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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 8.1910

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Heft 1
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Bernoulli, Rudolf: Kunstausstellungen: Werkstätten für Friedhofskunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.3548#0078

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ohne aktiven Anteil an der
Herstellung von Grabsteinen
genommen zu haben. Dagegen
hat Architekt Prof. Franz Seeck
ausserordentlich einleuchtende
Beispiele ausgestellt. Man
fühlt, dass er sich schon lange
und intensiv mit dem Problem
des einfachen Grabsteines be-
schäftigt hat. Klare Disposition,
ruhige, auf das Einfachste und
Wirksamste reduzierte For-
men, delikate Verwendung des
Schmucks finden wir bei allen
seinen Entwürfen. Er liebt
gedrängte, etwas untersetzte
Formen, die das architekto-
nische Prinzip deutlich zum
Ausdruck bringen. Weicher
und zierlicher sind die Steine
der Bildhauer Amberg und
Schmarje mit ihrer vorwiegend
auf das Plastische ausgehenden
Dekoration, die die ruhige
Steinform angenehm belebt.

Die klassische Ausdrucks-
weise der antiken Grabreliefs
hat in Constantin Starck einen
tüchtigen Vertreter gefunden;
an griechische Vorbilder ge-
mahnen auch die originellen
Entwürfe des Architekten Paul
Thiersch und die etwas kühlen

und vornehmen Grabmäler des Regierungs-Baumeisters
Lahrs. An die Formen des ausgehenden Barock knüpft
der Architekt Hans Bernoulli an, ohne indessen die Stil-
formen jener Zeit wieder aufwärmen zu wollen. Seine
schlanken, hin und wieder preziösen Steine entsprechen
dem Temperament jener Zeit mehr aus einer inneren
Verwandtschaft heraus. Ähnlich, aber gedrungener und
bäuerlicher erscheinen die Entwürfe des Architekten
Heinrich Schweitzer. Die klassizistische Zeit hat ebenfalls

K. BERNOULLI, GRABSTEIN

WERKSTÄTTEN

Schule gemacht: Die Archi-
tekten Walter Sakur und Hans
Edward Linder gehen auf sie
zurück. Stark an Messeische
Entwürfe erinnernd, mehr in
den Motiven als in der Qua-
lität, sind die Steine der Ar-
chitekten Max Landsberg und
E. Schmohl (in der Firma Sa-
linger und Schmohl). Zum
Schluss mögen die Modelle der
Bildhauer Hans Krückeberg
und Ernst Barlach angeführt
werden, die im Verein mit
einer dazu geschaffenen Archi-
tektur recht bedeutende Wir-
kungen versprechen.

So einigen sich die verschie-
densten Strömungen in den
Prinzipien und deuten zu-
gleich die Fülle der Möglich-
keiten an, die auch den ein-
fachsten Grabsteinen in ein-
heimischem, echten Material
offen stehen.

Nun fehlt nur noch ein
Friedhof in Berlin, in dem
diese Steine auch zur Wir-
kung kommen können, ohne
von brutalen Nachbarn über-
tönt zu werden. Aber es ist
doch ein erfreulicher Anfang
für Berlin, ein Zeichen, dass die
Sonderausstellung „Grabsteinkunst" des kgl. Kunstge-
werbe-Museums in Berlin vom Sommer 1908 nicht ganz
spurlos vorübergegangen ist. Und wer weiss: vielleicht
sind auch die massgebenden Männer in Berlin bald auf
dem Grässelschen Standpunkte angelangt und schaffen
auch in Berlin einen Boden für neue Grabmalskunst. An
gutem Willen hat es ja nie gefehlt; jetzt ist auch die
Erkenntnis und ihre rücksichtslose Durchführung kein
Ding der Unmöglichkeit mehr.

FÜR KRIKDHOI'SIvUNST, BERLIN

«•

^ürich. — Beim Verkauf der Sammlung A. Hummel,
wurden die folgendenbemerkens werten Preise erzielt.
1. Gemälde: Adriaen Brouwer, Sittenbild 11700 Fr.;
ein Kinderporträt von Chardin, 4500 Fr.; Benj. Cuyp,
5200 Fr.; Van Dyck, Maria Magdalene, 38500 Fr.;
desselben Künstlers Bildnis der Marchese Spinola,
32000 Fr.; Rembrandt, Anbetung der drei Könige,
10500 Fr.; Raphaels Heilige Familie, 12000 Fr.; Velas-
quez, Marter des heiligen Quiriacus, 40000 Fr.; Vermeer
van Delfft: Selbstporträt 13000 Fr. 2. Kunstgewerbe:
ein Mörser von Donatello, 6700 Fr.; ein grosses Schreib-
zeug aus dem 17. Jahrhundert, 8900 Fr.; vier unter-

einander verwandte italienische Bronzen: der Friede,
Merkur, Athene und Apollo, je 4400 Fr.; eine Repro-
duktion in Bronze nach dem „Tag" von Michelangelo,
vermutlich von Tribolo, 6800 Fr.; eine marmorne Maria
mit dem Kinde aus dem 16. Jahrhundert, 5600 Fr.;
ein reich verzierter und vergoldeter Kiummstab aus
Elfenbein, 3200 Fr.; eine grosse Communionbank aus
Haag von dem Schnitzer Xavery, 18. Jahrhundert,
5000 Fr.; ein Bronzeabguss des Selbstbildnisses Peter
Vischers von Sebaldusgrab, 3600 Fr. Dieses ist natür-
lich nur eine Stichprobe. Der Katalog zählte ja etwa
1600 Kunstgegenstände.

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