da es schon weit nach Mitternacht war, fortge-
gangen, auch im reichen Saal hurten wir nur noch
einige Sesshafte weitere Bestellungen machen und
schwache Unterhaltungen mit den beiden Kellne-
rinnen führen.
Da wollte Strathmann, wie so oft, noch einige
Stimmung in den angebrochnen Abend bringen,
und zog all seine Register auf. Er deklamierte und
sang durcheinander seine sämtlichen Verse von
der „englischen Miss" an bis zum Fusellied und zum
Schluss gab er ein ganz neues zum Besten:
Wenn uns einst im Leben
Sorgen umschweben,
Denke ich mit Wonne
An Italiens Sonne.
Denn dort ist's wie bekannt,
Wo meine Wiege stand
Mein Hei-Hei-Heimadand.
Brühwärschtchen ahmte den Klang des Tam-
burins nach und in der schwachen Helle des einen
Gaslichtes konnte man sich halbwegs in Italien
hineinversetzt fühlen.
Ich schob ihm einen Teller zu und forderte
ihn auf, im reichen Saal einsammeln zu gehen.
Wir hörten den Klang des Metalls beim Fallen
auf den Teller und zurückkommend nahm er aus
der Nickelmasse ein Markstück heraus und sagte
triumphierend: „Das hat Sigl gegeben". Dann
trug er den ganzen Erlös an das Büffet und bekam
dafür noch eine ganz ansehnliche Marke Rheinwein.
In mir tauchte die ganze Erinnerung jener
ersten Akademiejahre wieder auf und da die beiden
Andern erst später nach München gekommen
waren, erzählte ich ihnen die ganze Geschichte.
„Er muss doch ein ganz gemeiner Kerl und ein
elender infamer Preussenhasser sein", schloss ich
meinen Vortrag.
Wenn Strathmann eine Meinung als falsch
bekämpfen wollte, so sagte er zuerst ganz stereotyp:
„Unsinn". So auch jetzt, wobei er das „s" lispelnd
auseinanderdehnte; hierauf folgte dann erst seine
Erklärung:
„Ich bin mit Dr. Sigl sehr befreundet; im
Gegenteil, seine Redakteure sind zwei krummnasige
echte Berliner und seine Mätresse ist ebenfalls
eine Berlinerin."
„Na denn Prost!" sagte ich und wir stiessen
mit dem vom Erlös der Lieder gestifteten Wein an.
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gangen, auch im reichen Saal hurten wir nur noch
einige Sesshafte weitere Bestellungen machen und
schwache Unterhaltungen mit den beiden Kellne-
rinnen führen.
Da wollte Strathmann, wie so oft, noch einige
Stimmung in den angebrochnen Abend bringen,
und zog all seine Register auf. Er deklamierte und
sang durcheinander seine sämtlichen Verse von
der „englischen Miss" an bis zum Fusellied und zum
Schluss gab er ein ganz neues zum Besten:
Wenn uns einst im Leben
Sorgen umschweben,
Denke ich mit Wonne
An Italiens Sonne.
Denn dort ist's wie bekannt,
Wo meine Wiege stand
Mein Hei-Hei-Heimadand.
Brühwärschtchen ahmte den Klang des Tam-
burins nach und in der schwachen Helle des einen
Gaslichtes konnte man sich halbwegs in Italien
hineinversetzt fühlen.
Ich schob ihm einen Teller zu und forderte
ihn auf, im reichen Saal einsammeln zu gehen.
Wir hörten den Klang des Metalls beim Fallen
auf den Teller und zurückkommend nahm er aus
der Nickelmasse ein Markstück heraus und sagte
triumphierend: „Das hat Sigl gegeben". Dann
trug er den ganzen Erlös an das Büffet und bekam
dafür noch eine ganz ansehnliche Marke Rheinwein.
In mir tauchte die ganze Erinnerung jener
ersten Akademiejahre wieder auf und da die beiden
Andern erst später nach München gekommen
waren, erzählte ich ihnen die ganze Geschichte.
„Er muss doch ein ganz gemeiner Kerl und ein
elender infamer Preussenhasser sein", schloss ich
meinen Vortrag.
Wenn Strathmann eine Meinung als falsch
bekämpfen wollte, so sagte er zuerst ganz stereotyp:
„Unsinn". So auch jetzt, wobei er das „s" lispelnd
auseinanderdehnte; hierauf folgte dann erst seine
Erklärung:
„Ich bin mit Dr. Sigl sehr befreundet; im
Gegenteil, seine Redakteure sind zwei krummnasige
echte Berliner und seine Mätresse ist ebenfalls
eine Berlinerin."
„Na denn Prost!" sagte ich und wir stiessen
mit dem vom Erlös der Lieder gestifteten Wein an.
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