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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 32.1933

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Technau, Werner: Archäologische Bemerkungen zur Mostra d'arte antica in Rom
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https://doi.org/10.11588/diglit.7617#0038

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Archäologische Bemerkungen zur Mostra d'arte antica in Rom

von WERNER TECHNAU

Die italienische Kunstverwaltung zeigt zur Zehnjahresfeier des faschistischen Regimes
die Neuerwerbungen der staatlichen Sammlungen und die Funde aus den archäologischen
Ausgrabungen. Während die Werke neuerer Kunst durch gelegentliche Stiftungen und
Ankäufe zusammengekommen sind, spürt man in der antiken Abteilung die bestimmte
Tendenz zur systematischen Aufhellung der ethnischen Ursprünge des Volkes und zur
tieferen Einsicht in die Problematik der römischen Kunst. Man erkennt das einheitliche
Bild einer Forschung, die sich von der klassizistischen Kunstbetrachtung loslöst, um eine
neue Auffassung der geschichtlichen Wirklichkeit und eine neue Erkenntnis der kunst-
geschichtlichen wie künstlerischen Struktur der Dinge aufzubauen. Daher überwiegt das
Römische und das VorrömischTtalische. Das Griechische wird jetzt, aber nicht etwa nur
aus wissenschaftlichen oder ästhetischen, sondern aus völkischen Gründen, in der kultu-
rellen Deszendenz Italiens weniger betont. Aber da die griechischen Werke immer noch
die edelsten Kunstwerke sind, — warum soll man da nicht das kostbare Erbgut aus den
Griechenstädten Unteritaliens und Siziliens und aus Kyrene mit in die nationale Kultur-
ideologie hineinnehmen: Schließlich hat Rom laut ausdrücklichem, auf der Mostra ge-
zeigtem Testament des Ptolemaios Neoteros Kyrene geerbt, und man darf nicht ver-
gessen, daß ein großer Teil Italiens immer griechisch war. So liegt also die einzigartige
Bedeutung dieser Ausstellung vor allem darin, daß sie trotz der Besonderheiten der
wissenschaftlichen und politischen Situation eine seltene Synopse des kunstgeschichtlichen
Tatbestandes auf der italischen Halbinsel gibt.

Einen Teil der ausgestellten Gegenstände wundert man sich auf einer Mostra d'arte zu
sehen. Es sind vorgeschichtliche Fundstücke, Zeugnisse der anikonischen Schicht, die ja
in Italien erst langsam durch östlichen Import und lokale Nachahmung, durch Einwande-
rung und Völkerverschiebung von dem darstellenden Stil abgelöst wurde. Denn nicht
die reine Form der bildlichen Darstellung, nicht Kunst im eigentlichsten Verstände als
eine eigengesetzliche zweite Wirklichkeit, wie sie die Griechen geschaffen haben, war
den Italikern gegeben. Hier hat Kunst eine andere Wurzel. Sie ist hier kein Urphäno-
men, sondern das Produkt der Bildung. Das beweisen die ausgestellten Grabfunde aus
Etrurien, Picenum und Apulien. An dieser Kultur ist Produktion und Formenwelt vieler
Länder beteiligt. Der Anteil welcher Länder, und was Italien daraus gemacht hat, wird
auf der Mostra sichtbar. — Nur die schönsten Stücke seien hier genannt:
Die Mostra zeigt Griechische Kunst aus Sizilien: Löwenköpfe als Wasserspeier vom
Gebälk des dorischen Tempels in Himera, aus Kyrene: Marmorkopf einer Göttin mit
Diadem, Bruchstück aus einem Giebel. Beides erlesene Werke des strengen Stils zwischen
480 und 460, beides Werke sizilischer Künstler.

Römische Kopien nach griechischen Siatuen: eine vorzügliche hadrianische Replik des
Münchener Diomedes aus Cumae, die das Original aus dem fünften Jahrhundert erst
recht anschaulich macht.

Alexandrinische Kunst aus Kyrene: das Bildnis des jugendlichen Ptolemaios II. Philadelphos
mit den weichen Zügen des Genießers, technisch interessant, weil das Haar ehemals
angestuckt war, und das unheimlich lebendige Köpfchen der berühmten Berenike.
Etruskische Bronzen, attische, korinthische und spartanische Vasen, großgriechische und
jonische Terrakotten, nordischen Bernstein und ägyptische Fayence.

Vor allem aber wird das Resultat dieses langen künstlerischen Bildungsganges, die
römische Kunst, vor Augen geführt. Neben den schönen Glas- und Silbergefäßen die

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