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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 4.1924

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Heft 6 (November 1924)
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Hornoff, Johannes: Baumschlag oder wie lehrt man Bäume zeichnen?
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https://doi.org/10.11588/diglit.22225#0147

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NakurvorlM tn verkletnertem Maße «nd in riW-
gem BerhKlfnisse öes Kanzen zu seinen Teilen tn t>as
gegedene Zeichcnblatt hlneingepaßk wkrb.

In Ler Tak Las Ganze ksi ekne anßerordenklich
schroierkge Arbekt. Maa nun Prof. Dükberg (Knnst
nnd Iu'gend 1924 S. 230) -daS möglkcksk „vkchtige" Ab-
zekchnen eines lebenden oder token GegensianLes als
der mu skbali sch-te chmschen „-Finaerübuna" von Be-
gabten glekchbomend ansehen und im Zeichennnter-
richt nicht nur als überflüssig. sondern auch als schLd-
lich bezeichnen, notroendig blekbt -das Naturzeich-
nen in -der angeg-ebenen Weise <doch und wkrd es
immer ble-iben; denn LaS Nur-aus-der-Vorfkellung-
Aeichnen k a ni-n'beim Durchschnittsschülev leichttzur
verall-gemeinerniden, typischen, sa leblosen Darsiellung
fühven, wShrend das abwechselungsiveise einfehende
Naturzeichnen vor dem Gegensiande selbst, das genaue
Abzeichnen >des Individunms immer neues Leben den -
alten Formen einflbßt und nicht bloß die Hano,
sondern aucb das Auge s-bult, das Schbnbeitsae-
. sühs hcranbildet nnd dle Willenskrafk tn höchstrm
Maße sieigert. Von dem Glücksgefüht will ick
gar nicht rrden, das dcr wandernde reife Schüler
empftndek, wenn er, die prangende Landschast vor
sich, zum Skizzenbnche gretst und sie, so guk «r eben
kann, „abzeichnet." Aier wird dle Fühigksit vnd
Lie Ilebung. dieser Fchhigkeik verlangt, das tm Au-
genblick Geschauke sesizll'halten; die Mühe aber,
das Bild 1n seinen Einzelheiten spSker aus Lem
Gedächtnis, aus der Bvrstellung hervorzuzaubern
und in seiner prickelnden Frische wiederzugeben,
würe ganz vergeblich. ' "

Dabei will ich die selbMndige Bedeukung der Vor-
stellungs- und Erinnerungszeichnung, die zur Phan-
kasie-, zur GeflÄtunaszeichnung hinüberführk, keines-
wcgs seugnen, im Gegenteil wünsche ich ihncn -ie
Äleiche Stellung neben der Nakurzeichnunz zuge-

>flchert. »o -" 3

Av der lekteren steilich. die to schwteria ist. kann
-er Schüler den Weg nichk allein finden, wie das
bei der Vovltellvnqsieicknuna mbalick ist, uud Worte
sind ungenügende Wegweiser, hier mufl -ie Tak
helfen, dle vorbildliche Arbeit des Lehrers. Er
nehme olso setnen etgenen Block oder sein Skizzen-
buch zur Agnd, zelchne vor den Augen Les Schü-
ters die Anlage des,Baumes: Hauvlrichtung des
StammeS, abzweigende Asste, Umriß -es ganzen
Nadelnleides, Amrlsse der einzelnen Na-esgruppen
mit wenigen oeraden und krummen Sstichen, gebe
dann ein Stück der Ausführung, besonders des
Nadelwerks, wobei er sich nicht zu sehr ins Einzetne
verlieren möge. Er tasse vielmehr Licht- und
Sckaktenyruvven deutllck hervnrkreteu, zeiae nber
anch, wie das elnzekne dstnne Nadelwerk als Schak-
kenriß von dem bekleren Hinkergrunde sich abbebk.
Nun wende er sich oon Schükergruvpe zu Schüler-
gruppe, kn derselben Weise belehrend und zeichnend.
Wird ibm des Zeichnens zu viel, -onn nehme er
zwei Schülergruppen zusammen und zeige ihnen ge-
meinsam das Berfahren.

Der Schüler sieht also. wie man es machen kann.
Er sieht ein Skück des Daumes, den er zu zeicknen
hak, im Skizzenbuch des Lehrers enkstehen. Was
aber -die Sauptsache isi, das gezeichneke Bild ve»
schwindet sokork wieder aus seinen Auoen in dis
Tasche des Lehrers. Der Schüler isi sehk auf sich'

selbst angewicsen, er muß dasselbe Bild iu sciner
Ark von neuem schaffen. Nur die Anleikung zum
Zeichnen hak er erhalten, nicht hiflos mehr sieht er
der Nakur gegenüber, er hak gesehen, wie die Zeich-
nung angelegt wird, wie der Naturgegenstand ver-
kleinerk in das gegebene Zeichenblatt gestellt, 4n
seiner Mannigfaltigkeit veretnsacht, wie die farbige,
beleuchtete, kSrperhatte Erscheinung des Stammes
und Nadelwerks in Bleististsiriche auf einer Papier-
flSche umgeseht wivd. Er kann aber uicht schlecht-
hin kopieren, wie nach eiuer Borlage oder nach
einer siebengebkiebenen Wandkafelzeichnung, er
muß selbMndig arbeiten.

Aaupkvorschrifken, die der Lehrcr dem Schüler zn
aeben bak. stnd die: 1. Zeichue so, wie du stebsi,
füge nichks aus deiner Kenutnis oder Phantasie
hinzu! 2. Bereinsache! Zeichne also nur d!e Haupk-
sacheu, ziehe z. B. Nadel- oder Laubwerk zusnmmen!

ES stagk stch nur: wird diese Aufgabe für den
SchÜler nichk überhaupt zu schwer sein, und wenn
nlchk, wann kann ich mit dem Baumzeichnen nach
Natur veginnen? Ich habe dles bereiks in linter-
kerkia getan und habe seden Baum in zwei Ab-
schmtten auf zwei - besonderen ZeichenbMkern in
zwei sogenannten Doppelstunden bcwälttgen lasien,
das eine Mal das Aaupkgewkchk aus den untern Tetl:
den Stamm. das andere Mal aus den oberen: auf
Asiwerk und Krone gelegk. Obwohk der Lehrer ein
Skück jedes Daumes In seiu Skizzenbuck vorgezeich-
nek hat, kann er doch am Sckkufle feder Zeichen-
siunde beim Derglelche sSmklicher Sckülrrarbeiken
bemerken. wke verschledenarklg se nach Begabung
und Dufsaflung die elnzelnen Schüler gezeicknek
haben. Aierbei muß ich besonders einer Scküler-"
arbeit gedenken, die man lehf wobl ats ervresiio-
nistisch bezeichnen würde. Dcr bekrefsende Scküker,
der doch ebenso wie die ondern nahe vor dem Kie-
sernsiamme siand, hatke nickk im mindesten -ie plak-
tenarttge Aindenbildung erfaßt, wollke sie vielleickk.
gar nichk ersaflen, er' wand vletmehr dke Nknde
schlangenarttg um -en Skamm. War dkes AnfLhig-
keik. war es bewußkes dekorattves Spiel?
 
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