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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 8.1910

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Heft 11
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Fechter, Paul: August Seidel
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https://doi.org/10.11588/diglit.3548#0576

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AUGUST SEIDEL, OBERBAYRISCHE HOCHEBENE

vollkommen einsge-
worden, ist das Er-
lebnis so intensiv
gestaltet, dass man
von der Münchner
Ateliertradition, die
in den ausgeführten
Arbeiten dominiert,
nichts mehr ver-
spürt und nur noch
den Reiz des Per-
sönlichkeitsaus-
drucks, getragen
von dem Respekt
vor den Dingen
empfindet.

Zwei Faktoren
hauptsächlich haben
diesen Skizzen ihr
Gepräge gegeben: die Holländer und Constable. Wie
die meisten Münchner Landschaften des Jahrhunderts,
ist Seidel von der Landschaft, vor allem Ruisdaels,
namentlich in seinen Anfangen stark beeinflusst wor-
den. Dazu kommt die Einwirkung Rottmanns, dessen
Wesentliches von Seidel bevvusst fortentwickelt wurde.
Diese Einflüsse aber treten in den Hintergrund gegen-
über dem John Constables. Es ist mir leider bisher
nicht möglich gewesen, Authentisches über die Be-
ziehungen August Seidels zu Constable zu erlangen:
das einzige ist eine Erinnerung des Sohnes, wonach
er von Constable stets nur mit der grössten Hoch-
schätzung gesprochen hat. Sicherlich aber hat Meier-
Graefe recht mit der Behauptung, dass August Seidel,
als er in den vierziger und fünfziger Jahren seine
„glänzenden Naturstudien" malte, unzweifelhaft Ar-
beiten Constables
gesehen hatte. Wer-
ke wie die „Sand-
grube" oder die
„Windmühle" in
der Sammlung des
Münchner Ober-
lehrers Lothar Mei-
linger, eines Freun-
des von Seidel, der
eine Menge seiner
schönsten Skizzen
besitzt, sind, bei aller
Selbständigkeit und
sicheren Freiheit,
ohne Constable

schwer denkbar.
Und zwar muss eine
direkte Berührung
stattgefunden ha-
ben : die Vermitt-









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AUGUST SEIDEL, HOCHGEBIR.GSLANDSCHAFT

lung über Fontaine-
bleau reicht hier
nicht aus. Die In-
tensität der An-
schauung, wie die
Energie der farbi-
gen Organisation,
der ganze Rhyth-
mus ist dem Con-
stableschen Arbei-
ten zu verwandt, als
dass man an eine be-
ziehungslose Ent-
stehungnuraus ähn-
lichen Bedingungen
glauben könnte. Sei-
del ist verschiedent-
lich gereist, in
Deutschland, auch
nach Italien; so ist es wohl möglich, dass er irgendwo
mit dem Engländer in Berührung gekommen ist. Jeden-
falls hat er unter den Münchnern am bewusstesten die
Arbeit Constables aufgenommen und fortgebildet. Man
hat Eduard Schleich wohl den „bayrischen Constable"
genannt: vor den Skizzen Seidels, der weitaus kraft-
voller und eindringlicher die Besonderheit des Berghoher
Müllersohns erfasste, wird man geneigt sein, den Ehren-
titel eher für Diesen in Anspruch zu nehmen.

Die Zahl der Werke August Seidels ist sehr gross:
„Die Arbeit — so berichtet sein Sohn — ging ihm ausser-
ordentlich leicht von der Hand; er schrieb gewisser-
massen sicher und rasch Das auf die Leinwand, was er
zur Darstellung bringen wollte." Eine der schönsten
Sammlungen ist die bereits genannte des Oberlehrers
Meilinger, aus der auch die kleine Gewitterlandschaft

der Pinakothek her-
stammt. Weitere
schöne Arbeiten be-
sitzt Okonomierat
Seidel in München,
ein Sohn des Ver-
storbenen, desglei-
chen andere Ver-
wandte und Freun-
de. Es sind meist
Skizzen kleinen For-
mats, in denen die
Beziehungen zu
Constable neben de-
nen zu den Nieder-
ländern am klarsten
zu Tage treten. Die
spezitisch münchne-
rische Seite August
Seidels, offenbart
sich am meisten in

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