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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 57.1941-1942

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Pfleiderer, G.: Jacob Wilhelm Fehrle
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https://doi.org/10.11588/diglit.16490#0266

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derbar subtilen Spiel der Hände im Einzelfall mehr 1914 in Paris verbracht und gestalteten sich zum stark-
in das Seelische hinein, als die Formung des Gesichts sten Erlebnis. Die Werke Lehmbrucks, mehr aber
es darzustellen erlauben würde. Mit äußerstem Fein- noch die bahnbrechenden Schöpfungen Maillols waren
gefühl und genialer Hand werden Gewänder und es, die Begeisterung auslösten und dieser Epoche das
Tücher, Knoten und Falten im kompositorischen Auf- geistige Gepräge und der Zukunft des Bildhauers
bau, wie auch zur Betonung oder Abschwächung wichtigste Grundlagen auf den Weg gaben. Nur mit
sinnlicher Beize verwendet. Gänzlich in den Bezir- Mühe und unter Verlust des Geschaffenen gelang es
ken der Muse befangen, erfüllt sich ein Schöpfungs- bei Ausbruch des Weltkriegs dem jungen Deutschen,
leben, in dem kaum ein Schatten sichtbar ist und von aus den französischen Landesgrenzen herauszukom-
dem dies einige äußere Requisiten sein mögen, die men und zur Fahne seines Regiments zu eilen. Nach
zur inneren Seite ihr Verhältnis haben. vier schweren Jahren an der Westfront gab ihm die

Fundiert ist die Kunst Fehries durch gediegenste Heimat wieder Zuflucht. Seitdem erwächst Jahr um
handwerkliche Leistung und Berufsauffassung. Man Jahr das große Friedenswerk, das den frisch und
sieht es den Figuren, selbst den nur abgebildeten an, energisch arbeitenden Künstler auch heute wieder
wie sehr nicht allein Gesetz und Regel der Form, vor große Aufgaben stellt, deren Lösung wir mit
sondern auch technisches Können solchen Erfolg Spannung entgegensehen,
garantieren müssen. Jede Handlung wächst
aus angeborenem, ausgeprägtem Verantwor-
tungsbewußtsein heraus. Dieses hat den
..Zünftigen" auch bald dazu getrieben, das
Sprachmittel der dreidimensionalen Schöp-
fung bis zur äußersten Konsequenz auszu-
nützen und von einer mehr skizzenhaften,
„malerischen'' und aufgeflockten Oberfläche
zur glatten, schärfer konturierten überzu-
gehen. Es geschah in der Erkenntnis, daß nur
so die Wahrheit ganz gesagt und jeder Un-
klarheit mit eiserner Folgerichtigkeit begeg-
net werden könne und müsse. In diesem für
viele Plastiker bezeichnenden, wenn auch für
die innere Größe einer Kunst gar nicht so
entscheidenden Entwicklungsgang liegt etwas
Zwingendes, Unwiderlegbares, dem der Ehr-
geiz des „fachmännisch" überlegenden und
empfindenden Bildhauers anscheinend kaum
zu- entrinnen vermag. Das scharfe Auge sieht
in der Wahrheit auch die Schönheit und will
deren letztmöglichen dokumentarischen Be-
weis, ein Bestreben, das sich übrigens auch in
den bedeutenden Bildnisbüsten offenbart, die
in großer Zahl entstanden sind. Das schon im
Jahre 1925 vollendete Porträt des bekannten
Ellwanger Malers Karl Stirner soll im Rahmen
dieser Veröffentlichung wenigstens von dem
unerhörten Grad der Darstellungstreue eine
Vorstellung geben, der schon damals erreicht
worden ist.

Der Professor der bildenden Künste Jakob
Wilhelm Fehrle ist am 27. November 1884
in Schwäbisch-Gmünd, einer im oberen Rems-
tal gelegenen früheren Reichsstadt, geboren.
Der beschaulichen, in ihrem Charakter pro-
vinzial und vergessen anmutenden alten Kul-
turstätte ist der Künstler trotz mancher Ver-
lockungen sein Leben lang treu geblieben;
dort steht auf dem Berg, von herrlichen Gärten
umgeben, sein schönes, modernes Haus und
sein neuzeitliches Atelier. Die Laufbahn als
Bildhauer begann der Meister in Berlin. Er
setzte sie drei Semester lang in München fort
und versuchte sich —erstmals selbständig —vom
Herbst des Jahres 1909 ab inRom,wo die Arbei-
ten Hallers entscheidenden Einfluß ausübten.

GlücklicheKünstlerjahre wurden von 1911 bis ■>■ w- Fehrle- F,ora- Farbiger Stuck

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