Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 57.1941-1942

DOI Artikel:
Möhle, Hans: Plastik von Silvie Lampe-v. Bennigsen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.16490#0167

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
B Kunstblbllothek
Staatliche Museen

Silvie Lampe-v.Bennigsen. Engelpult

Magdeburg und Naumburg haben
Wunder vollbracht in der echt kör-
perlich-plastischen Gestaltung von
Geist und Seelentum. Deutscher
Geist hat sich zwar häufiger in den
körperloseren Künsten klassisch
manifestiert als in der Skulptur:
wo aber deutsche Plastik wahrhaft
groß war, stand sie vor der uner-
schöpflichen Aufgabe, das Seelische,
das im Leib steckt, herauszureißen,
wenn man diese Variation des be-
rühmten Dürerwortes von der
Schönheit, die in der Natur stecke,
einmal wagen darf. Diesem Ziel
strebt auch Silvie Lampes Kunst
zu. Sie geht aus von der mensch-
lichen Leiblichkeit. In ihren frü-
heren "Werken gibt es Akte, die das
Blühen leibhaften Daseins zum
Thema haben: später tritt das Akt-
thema, ohne das ein moderner Bild
hauer undenkbar scheint, zurück
hinter der Formung des mensch-
lichen Antlitzes und symbolkräfti-
ger Gestalten: an die Stelle des sehr
leibhaften Steins treten andere Ma-
terialien, welche die Schwebungen
der Seele und symbolische Zeichen
im Sinne der Künstlerin besser
wiederzugeben vermögen: außer
Terrakotta und Bronze immer wie-
der das Holz.

Die Seele des Menschen, und vor
allem des künstlerisch gestalten-
den, offenbart sich in der Begeg-
nung mit dem Nächsten. Silvie
Lampes Kunst wächst in besonde-
rer Weise aus dem Erlebnis der
Begegnung. Sogar ihre Bildnis-
köpfe könnte man fast Zwiege-
spräche nennen, so sehr sind sie
einem Gegenüber zugeordnet. Die
im tiefsten Sinne weibliche und
doch nicht sentimentale, mütter-
lich und doch ganz jung empfin-
dende Künstlerin formt aus liebe-
vollen Zwiegesprächen ihre Bild-
nisse. Die Begegnungen der Künst -
lerin mit Menschen werden zu Er-
lebnissen und führen über die For-
mung des Bloß-Individuellen hin-
aus zu verallgemeinernder sym-
bolkräftiger Gestaltung des Seeli-
schen und Geistigen überhaupt. Die
Köpfe ihrer Kompositionen dagegen
muten zuweilen wie Selbstbildnisse
an; der einzelne „Kopf der Maria'4
ist dafür besonders bezeichnend.
Herbe, nach innen gekehrte Beife.
zwar nicht asketischen, aber geistig
gehaltenen Frauentums. das will
dieser schöne Kopf sagen. Übrigens
ist er in Ton wie ein Topf oder

80
 
Annotationen