151 Todesfälle. — Ausgrabungen u. Funde. — Konkurrenzen. — Personalnachrichten. — Sammlungen u. Ausstellungen. 152
ausgefallen, eine Folge nicht genügender Retouche. Das
Bild sieht fast aus, als ob es gar nicht retouchirt wäre. Viel-
leicht lag es in der Absicht des Herausgebers, ein völlig
treues Abbild zu geben. Dies ist erreicht; doch muss man
dann die Fehler der photographischen Nachbildung mit in
den Kauf nehmen.
TODESFÄLLE.
— n. Dr. Carl Lampe sen., Ehrenbürger der Stadt
Leipzig, um deren Kunstleben er sich u. a. durch Stiftung
der umfangreichen, die Geschichte der Malerei von ihren An-
fängen bis zum 19. Jahrhundert illustrirenden Kupferstich-
sammlung im städtischen Museum in hervorragender Weise
verdient gemacht hat, ist am 16. Dezember hochbetagt ge-
storben. Die Stadt Leipzig und der Leipziger Kunstverein
verliert an ihm einen Kunstfreund im edelsten Sinne des
Wortes, einen uneigennützigen Förderer aller künstlerischen
Bestrebungen, die auf ideale Auffassung von Natur und Leben
gerichtet sind.
**„ Der Schriftsteller Champfleury, eigentlich Jules
Husson-Fleury, zuletzt Direktor des keramischen Museums
in Sevres, ist am 6. Dezember im 69. Lebensjahre gestorben.
Er hat sich auch durch mehrere auf Kunst und Kunst-
gewerbe bezügliche Schriften bekannt gemacht, von denen
die Histoire generale de la caricature (fünf Bände und ein
Ergänzungsband: Musee secret de la caricature), die Histoire
des faiences patriotiques sous la revolution und die Biblio-
graphie ceramique die wertvollsten sind. Sein von Courbet
gemaltes Porträt hat er dem Louvre vermacht.
AUSGRABUNGEN UND FUNDE.
/. — Schliemanns trojanische Ausgrabungen. Die Tages-
blätter bringen folgende Zuschrift: „Zu Anfang Dezember
fand auf der Ruinenstätte von Hissarlik (Ilion) eine Zu-
sammenkunft zwischen den Herren Dr. ScMiemann und Dr.
Dörpfeld einerseits und dem Hauptmanne ausser Dienst,
Bötticher, andererseits statt. Dieser hat bekanntlich in
seinem Buche: „La Troie de Schliemann une necropole
ä incineration", sowie in Aufsätzen und Flugschriften die
Ruinen zu Hissarlik als eine ..prähistorische Feuernekropole"
zu erklären versucht und dabei gegen Dr. Schliemann und
Dr. Dörpfeld die Beschuldigung erhoben, durch Verschwei-
gung von Thatsachen, oder gar durch Zerstörung von Bau-
werken absichtlich die Ausgrabungsergebnisse entstellt zu
haben. Als unparteiische Zeugen waren die Unterzeichneten
erschienen. Bei Untersuchung der von Dr. Schliemann auf-
gedeckten Bauanlagen erwiesen sich die von Hauptmann
a. D. Bötticher erhobenen Beschuldigungen als durchaus un-
begründet, und es wurde von den Unterzeichneten die Über-
einstimmung der in den Werken „Uios" und „Troja" von Dr.
ScMiemann und Dr. Dörpfeld gegebenen Darstellung mit
dem wirklichen Sachverhalte anerkannt. Hauptmann a. D.
Bötticher hat diese Übereinstimmung in mehreren wichtigen
Punkten eingeräumt und die Beschuldigung der Entstellung
der Ausgrabungsergebnisse zurückgenommen. Auf Grund
der vom 1. bis 6. Dezember angestellten Untersuchungen,
über welche ein Protokoll geführt wurde, erklären die Unter,
zeichneten, dass sie in den zu Hissarlik aufgedeckten Ruinen
nicht eine „Feuernekropole" erblicken, sondern Wohnstätten,
Tempel und Befestigungsanlagen.
Konstantinopel, 10. Dezember 1SS9.
George Niemann,
Architekt, Prof. an der Akademie der bild. Künste zu Wien.
Steffen,
Major u. Abteilungs-Kommandant der preuss. Feldartillerie.
KONKURRENZEN.
*** Bei dem Wettbewerb um ein Kaiser Wilhelmsdenk-
mal in Düsseldorf haben die Schiedsrichter den ersten Preis
(4000 M.) dem Entwurf „Königsberg-Versailles", den zweiten
(3000 M.) dem Modelle „Der Rheinländer und die rheini-
schen Musen dem ersten Deutschen Kaiser", die drei dritten
Preise (je 1000 M.) den Entwürfen „Dem Gründer des Rei-
ches", „Gerecht und milde" und „Sieg und Frieden" zuer-
kannt. Als Verfasser ergaben sich in der angeführten Reihen-
folge die Herren Bildhauer K. Janssen in Düsseldorf, Lehrer
an der Düsseldorfer Kunstgewerbeschule C. Buscher, .1. Kaff-
sach; R. Anders und M. Baumbach, letztere drei in Berlin.
Die Ausarbeitung des Sockels für den Kaffsackschen Entwurf
rührt vom Architekten liieth in Berlin her. Die Preisrichter
haben gleichzeitig den mit dem ersten Preise gekrönten
Entwurf zur Ausführung empfohlen.
