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6 t S,
ALCIDE LE BEAU, SITZENDE JUNGE FRAU. AQUAREIX
lieh ein bisschen zusammennehmen, und dieser
Zwang, der ihn umkreist, gereicht ihm zum Vor-
teil. Doch es giebt da auch andere Dinge.
Berlin ruht nie, und köstlich ist das. Jeder er-
wachende Morgen bedeutet einen neuen angenehm-
unangenehmen Überfall aufs Behagen, und das
thut ihm gut, dem Bequemlichkeitssinn. Der Künst-
ler besitzt, ungefähr wie das Kind, einen ange-
bornen Hang zur schönen, edlen Faulpelzerei.
Nun, in dieses Faulenzertum, in dieses Königtum,
weht immer wieder frischer Ansporn-Sturmwind.
Ins stille feine Wesen fährt das grobe, laute und
unfeine. Es verwischt sich da stets etwas, und das
ist gut, es ist Berlin, und Berlin ist ausgezeichnet.
Der gediegene Provinzmensch soll nur ja nicht
glauben, dass es hier in der Grossstadt nicht auch
Einsamkeiten giebt. Es giebt in der Weltstadt Ein-
samkeiten schauervoller Art, und wer Lust hat,
von diesem erlesenen Gericht zu essen, der kann
sich hier satt essen. Er kann dann erleben, was es
heisst, in Wüsten und Einöden zu leben. Der
grossstädtische Künstler hat Gelegenheit in Hülle
und Fülle, niemanden zu sehen und zu sprechen.
Er macht sich ganz einfach in der Welt, die den
Ton angibt, unbeliebt, oder aber, er versteift sich
durchweg auf Misserfolge, und im Nu sinkt er in
die herrlichste, in die blühendste aller Verlassen-
heiten hinab.
Der Künstler, den die Erfolge krönen, lebt in
der Grossstadt wie in einem bezaubernden Morgen-
land-Traum. Er schiebt von einem vornehmen
Haus ins reiche andere, er setzt sich, ohne sich
lange zu besinnen, an die üppigen Esstische und
macht kauend und süffelnd Unterhaltung. Wie
im Rausch lebt er dahin. Und sein Talent? Lässt
solch ein Künstler denn sein Talent liegen? Welche
Frage! Als wenn man sich so ohne weiteres seiner
Begabung entledigen könnte. Das Gegenteil. Un-
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6 t S,
ALCIDE LE BEAU, SITZENDE JUNGE FRAU. AQUAREIX
lieh ein bisschen zusammennehmen, und dieser
Zwang, der ihn umkreist, gereicht ihm zum Vor-
teil. Doch es giebt da auch andere Dinge.
Berlin ruht nie, und köstlich ist das. Jeder er-
wachende Morgen bedeutet einen neuen angenehm-
unangenehmen Überfall aufs Behagen, und das
thut ihm gut, dem Bequemlichkeitssinn. Der Künst-
ler besitzt, ungefähr wie das Kind, einen ange-
bornen Hang zur schönen, edlen Faulpelzerei.
Nun, in dieses Faulenzertum, in dieses Königtum,
weht immer wieder frischer Ansporn-Sturmwind.
Ins stille feine Wesen fährt das grobe, laute und
unfeine. Es verwischt sich da stets etwas, und das
ist gut, es ist Berlin, und Berlin ist ausgezeichnet.
Der gediegene Provinzmensch soll nur ja nicht
glauben, dass es hier in der Grossstadt nicht auch
Einsamkeiten giebt. Es giebt in der Weltstadt Ein-
samkeiten schauervoller Art, und wer Lust hat,
von diesem erlesenen Gericht zu essen, der kann
sich hier satt essen. Er kann dann erleben, was es
heisst, in Wüsten und Einöden zu leben. Der
grossstädtische Künstler hat Gelegenheit in Hülle
und Fülle, niemanden zu sehen und zu sprechen.
Er macht sich ganz einfach in der Welt, die den
Ton angibt, unbeliebt, oder aber, er versteift sich
durchweg auf Misserfolge, und im Nu sinkt er in
die herrlichste, in die blühendste aller Verlassen-
heiten hinab.
Der Künstler, den die Erfolge krönen, lebt in
der Grossstadt wie in einem bezaubernden Morgen-
land-Traum. Er schiebt von einem vornehmen
Haus ins reiche andere, er setzt sich, ohne sich
lange zu besinnen, an die üppigen Esstische und
macht kauend und süffelnd Unterhaltung. Wie
im Rausch lebt er dahin. Und sein Talent? Lässt
solch ein Künstler denn sein Talent liegen? Welche
Frage! Als wenn man sich so ohne weiteres seiner
Begabung entledigen könnte. Das Gegenteil. Un-
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