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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 32.1933

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Heft 3
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Post, Hermann: Neues aus Amerika
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https://doi.org/10.11588/diglit.7617#0130

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Neues aus Amerika

von DR. HERMANN POST (New York)

Zum 100. Geburtstag Manets führte der Curator of Prints in der New York Public Library
Manets graphisches Werk vor. Es waren nicht nur die bekannten Blätter zu sehen, son-
dern auch Probedrucke eines noch nicht publizierten Titelblattes zu den „Eaux Portes",
Titelblätter zu Musikstücken und Karikaturen auf Manet. Mitausgestellt war der Jahr-
gang 1903 „Kunst und Künstler" mit der Pariserin (Seite 145 und 178) und Tschudis
Buch über Manet (Verlag Bruno Cassirer).

Von andern Meistern des klassischen Impressionismus waren Renoir und Pissarro bei
Durand-Ruel vertreten. Zeichnungen von Matisse zeigte Pierre Matisse in seiner Galerie
und Radierungen desselben Künstlers Marie Harriman. Bei Pierre Matisse waren auch
schöne Zeichnungen von Maillol ausgestellt; Gipsabgüsse der Hauptwerke Maillols, vom
Künstler überarbeitet, waren bei Brummer zu sehen.

Eine Art Satvrspiel dieser Ausstellungen bildete eine große Veranstaltung der John Levy-
Galleries, die sich „Zurück zu Bouguereau" nannte. Die Kunsthandlung ist nicht zu ver-
wechseln mit der zwar kleineren aber geistig hochstehenden Julien Levy-Gallery. Bou-
guereaus Bilder haben in Amerika einst einen großen Markt gefunden. Sie sind vor-
nehmlich zum Schmuck von „Saloons" (Bierrestaurants'1 verwendet worden. Diese im
Stil üppiger europäischer Lokale „mit Damenbedienung" ausgestatteten „Saloons" waren
in dem damals noch puritanischen Amerika die einzigen Orte, wo die Männerwelt ver-
stohlene Blicke auf weibliche Nacktheit werfen durfte. Aber selbst heute scheinen die
Bilder Bouguereaus für einen Teil des Publikums ihren Reiz nicht verloren zu haben.
Die äußerliche Geschicklichkeit, die Glattheit der Malweise und die „beauty" des Sujets
tun es manchem noch an. Ich hörte eine Dame gerührt dem Geschäftsführer bei Levy
Dank dafür sagen, daß ihr Gelegenheit gegeben worden wäre, endlich einmal wieder
echte Kunst zu sehen.

Drei Hauptwerke dieser Ausstellung gehören übrigens der Sammlung ehester Dale, der
zurzeit wohl größten amerikanischen Privatsammlung von Franzosen des neunzehnten
Jahrhunderts. Eine Zeitschrift brachte neulich eine Plauderei über die ehester Dales.
Frau Dale studierte in Paris Kunst und malt selbst. Herr Dale, der einer Maklerfinna
angehört, hat sich erst 1925 für Kunst zu erwärmen begonnen, als er dem lebhaften
Bieten einer Kunstauktion beiwohnte. Ihn interessiert vor allem „prizelight". Seine
größte Passion aber ist die Feuerwehr. Bei der Feuerwehr seines Distrikts, deren Ehren-
mitglied er ist, verbringt er viel Zeit. Er blieb einmal, als er abends eingeladen war,
so lange dort, daß ein Feuerwehrgespann ihn zur Gesellschaft fahren mußte. Diese
Jugendfrische bis ins Greisenalter ist ein Charakterzug der amerikanischen Männer.
Alte Herren werden nicht müde, des Sonntags in ihrem Garten Fangball miteinander
zu spielen; und der soeben gestorbene Coolidge liebte es, auf der Frontporche seines
Hauses zu sitzen „to watch the cars rolling bv". —

Von Darbietungen deutscher Kunst ist eine ausgezeichnete Ausstellung von Arbeiten Max
Pechsteins in der Gallery van Diemen zu erwähnen. Beachtet wurde von der Presse
eine Sonderausstellung Kandinsky in der Valentine Gallery. Das Museum of Modern Art
erwarb ein Bildnis von Dix, Weyhe kaufte die Figur einer Bäuerin von Barlach.
Sehr beachtet wird hier, daß der englisch-amerikanische Kunsthändler Sir Joseph Duveen
Lord geworden ist und in England einen Sitz im House of Lords einnimmt. Diesem
\organg würde es etwa entsprochen haben, wenn Paul Cassirer vor dem Krieg ins
Herrenhaus berufen worden wäre, unter Verleihung des Herzogtitels.
 
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