(LS bildek daS andcrc Scin, cs bildct dcn Wandcl,
AllcrdingS dic wirkschafklichcn Mächkc wirken »ichl
ollein, eS wirkcn auch die gcikliaen, abcr nie zufällig,
nie unabhängig von den wirischafilichcn, sie wirken
in ständiger Wechselwirkung. Die Grundlage abcr
bildek daS Wirtschafiliche. Der nakuralisiischen Form
müssen beslrmmte wirischasiliche Formcn enksprechen,
ebenso dem gcomctrischcn Skil. Von dicsem Gesichts-
punkt aus gewinnk die Kunst der Primitiven eincn
gesehmäßigen Charakicr, eincn notwendigcn Ab-
lauf. Die zwei Stilarkcn, die sich hier gegcnüber-
stehcn, sind in ihrcm Wcchsel sichtbar durch die gc-
samke Geschichte dcr Kunst. Auf der einen Seite skeht
die naiurnachahmendc lsensorische), auf der andern
Scile die geomekrischc limaginative) Kunst. Auf der
einen Seike stcht die Beziehung zu den Sinnen, aus
das Auhcn, dic Hinwendung zum Hier, zu der Fülle
dcr Eindrücke und zu den Formen der Erscheinung.
Immer steh! hicr die Außcnwelk vor dem Ich, vor dec
Seele. Der imaginakivc Stilbegriff bcdcuket die Ent-
fernung vom Lcben, die bcwuhke Abwcndung von
der Natur, die Hinwcndung zum llenseits, zu Fragen
üer Seele, die Sclbskschau. Eine solche Zeik wird sich
der Mystik zuwenden, der Magie, dem Totenkult.
Die Ausdrucksform der sensorischen Kunst ist die
Nachzeichnung der Mirklichkeit, die Nachahmung
der Natur im Sinne Aristotcles, die Wiedergabc des
Gegenständlichen und seiner Amrtßlinien, dic Dar-
steliung des Augenblicks, des Wandelbaren selbst,
Die imaginakive Kunst dagegen erstrebt das Blei-
bende, das Wesenhafie, das Gesetz. Sic wird das
Mystische des Dreiecks suchen, das Ursymbol des
Kreises, das Beruhigende des QuadratS. So führt
der Weg zum Geometrischen, zum Ornament und zur
Stilisterung. Diese beiden Gruppen stehen immer
nebeneinander in der Geschichte der Kunst. Sie treten
aber besonders kypisch heraus in der Kunst der Pri-
mitivem Das Sensorische der alten Steinzeitkunst
ist ganz und gar sensorisch, das stmaginative der Neu-
steinzeit und der Bronzezeit ist der Typus dieser Stil-
form. Es ist, als ob alle späkere Kunst wie ein Zu-
rückblicken wäre auf diese Urformen, wie cin un-
bewutztes Sichcrinnern, Nachbildcn jener grotzen
Werke der Kunst.
Wirtschastlich betrachtct: krcnncn stch für den primi-
tiven Zustand deutlich zwei Formen: 1. Sltere Stein-
zeit: Skufe der individuellen Nahrungssuche oder pa-
rasitische Wirtschaft (Berbrauchswirtschaft) 2. jüngere
Skeinzeik: Stufe der Hauswirtschaft oder der symbio-
tischen Wirtschaft (gebundene, Erzeugerwirkschast). 3n
der parasikischcn Wirtschaft lebt der Mensch (als stä-
ger und Fischer) von allem, was er findet. Er itzt nichk
nur das Wild, sondern auch Pslanzen, Fische, Maden,
bchnecken und Mineralien. Er arbeitct nicht, er be-
baut nichk den Boden, er kennt nicht dle Töpferei und
die Bearbeikung der Mckalle. Das soziale Lebcn ist
anarchisch. Es gibt keine Herrscher und Beherrschken.
Die Mcnschen ziehen sich zusammen und trcnnen stch
wieder. Eigentuin ist nicht vorhanden, autzer viel-
leicht persönlichem Bcsitz von Geräken, Waffen und
Schmuck, der ost mit dem Toien ins Grab sinkk. Das
geistige Lebcn des Menschen dieser Skufe ist nur
negativ zu bcskimmen. Er lebt vollskändig sorglos,
kennt nicht dic Bergangcnheit, die Zukunft, nicht die
llahre. Die Gcgenwark allein bestimmt sein Denkcn.
