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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 57.1941-1942

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Lill, Georg: Ein Nibelungenzyklus von Albert Burkart
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https://doi.org/10.11588/diglit.16490#0022

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Albert Burkart. Landung zur Werbung um Brunhild und der

Nördliche Fensterwand im Fahnensaal einer Luftkriegsschule

Dieses riesenhafte Thema zu bewältigen, konnte nur
durch eine Art Abrollen ermöglicht werden, aber
nicht wie beim Film in einem gleichmäßigen Dahin-
gleiten, sondern in künstlerischer Konzentration, bald
ausführlich, bald andeutend, dann aber auch in mu-
sikalischer Rhythmisierung, die aus den einzelnen
Akkorden eine Melodie aufklingen läßt.
Auf der einen Fensterwand beginnt in lockeren Epi-
soden die Erzählung: König Gunther landet mit Sieg-
fried in Island; Frau Ute schreitet die Treppe empor;
die beiden Königinnen, Kriemhild und Brunhild, kom-
men vor der Kirchentüre in zornigen Streit über die
Mannestüchtigkeit ihrer Gatten. Nur aufblitzend
sehen wir wie durch Guckkasten in die schicksals-
schwere Verknüpfung des Kommenden. Ein "Wikin-
gerschiff wiegt sich in den Wellen, die kalte Island-
burg dämmert aus dem Dunkel, die hehren Frauen-
gestalten bewegen sich sorgend und eifernd im Stie-
genhaus.

Diesen kurzen Episoden fügt sich auf der anschlie-
ßenden geschlossenen Wand das zaubervolle einheit-

Streit der Königinnen

liehe Bild der Freude, des Glückes und der Liebe an.
Oben in der Halle sitzen die Sippen der Nibelungen
beim Hochzeitsmahl. Siegfried mit Kriemhild, zwei
wundervolle Gestalten voll Kraft und Anmut, sind
vorgetreten an die Altane und blicken hinab in den
Hof, wo eben ein Lanzenstechen im Gange ist. Ein
buntbewegtes Bild voll blühenden Lebens und doch
von fast heraldischer Klarheit: Aus den Fenstern und
Lauben schauen Männer und Frauen, und im Hofe
bewegen sich Ritter. Knappen und Spielleute.
Auf der dritten Seite, auf den schmalen Fenster-
pilastern, gehen wieder in einzelnen Ausschnitten die
fortschreitenden Geschehnisse in ihrer verhängnis-
vollen Verknüpfung weiter. Man reitet zur Jagd in
den Spessart. Ein Jäger bläst ins Horn, Brunhild
blickt von der hohen Altane nach den Verschworenen,
während Kriemhild ahnungsvollen Abschied von
ihrem Gatten im Treppenhaus nimmt, den unten
schon auf tänzelnden Pferden der schwarze Hagen
und der lichte Gunther erwarten. Gleich daneben
der schrille Ton des Entsetzens: Kriemhild findet die

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