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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 8.1910

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Heft 7
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Frey, Adolf: Karl Stauffer-Bern: Rückblicke und Briefe, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3548#0377

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gelesen, das ist mal so aus dem vollen, so v. Künstlers
Gnaden.1 Schliesslich, da ich doch grad im Zuge bin,
sollte man doch diesem # was am Zeug flicken, ein
solcher — — wird in den Stand gesetzt seinem
Jammerwerk, das ordentlich strotzt von Ignoranzen
Trivialitäten Gemeinplätzen, kurz in dem auch nicht
z Worte einen gesunden Sinn haben, wird in den
Stand gesetzt seiner Blosse gleichsam den offiziellen
Stempel aufzudrücken. Das ist so der rechte Weg um
einem jeden frohen Genuss an einer Dichtung oder
einem Werk der bildenden Kunst zu nehmen, die An-
merkungen . . . und solche officielle Kritiken, ob sie
nun was taugen oder nicht, wozu denn immer das
verdammte Gängelband!? Da findet irgend so ein
Held dass in einem Böcklin der Fuss einer Figur ver-
zeichnet oder dass der Feuerbach in seinen Haupt-
werken hinter sich zurückgeblieben sei etc. oder dass
Stückelberger* einen angenehm gemilderten Idealismus
od. Realismus mit sich herumtrage und manchmal von
sich lasse.

[Am Rande: und dem Menschen dem es sonst ge-
fall . . ist der Genuss verdorben, weil er weiss da fehlt
ein F'uss . . . .]

Da wäre es doch viel gescheidter solchem Katalog
als Supplement den
F.ssay von 0. v. Leix-
ner vorzudrucken.
Kennen Sie's: Die
Kunst in 60 Minu-
ten Kunstkenner zu
werden ? ! vorz üglich !
Motto : G ei st es- gegen -
wart ist die Haupt-
eigenschaft des Ken-
ners. Lieber Herr Doc-
tor, warum machen
Sie nicht einem solchen
Parasiten wie dieser
* die Hölle heiss. Sel-
ten hat auf mich etwas
einen deprimirenderen
hindruck gemacht.

Sie schreiben von
Krankheit hojjentl.
wird es so schlimm
nicht sein. Haben Sie
die Jungens geärgert?
Jetzt sind ja Ferien,

* Ernst Stückelberg
(21.ir.1831-14.IX. 1903).
Vergl. Albert Gessler, Ernst
Stückelberg. Basel 1904. leopold von kalckreuth, onkel anders

da geht man ins Gebirg nur ich, ich gehe aus diesem
Sandhaufen nicht raus bis ich wenigstens z mensch-
liche Studien gemalt habe. In die Schweiz werde ich
wenn nichts passirt so schnell nicht kommen, aber
wenn ich komme dann steige ich entschieden bei
Ihnen ab und sollte es für noch so kurze Zeit sein.
Gestern haben wir den Abschied Max Klingers ge-
feiert, der nach Paris geht, Sie kennen doch Sachen
von ihm, der genialste eigenartigste unter allen jungen
deutschen Malern der hat viel von Böcklin eine gran-
diose Phantasie, wir haben ihn flott weggeschwemmt
bei Dressel, Prell, Bracht Klinger, Schirm, Koch, Röch-
ling und meine Wenigkeit. Von allen Malern hier
interessirt mich nur Menzel, er ragt haushoch über
alles was sonst geleistet wird und ich glaube dass er
für das 19. Jahrhundert das ist was z. B. Rembrandt
seiner Zeit war. od. Michelangelo, ich stehe vor diesem
Titanen, (er ist zwar nur 4 Fuss hoch) immer wie
ein Schuljunge so unfassbar ist mir diese Stufe der
Vollkommenheit nicht nur des Könnens in künstlerischer
Hinsicht, sondern des Caracters der Willenskraft, der
prüft einem die Nieren und die Herzen, da giebt es
kein X für ein U, er ist eigentlich gar kein Mensch
da fängt entschieden der Halbgott an. Jetzt habe ich

Sie lange genug mit
meinemChrausimausi*
geplagt und empfinde
christliches Mitleid mit
Ihnen, so dass ich auf-
höre. Haben Sie noch-
mals herzlichsten Dank
für Ihre Liebenswür-
digkeit und empfeh-
len Sie mich Ihrer
hochgeehrten Frau Ge-
mahlin. Bevor die
nächsten 7 Jahre um
sind hoffe ich doch
noch mal eine Nach-
richt von Ihnen zu
bekommen. Bis dahin
wartet in Geduld

Ihr aufrichtig er-
gebener Freund

K. Stauffer.
Berlin Victoriastr. iS.

* Chrausimausi -
Durcheinander.

(Fortsetzung folgt)

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