Die Nachfolge Bruno Pauls ist vorläufig Hans Poelzig übertragen. Auf einen schlecht
substantiierten politischen Protest hat der Regierungskommissar für das Preußische Kultus-
ministerium geantwortet: schon Moeller van den Bruck habe gesagt, Poelzig verkörpere
den „Preußischen Stil". Dieses Urteil ist dem Minister ausschlaggehend - weil Moeller
van den Bruck von jenen protestierenden Parteien als Verherrlicher des Preußentums
verehrt und viel zitiert wird. Will man den Schriftsteller mit diesem posthumen Ruhm
nicht endlich verschonen: Moeller van den Bruck war ein ernster, ehrlicher, charakter-
voller Schriftsteller von gutem Mittelmaß. Von einem Propheten hatte er schlechterdings
nichts. Daß seinen Schriften Schlagwörter entnommen werden können, stempelt ihn nicht
zum Genie. Lessing und Goethe waren nie Lieferanten von Schlagwörtern. Auch diese
Heroisierung ist zopfig.
■:■
Es ziemt sich, höflich zu sein - so heißt es -, wenn fremde Nationen kollektiv aus-
stellen. Diese Verpflichtung zu einer politisch gefärbten Courtoisie können wir aber
nicht aneikennen, wo es sich um Kunst handelt. Denn die Kunst verbietet alle Halb-
heit. Die Ausstellung neuerer spanischer Kunst in der Galerie A. Flechtheim überzeugt
wieder davon — obwohl Künstler wie Picasso und Juan Gris das Interesse beleben -,
daß solche offiziellen Veranstaltungen notwendig vom Kompromiß leben. Und daß sich
die Nationen mit solchen Austau^chausstellungen gegenseitig nur lästig fallen.
Das Katalogvorwort hat ein Spanier geschrieben. Er spricht — das ist aller Länder
jetzt so der Brauch — nicht von Talenten und Werken, sondern von Richtungen: von
einer „Avantgarde", von einer „völkischen Tradition" und von „neuer Sachlichkeit".
Damit ist gar nichts zu heginnen Ks wirft bestenfalls ein Licht auf die Tatsache, daß
der Kunst heute überall dieselbe Art von theoretischer Problematik eigen ist, und daß
sie darum den Stil, das heißt das Herdenmäßige, mehr betont als persönliche Gestal-
tungskraft.
Etwas anderes noch sei einmal zur Sprache gebracht: es sind die bei solchen Austausch-
ausstellungen für unentbehrlich gehaltenen Ehrenkomitees. Ein Dutzend oder mehr Namen
von Würdenträgern werden gesammelt, die gewissermaßen als Garanten figurieren, sich um
die Ausstellungen sonst aber kaum kümmern, ja sie zuweilen nicht einmal ansehen.
Ehrengreise statt Ehren jungtrauen; Autoritäten und Bonzen! Den Berühmten ist es selber
oft peinlich; doch „sie könne'- sich nicht ausschließen". Deutsche Künstler werden wohl
nächstens einen Gegenbesuch in Spanien machen. KXIer waren sie schon dort?) Dann
gibt es drüben dieselbe gequält offizielle Feier und denselben Spaziergang auf Mittel-
wegen der Kunst.
Wir halten es mit Friedrich von Logau, der gedichtet hat:
„In Gefahr und großer Not
bringt der Mittelweg den Tod."
Das Kaiser-Friedrich-Museuni zeigt — als vierte Sonderausstellung — „Meisterwetke der
Webekunst". Herrliche Stoffe vieler Zeiten und Lander, erläutert durch einen von Doro-
thea Klein vorzuglich gearbeiteten Katalog Eine gute Ausstellung, wenn auch mehr
lehrreich für den sich Bildenden, aU genußvoll für den geschichtslos anschauenden
Kunstmenschen. Wer den Kestand der Berliner Museen nicht kennt, denkt: alle Abtei-
lungen haben ihr Bestes hergegeben, damit einmal ein schönes Ganzes zustande kommt.
