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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 32.1933

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Heft 2
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Walram: Anekdoten aus dem Wackerprozeß
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K.D.W.
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https://doi.org/10.11588/diglit.7617#0082

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jungen Tänzer die wertvolle Sammlung anvertraute, hätte er sich informieren sollen, bei
seinem Rechtsanwalt etwa; hätte dieser dann versichert, „Wacker-prima , so hätte er
sich in eine Geschäftsverbindung einlassen dürfen.

Die Haussuchung in Düsseldorf bei Leonhard Wacker wurde, wie dieser erzählte, mit
größter Sachunkenntnis vorgenommen. Der Kriminalbeamte zeigte auf ein altes, zur Re-
stauration übergebenes Bild und wollte es beschlagnahmen: „is dat nu Fan Joch:" Auf
L. W.s Ersuchen hin wurden die Museumsbeamten hergebeten. Hiner von ihnen sagte „im
Expertisenton", der „Sämann" und das „Kornfeld mit Mähern" seien echt und eigen-
händig. Frage des Vorsitzenden: „war der Kriminalbeamte echt':" Antwort: „er bewachte
mich!"

Erfolglos interessierte sich das Gericht für die Frage, wie es möglich gewesen sei, eine
so große Anzahl von Bildern unangefochten über die Grenze zu bringen. „Bestanden",
fragte der Präsident endlich, „intime Beziehungen zwischen dem Russen und den jewei-
ligen Zollbeamten:" Man muß Holländer sein, wurde behauptet, um über Van Gogh zu
urteilen. „Das hat mit Xationalismus gar nichts zu tun. Wir Holländer sind die reinste
Rasse der Welt" (Bremmer).

Den klarsten Vorteil aus den technischen Diskussionen erblickte Wacker und erklärte,
er müsse die von ihm in der Vorinstanz als falsch bezeichneten Bilder nunmehr für echt
halten, da sie die gleichen objektiven Merkmale aufwiesen wie die von dem größten
Kenner Bremmer stilkritisch als echt bezeichneten!

„Nächstens", sagte der überaus langmütige Vorsitzende bei einer ähnlichen Gelegenheit,
„werden wir den Verkehrsschupo an der nächsten F.cke fragen, welche Bilder er für echt
hält!*

W.s Freund und Angestellter erzählte, er habe, als er nach langer Entfremdung in W.s
Dienste trat, diesem ein Darlehen übergeben, ohne ihm zu verraten, daß es sich um
seine eigenen Ersparnisse handelte. Warum er dies verschwiegen habe, wollte das Ge-
richt wissen. „Sie waren noch nicht so recht warm geworden''" fragte ein Beisitzer.
Das Darlehen war in den Büchern nicht vermerkt. „Aus Zartgefühl oder wegen dem
Steuereinnehmer'-" erkundigte sich ein Richter. „Es konnte eingebrochen werden."
„Glauben Sie, daß Einbrecher sich mit Bücherrevision beschäftigen':"
Xach einer mehrtägigen Verhandlungspause in Berlin eintreffend, fanden die holländi-
schen Experten in der Hotelhalle bereits W.s Anwalt vor. Darauf wurde er in Moabit
von dem juristischen Dolmetscher befragt: „Sie wollten wohl den Abfall der Nieder-
lande verhindern':"

K. D. W.

Gelegentlich seines fünfundzwanzigjährigen Bestehens hat das „Kaufhaus des Westens"
eine Festschrift herausgegeben, deren reicher Tiefdruck - Bilderschmuck auch die Auf-
merksamkeit der Kunstfreunde verdient: wegen der Impression von großstädtischer Be-
wegung, die davon ausgeht, wegen der heiteren Ideenfülle im Reklamehaften, wegen
dessen, was darin gleichnishaft für das Leben des neuen Berlin ist. Wir bilden eine
Schaufensterdekoration ab: das Innere eines Eisenbahnwagens, eine Reklame für die
Reisezeit, in der ein gutes Stück geistvoll geschickter Inszenierungskunst steckt und
die mit ihrem Marionettenspiel sowohl bildmaßig wie novellistisch lebhaft zu interessieren
weiß. Die Schrift enthält mehrere solcher wohl geglückter, mit Kunstwirkungen anspruchs-
los arbeitender Schaufenster- und Ladentischdekorationen. Daneben kommt vorzüglich
die Fülle, der Überfluß eines solchen Warenhauses zum Ausdruck. Auf diese Schrift ist
nicht weniger Phantasie verwandt, als auf ein gutes Kunstbuch.

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