Er sammelt nicht Borrätc. Die Neligion ift nur
Schcu und Furchk. Dcr Mcnsch hat kcinen Kulk und
-- 170
keinc Pricstcr, dcr Bermiktlcr ist zwischen Mensch
und Gott. Dcr Schwcrpunkt des Lcbcns licgt nicht
autzcrhalb dcs Lcbens, sondcrn mitten in ihm. Das
geiskigc Lcbcn ist dicsseitig, einmal, fest begrenzk und
in si<y bcschlostcn.
Ganz andcrs isk der Gesamtkomplex des symbioti-
schcn Lcbens idcr Menschen der jüngeren Steinzeik).
So wie die wirtschaftliche Struktur sich wandelk, wan-
dclt sich dos gcistige Lcben. Die Setzhafkigkeik, die
Bebauung dcs Bodcns, die Sorge um Säen, Wach-
len, Gedcihcn bringt dcn Menschen zur Bcobachtung
der Iahrcszcitcn, zum Achten auf Tag, Woche, Mo-
nat, fiahr, bringt ihn zum Nachdenken übcr Bergan-
genes, übcr Wcrdendes. stn der parasitischen Wirt-
schaft wird sorglos Naubbau getricben. Alles ist im
Ueberslutz vorhandcn. Der Mangel bringi den Men-
schen dazu, Sorgc zü tragen für die Zukunft. Nicht
plötzlich hat sich die Wandlung zum Ackerbau voll-
zogen, wie die ältcre Ethnologie annahm; ganz all-
mählich wuchs schon bei den fiägerskämmen aus dem
Aufbewahren dcr Knolle der Beginn der Boden-
bestellung hervor. So mutzte auch das Denken sich all-
mählich wandcln. Das Deligiöse, Mystische und Ma-
gische beginnt immer grötzeren Raum zu gewinnen.
Der Mensch fühlt mehr und mchr seine Abhängig-
keit von unbekannken Mächken. Es wird Abwehr
gesucht, Berkeidigung, Bcschwörung, Beeinslussung.
So tritt immcr mächtiger der mystische Gedanke her-
aus, der das ganze Denken des symbiotischen Men-
schen durchzieht. Iedes Ding ist ihm ein Geheimnis,
ein Unbekannkes. Hinker jedem Wesen stehk ein an-
deres. Alles Wirkliche wird zugleich unwirklich und
alles Ilnwirklichc wirklich. Geister gchen um, See-
len, Dämoncn, Ahnen und Götter. Die ganze Natur
lebt, nicht im Sinne der Griechen, die ihr eigenes stch
gleichsam projizierten in die Welt und sich selbst in
allen Dingen wiederfanden, deren Nymphen, Halb-
götter und Götter Menschen, begrenzte, wollende
Menschcn waren — sondern im Gegenteil im Sinne
des Menschen dcs Mitkelalters, der in Tieren Hexen
sah und in Hcxen Tiere, dcr in allem die Teufel fürch-
kete, der in der gcgebenen faßbaren Welt lebte und
zugleich in einer Lberirdischen, Lbersinnlichen Welk,
die ihm ebenso wirklich war. Die Welk der symbio-
tischen Kulturen ist dualistisch. Der primitive Ackcr-
bau führk zu einer glcichmätzigen, einheitlichen, fest-
gcwurzeltcn Kultur. Der Ackerbau, mag es Hack-
bau, Gartenbau odcr Feldbau sein, schafft immer
Kulturen der Ruhe, des Denkens, des Einfühlens in
das Anendliche und seine Geheimnisse. Die Kulturen,
die auf dem primitiven Ackerbau ruhen, sind vorwic-
gcnd einfach, in sich geschlossen, einheitlich Dcr
Bauer dieser Stufe ist bodenftändig wie die Pflanze,
die er baut. Er ist friedlich. Denn ein Mehr wäre
ihm überflüssig. 2hm fehlt das Ausdehnungsbedürf-
nis, ihm sehlt dic Bcwegung; er ist an die Schollc
gcbunden, cr ist scßhaft. So stehen die Menschen bei-
einander. — Die Gesamtheik wird bekont, das Eini-
gendc, Gemeinsamc.
