aufbruch"
durfte frei behandelt werden. Walter Rosch bezog es auf
die Gegenwart und erhielt für seinen Entwurf, welcher
in der Wiedergabe einer angriffsbereiten Schützenstellung
offenbar eine Fülle illustrativer Einzelheiten auf großer
Fläche vorsieht, den 1. Preis. C. B. Grothes „Aufbruch der
Diana" und „Rosse und Reiter" (2. u. 3. Preis) zeigten mit
Vorteil eine schöne auch auf die Ferne hin wirkende Stili-
sierung der leicht antikisch behandelten Entwürfe, und
Emil Block (4. Preis) gab einen Festzug im Dekorations-
stil. Der andere Wettbewerb, der ein Bild aus der Leip-
ziger Landschaft forderte, hatte in der Graphik nicht den
gewünschten Erfolg, wohl aber in der Malerei, wo Wil-
helm Maaß für seine sauberen Darstellungen den 1. und
2. Preis davontrug. Den 3. und 4. Preis erhielten Gustav
Ziemann und Karl Miersch.

Unter den nicht an die Konkurrenzen gebundenen Einsen-
dungen mußte die Flußlandschaft von Miersch ob ihrer
feinen, frei atmenden Farbigkeit und ihres gelösten Vortrags

besonders bezaubern. Soltmann mit einem frappierend un-
mittelbaren Selbstbildnis und Drescher mit flockig gemal-
ten kleinen Landschaffen vertraten am besten die Aka-
demie, aus deren Nachwuchs der junge Gerhard Zill
hier mit Recht die Aufmerksamkeit auf sich zieht (Bildnis
eines Knaben, Schauspieler Schlageten. Die Wiederbegeg-
nung mit Elisabeth Voigt (Fallschirmspringer, Mädchen
mit Kerze) bestätigte die Vertrautheit dieser begabten
Künstlerin mit altdeutschen Meistern, deren Formen sie
so prägnant zu aktualisieren versteht. Mit dem Fahnen-
junker von Buchholz, den exakten Soldatenzeichnungen
von Lipus und den trefflich kühn hingeschriebenen Stu-
dien russischer Bauern Wilhelm Schleichers, dem Auffal-
lendsten im Bereich der Graphik, blickte das Heute un-
mittelbar herein.

In der Plastik zeigten der siebzigjährige Pfeifer, Thiele,
Brumme, Grete Tschaplowitz, Chemnitz und Oelzner ihr
bewährtes Können. Ein von der Illgen-Stiftung ausge-
schriebener Wettbewerb für einen Brunnen im Hof des
neuen Leipziger Kinderkrankenhauses konnte von aus
Sachsen gebürtigen Künstlern beschickt werden. Das
meiste war zu kompakt denkmalhaft ausgefallen, so daß
sich für die gelösteren Entwürfe von Thiele und Zschorsch
ganz natürlich die Chancen für den 1. und 2. Preis ergaben.
So war das Gesicht der Leipziger Jahresschau diesmal
sehr abwechslungsreich. Da sie die einzige Möglichkeit
bietet, einheimische Kunst in größerem Rahmen auszu-
stellen, bleibt die strenge Auswahl, der sich die Fülle der
Einsendungen fügen mußte, bemerkenswert.

Walter Reichel

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