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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 1.1889/​90

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https://doi.org/10.11588/diglit.3772#0047

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE.
Ankündigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine,

HEEAÜSGEBEE:

CARL VON LÜTZOW und ARTHUR PABST

WIEN KÖLN

Hengasse 58. Kaiser-Wilhelmsring 24.

Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägerstr. 73.

Neue Folge. I. Jahrgang.

1889/90.

Nr. 6. 21. November.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur „Zeitschrift für bildende Kunst" und zum „Kunstgewerbeblatt" monatlich dreimal, in den
Sommermonaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der „Zeit-
schrift für bildende Kunst" erhalten die Kunstchronik gratis. — Inserate, ä 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen ausser der Ver-
lagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, Rud. Mosse u. s. w. an.

KUNSTBERICHT AUS DÜSSELDORF.

Anfang November 1889.

In der Kunsthalle ist eine Folge von Kohlen-
zeichnungen von Prof. Hugo Knorr in Karlsruhe aus-
gestellt, welche Darstellungen aus dem „Ring des
Nibelungen", frei nach Richard Wagner, zum Gegen-
stande haben. Knorr ist ein in Deutschland ge-
schätzter Landschafter, dessen bedeutendere Staffelei-
bilder im Privatbesitze zerstreut sind. Eine treffliche
„Norwegische Hochebene" ist Eigentum des Kaisers
und wurde seiner Zeit von König Wilhelm I. für
seine Privatsammlung erworben. Aufsehen erregte
Knorr durch seine Kartons zur Frithjofssage, denen
später ein weniger durchschlagender, aber immerhin
wertvoller Cyklus „Im Walde" folgte. Das dritte
Werk dieser Haltung, welches der Künstler durch
Deutschlands Kunststätten reisen lässt, steht auf der
Höhe seiner Frithjofskompositionen und überragt die
Waldbilder durch innere Stärke und durch die Be-
deutung des Gegenstandes. Für das Publikum muss
zunächst betont werden, dass Knorr seine Aufgabe
als Landschafter erfasst und löst, dass also der
Schwerpunkt seiner künstlerischen Konzeptionen in
der Landschaft zu suchen ist, welche den dichterischen
Vorgängen des gewaltigen Bühnenfestspiels zum
Hintergrunde dient. Es galt die Erschöpfung des
naturpoetischen Gehaltes. Sie konnte nur in Un-
abhängigkeit von der Theaterschablone erreicht wer-
den, von der die Theaterdekoration auch bei so hohen
Zielen, wie in dem Werke Wagners, sich nicht
ganzlich zu befreien vermag. In diesem Sinne hat
Wagner seinen Vorwurf auf das glücklichste be-

wältigt. Die dargestellte Natur zeigt sich überall
gross, behauptet den einmal angeschlagenen Ton des
Stils, der sich als richtig getroffen erweist und bleibt
dem realistischen Betrachter doch nirgend Rechen-
schaft schuldig. Aber noch überraschender, weil
kaum zu erwarten, erscheint das Gelingen des figür-
lichen Teils. Man muss nur das Ganze als solches
in's Auge fassen und frei von der angeerbten und
namentlich auch von Künstlern nur selten über-
wundenen Neigung, sich an verfehlte Einzelheiten zu
halten, die Erscheinungen auf sich wirken lassen.
Durch die naive Frische, mit der der Künstler die
Gestaltung einzelner Typen, unbekümmert um die
letzte Korrektheit, unternimmt, erinnert er unwill-
kürlich an Boecklin. Noch heute, nachdem sich die
Art dieses Meisters bei der gebildeten Minderheit ihr
Recht errungen hat, wirken einzelne Gestalten in den
Werken desselben auf die Menge als „unfreiwillige
Komik". So wird es mit einzelnen Darstellungen
auch Knorr ergehen. Aber er mag sich dessen ge-
trösten. Die Würdigung der Besten ist ihm gewiss.
Der Vergleich mit Boecklin gilt namentlich von den
Rheintöchtern, den trefflich charakterisirten Riesen,
die voll des köstlichsten Humors sind, und der Freya,
welche einer der beiden wie ein hilfloses Kind auf
seinem Arm fortträgt. Zur vollen Höhe künstlerischen
Schaffens, dem auch das weniger bewusst schauende
Auge unbedingte Zustimmung geben wird, erhebt
sich der Künstler in der Darstellung Hundings an
der Leiche Sigmunds und des in den Wolken
heranbrausenden Wotan, sowie in der Scene, welche
im Vordergrunde den herrschenden Gott mit dem
von Siegfried zerschlagenen Speer zeigt, während im


 
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