Man wird nun dem Verfasser entgegenhalken, die
wirkschaftlicheit Berhältnisse der Menschen der ältc-
ren und jüngcren Skcinzeit seien uns doch nicht bc-
kannt gcnug, als datz wir von hier aus solche weik-
tragenden Schlüsse auf ihr geistiges Leben ziehen
könnten. Allein Dr. H. Kuhn überträgt die ihm hier
cwordenc Erkenntnis, wie wir oben schon gesehen
aben, ganz allgcmein auf die Kunslentwicklung aller
AllcrdingS dic wirkschafklichcn Mächkc wirken »ichl
ollein, eS wirkcn auch die gcikliaen, abcr nie zufällig,
nie unabhängig von den wirischafilichcn, sie wirken
in ständiger Wechselwirkung. Die Grundlage abcr
bildek daS Wirtschafiliche. Der nakuralisiischen Form
müssen beslrmmte wirischasiliche Formcn enksprechen,
ebenso dem gcomctrischcn Skil. Von dicsem Gesichts-
punkt aus gewinnk die Kunst der Primitiven eincn
gesehmäßigen Charakicr, eincn notwendigcn Ab-
lauf. Die zwei Stilarkcn, die sich hier gegcnüber-
stehcn, sind in ihrcm Wcchsel sichtbar durch die gc-
samke Geschichte dcr Kunst. Auf der einen Seite skeht
die naiurnachahmendc lsensorische), auf der andern
Scile die geomekrischc limaginative) Kunst. Auf der
einen Seike stcht die Beziehung zu den Sinnen, aus
das Auhcn, dic Hinwendung zum Hier, zu der Fülle
dcr Eindrücke und zu den Formen der Erscheinung.
Immer steh! hicr die Außcnwelk vor dem Ich, vor dec
Seele. Der imaginakivc Stilbegriff bcdcuket die Ent-
fernung vom Lcben, die bcwuhke Abwcndung von
der Natur, die Hinwcndung zum llenseits, zu Fragen
üer Seele, die Sclbskschau. Eine solche Zeik wird sich
der Mystik zuwenden, der Magie, dem Totenkult.
Die Ausdrucksform der sensorischen Kunst ist die
Nachzeichnung der Mirklichkeit, die Nachahmung
der Natur im Sinne Aristotcles, die Wiedergabc des
Gegenständlichen und seiner Amrtßlinien, dic Dar-
steliung des Augenblicks, des Wandelbaren selbst,
Die imaginakive Kunst dagegen erstrebt das Blei-
bende, das Wesenhafie, das Gesetz. Sic wird das
Mystische des Dreiecks suchen, das Ursymbol des
Kreises, das Beruhigende des QuadratS. So führt
der Weg zum Geometrischen, zum Ornament und zur
Stilisterung. Diese beiden Gruppen stehen immer
nebeneinander in der Geschichte der Kunst. Sie treten
aber besonders kypisch heraus in der Kunst der Pri-
mitivem Das Sensorische der alten Steinzeitkunst
ist ganz und gar sensorisch, das stmaginative der Neu-
steinzeit und der Bronzezeit ist der Typus dieser Stil-
form. Es ist, als ob alle späkere Kunst wie ein Zu-
rückblicken wäre auf diese Urformen, wie cin un-
bewutztes Sichcrinnern, Nachbildcn jener grotzen
Werke der Kunst.
Wirtschastlich betrachtct: krcnncn stch für den primi-
tiven Zustand deutlich zwei Formen: 1. Sltere Stein-
zeit: Skufe der individuellen Nahrungssuche oder pa-
rasitische Wirtschaft (Berbrauchswirtschaft) 2. jüngere
Skeinzeik: Stufe der Hauswirtschaft oder der symbio-
tischen Wirtschaft (gebundene, Erzeugerwirkschast). 3n
der parasikischcn Wirtschaft lebt der Mensch (als stä-
ger und Fischer) von allem, was er findet. Er itzt nichk
nur das Wild, sondern auch Pslanzen, Fische, Maden,
bchnecken und Mineralien. Er arbeitct nicht, er be-
baut nichk den Boden, er kennt nicht dle Töpferei und
die Bearbeikung der Mckalle. Das soziale Lebcn ist
anarchisch. Es gibt keine Herrscher und Beherrschken.
Die Mcnschen ziehen sich zusammen und trcnnen stch
wieder. Eigentuin ist nicht vorhanden, autzer viel-
leicht persönlichem Bcsitz von Geräken, Waffen und
Schmuck, der ost mit dem Toien ins Grab sinkk. Das
geistige Lebcn des Menschen dieser Skufe ist nur
negativ zu bcskimmen. Er lebt vollskändig sorglos,
kennt nicht dic Bergangcnheit, die Zukunft, nicht die
llahre. Die Gcgenwark allein bestimmt sein Denkcn.