Es ist insofern richtig, als die frühchristliche Abteilung, das Museum für Völkerkunde
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substantiierten politischen Protest hat der Regierungskommissar für das Preußische Kultus-
ministerium geantwortet: schon Moeller van den Bruck habe gesagt, Poelzig verkörpere
den „Preußischen Stil". Dieses Urteil ist dem Minister ausschlaggehend - weil Moeller
van den Bruck von jenen protestierenden Parteien als Verherrlicher des Preußentums
verehrt und viel zitiert wird. Will man den Schriftsteller mit diesem posthumen Ruhm
nicht endlich verschonen: Moeller van den Bruck war ein ernster, ehrlicher, charakter-
voller Schriftsteller von gutem Mittelmaß. Von einem Propheten hatte er schlechterdings
nichts. Daß seinen Schriften Schlagwörter entnommen werden können, stempelt ihn nicht
zum Genie. Lessing und Goethe waren nie Lieferanten von Schlagwörtern. Auch diese
Heroisierung ist zopfig.
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Es ziemt sich, höflich zu sein - so heißt es -, wenn fremde Nationen kollektiv aus-
stellen. Diese Verpflichtung zu einer politisch gefärbten Courtoisie können wir aber
nicht aneikennen, wo es sich um Kunst handelt. Denn die Kunst verbietet alle Halb-
heit. Die Ausstellung neuerer spanischer Kunst in der Galerie A. Flechtheim überzeugt
wieder davon — obwohl Künstler wie Picasso und Juan Gris das Interesse beleben -,
daß solche offiziellen Veranstaltungen notwendig vom Kompromiß leben. Und daß sich
die Nationen mit solchen Austau^chausstellungen gegenseitig nur lästig fallen.
Das Katalogvorwort hat ein Spanier geschrieben. Er spricht — das ist aller Länder
jetzt so der Brauch — nicht von Talenten und Werken, sondern von Richtungen: von
einer „Avantgarde", von einer „völkischen Tradition" und von „neuer Sachlichkeit".
Damit ist gar nichts zu heginnen Ks wirft bestenfalls ein Licht auf die Tatsache, daß
der Kunst heute überall dieselbe Art von theoretischer Problematik eigen ist, und daß
sie darum den Stil, das heißt das Herdenmäßige, mehr betont als persönliche Gestal-
tungskraft.
Etwas anderes noch sei einmal zur Sprache gebracht: es sind die bei solchen Austausch-
ausstellungen für unentbehrlich gehaltenen Ehrenkomitees. Ein Dutzend oder mehr Namen
von Würdenträgern werden gesammelt, die gewissermaßen als Garanten figurieren, sich um
die Ausstellungen sonst aber kaum kümmern, ja sie zuweilen nicht einmal ansehen.
Ehrengreise statt Ehren jungtrauen; Autoritäten und Bonzen! Den Berühmten ist es selber
oft peinlich; doch „sie könne'- sich nicht ausschließen". Deutsche Künstler werden wohl
nächstens einen Gegenbesuch in Spanien machen. KXIer waren sie schon dort?) Dann
gibt es drüben dieselbe gequält offizielle Feier und denselben Spaziergang auf Mittel-
wegen der Kunst.
Wir halten es mit Friedrich von Logau, der gedichtet hat:
„In Gefahr und großer Not
bringt der Mittelweg den Tod."
Das Kaiser-Friedrich-Museuni zeigt — als vierte Sonderausstellung — „Meisterwetke der
Webekunst". Herrliche Stoffe vieler Zeiten und Lander, erläutert durch einen von Doro-
thea Klein vorzuglich gearbeiteten Katalog Eine gute Ausstellung, wenn auch mehr
lehrreich für den sich Bildenden, aU genußvoll für den geschichtslos anschauenden
Kunstmenschen. Wer den Kestand der Berliner Museen nicht kennt, denkt: alle Abtei-
lungen haben ihr Bestes hergegeben, damit einmal ein schönes Ganzes zustande kommt.
Es ist insofern richtig, als die frühchristliche Abteilung, das Museum für Völkerkunde
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