Er sammelt nicht Borrätc. Die Neligion ift nur
Schcu und Furchk. Dcr Mcnsch hat kcinen Kulk und
-- 170
keinc Pricstcr, dcr Bermiktlcr ist zwischen Mensch
und Gott. Dcr Schwcrpunkt des Lcbcns licgt nicht
autzcrhalb dcs Lcbens, sondcrn mitten in ihm. Das
geiskigc Lcbcn ist dicsseitig, einmal, fest begrenzk und
in si<y bcschlostcn.
Ganz andcrs isk der Gesamtkomplex des symbioti-
schcn Lcbens idcr Menschen der jüngeren Steinzeik).
So wie die wirtschaftliche Struktur sich wandelk, wan-
dclt sich dos gcistige Lcben. Die Setzhafkigkeik, die
Bebauung dcs Bodcns, die Sorge um Säen, Wach-
len, Gedcihcn bringt dcn Menschen zur Bcobachtung
der Iahrcszcitcn, zum Achten auf Tag, Woche, Mo-
nat, fiahr, bringt ihn zum Nachdenken übcr Bergan-
genes, übcr Wcrdendes. stn der parasitischen Wirt-
schaft wird sorglos Naubbau getricben. Alles ist im
Ueberslutz vorhandcn. Der Mangel bringi den Men-
schen dazu, Sorgc zü tragen für die Zukunft. Nicht
plötzlich hat sich die Wandlung zum Ackerbau voll-
zogen, wie die ältcre Ethnologie annahm; ganz all-
mählich wuchs schon bei den fiägerskämmen aus dem
Aufbewahren dcr Knolle der Beginn der Boden-
bestellung hervor. So mutzte auch das Denken sich all-
mählich wandcln. Das Deligiöse, Mystische und Ma-
gische beginnt immer grötzeren Raum zu gewinnen.
Der Mensch fühlt mehr und mchr seine Abhängig-
keit von unbekannken Mächken. Es wird Abwehr
gesucht, Berkeidigung, Bcschwörung, Beeinslussung.
So tritt immcr mächtiger der mystische Gedanke her-
aus, der das ganze Denken des symbiotischen Men-
schen durchzieht. Iedes Ding ist ihm ein Geheimnis,
ein Unbekannkes. Hinker jedem Wesen stehk ein an-
deres. Alles Wirkliche wird zugleich unwirklich und
alles Ilnwirklichc wirklich. Geister gchen um, See-
len, Dämoncn, Ahnen und Götter. Die ganze Natur
lebt, nicht im Sinne der Griechen, die ihr eigenes stch
gleichsam projizierten in die Welt und sich selbst in
allen Dingen wiederfanden, deren Nymphen, Halb-
götter und Götter Menschen, begrenzte, wollende
Menschcn waren — sondern im Gegenteil im Sinne
des Menschen dcs Mitkelalters, der in Tieren Hexen
sah und in Hcxen Tiere, dcr in allem die Teufel fürch-
kete, der in der gcgebenen faßbaren Welt lebte und
zugleich in einer Lberirdischen, Lbersinnlichen Welk,
die ihm ebenso wirklich war. Die Welk der symbio-
tischen Kulturen ist dualistisch. Der primitive Ackcr-
bau führk zu einer glcichmätzigen, einheitlichen, fest-
gcwurzeltcn Kultur. Der Ackerbau, mag es Hack-
bau, Gartenbau odcr Feldbau sein, schafft immer
Kulturen der Ruhe, des Denkens, des Einfühlens in
das Anendliche und seine Geheimnisse. Die Kulturen,
die auf dem primitiven Ackerbau ruhen, sind vorwic-
gcnd einfach, in sich geschlossen, einheitlich Dcr
Bauer dieser Stufe ist bodenftändig wie die Pflanze,
die er baut. Er ist friedlich. Denn ein Mehr wäre
ihm überflüssig. 2hm fehlt das Ausdehnungsbedürf-
nis, ihm sehlt dic Bcwegung; er ist an die Schollc
gcbunden, cr ist scßhaft. So stehen die Menschen bei-
einander. — Die Gesamtheik wird bekont, das Eini-
gendc, Gemeinsamc.
Man wird nun dem Verfasser entgegenhalken, die
wirkschaftlicheit Berhältnisse der Menschen der ältc-
ren und jüngcren Skcinzeit seien uns doch nicht bc-
kannt gcnug, als datz wir von hier aus solche weik-
tragenden Schlüsse auf ihr geistiges Leben ziehen
könnten. Allein Dr. H. Kuhn überträgt die ihm hier
cwordenc Erkenntnis, wie wir oben schon gesehen
aben, ganz allgcmein auf die Kunslentwicklung aller