PERSONALNACHRICHTEN.
t*t Zum Direktor des Provin.-ialmuscums in Hannover
ist von Seiten des Provinzialausschusses der Dr. phil. Iteimcrs
in Berlin gewählt worden. Seine Anstellung soll zunächst
probeweise auf ein Jahr erfolgen.
SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN.
~\\. Aus dein Wiener Künstlcrhausc. So reich und mannig-
faltig war seit langer Zeit keine Weihnachtsausstellung im
Künstlerhause; der Katalog weist ca. 700 Nummern auf, und
fast sämtliche ebenerdige Räume, welche die Säulenhalle
umgeben, sind besetzt. Mehr als Dreivierteile der ausgestell-
ten Bilder rühren freilich von dahingeschiedenen Meistern
her; es sind Skizzen und Studien, aber auch eine grosse An-
zahl vollendeter Werke, welche, zumeist in festen Händen
befindlich, zur Würdigung der Künstler pietätvoll herange-
zogen wurden. Aug. v. Pettenkofen, der im März 1. J. in
Wien starb, eröffnet den Reigen mit nicht weniger als 270
Nummern; daran schliesst sich eine Serie ausgewählter Ar-
beiten des trefflichen Willi. Krag (gest. den 29. Juli 1. J.),
dann eine ganze Galerie von Bildnissen von George Mayer
(gest. den 8. Februar 1. J.), eine Kollektion reizvoller Natur-
studien und ausgeführter Bilder von Melchior Fritsch (gest.
den 5. Mai 1. J.); auch der Nachlass des im verwichenen
Sommer zu Innsbruck verschiedenen Aquarellisten M. Ewald
hat sich dazu gesellt: lauter Zeugnisse echt künstlerischen
Strebens und tüchtigen Könnens, welche die Namen ihrer
Urheber ehrenvoll der Nachwelt überliefern. Das Bedeut-
samste von den Heimgegangenen ist von Pettenkofen vor-
handen. Es ist geradezu staunenswert, über welche Schaffens-
kraft der stille, von aller Welt zurückgezogene Meister bis
zu seinen letzten Lebenstagen verfügte und wie vielseitig
und zugleich gewissenhaft er arbeitete. Die Ausstellung
bietet, wenngleich sie für Pettenkofen nicht als eine voll-
ständige zu bezeichnen ist (sein letzter Nachlass, das Ver-
mächtnis -,v.\ die Schwestern des Prof. Leop. Müller, ist nicht
inbegriffen), ein treffliches Bild des Entwicklungsganges des
Künstlers und berichtigt manche irrige Ansicht. Wir lernen
Pettenkofen zuerst als Lithographen im Militärgenre kennen ;
es sind die Scenen aus der „Ehrenhalle des Fuhrwesenkorps
vom Jahre 1849" und „Das k. k. Militär», flott gezeichnete
Kriegsbilder voll Leben und Ungestüm, die durch die litho-
graphische Presse, seiner Zeit das dankbarste Reproduktions-
mittel, in die Welt getragen wurden und Pettenkofens
Namen zuerst in weiteren Kreisen bekannt machten. Dann
erschienen Ölbilder im Gedankenkreise des alten Wiener
Genres, und in der nächsten Folge die ungarischen Studien,
ausgefallen, eine Folge nicht genügender Retouche. Das
Bild sieht fast aus, als ob es gar nicht retouchirt wäre. Viel-
leicht lag es in der Absicht des Herausgebers, ein völlig
treues Abbild zu geben. Dies ist erreicht; doch muss man
dann die Fehler der photographischen Nachbildung mit in
den Kauf nehmen.
TODESFÄLLE.
— n. Dr. Carl Lampe sen., Ehrenbürger der Stadt
Leipzig, um deren Kunstleben er sich u. a. durch Stiftung
der umfangreichen, die Geschichte der Malerei von ihren An-
fängen bis zum 19. Jahrhundert illustrirenden Kupferstich-
sammlung im städtischen Museum in hervorragender Weise
verdient gemacht hat, ist am 16. Dezember hochbetagt ge-
storben. Die Stadt Leipzig und der Leipziger Kunstverein
verliert an ihm einen Kunstfreund im edelsten Sinne des
Wortes, einen uneigennützigen Förderer aller künstlerischen
Bestrebungen, die auf ideale Auffassung von Natur und Leben
gerichtet sind.
**„ Der Schriftsteller Champfleury, eigentlich Jules
Husson-Fleury, zuletzt Direktor des keramischen Museums
in Sevres, ist am 6. Dezember im 69. Lebensjahre gestorben.
Er hat sich auch durch mehrere auf Kunst und Kunst-
gewerbe bezügliche Schriften bekannt gemacht, von denen
die Histoire generale de la caricature (fünf Bände und ein
Ergänzungsband: Musee secret de la caricature), die Histoire
des faiences patriotiques sous la revolution und die Biblio-
graphie ceramique die wertvollsten sind. Sein von Courbet
gemaltes Porträt hat er dem Louvre vermacht.
AUSGRABUNGEN UND FUNDE.
/. — Schliemanns trojanische Ausgrabungen. Die Tages-
blätter bringen folgende Zuschrift: „Zu Anfang Dezember
fand auf der Ruinenstätte von Hissarlik (Ilion) eine Zu-
sammenkunft zwischen den Herren Dr. ScMiemann und Dr.
Dörpfeld einerseits und dem Hauptmanne ausser Dienst,
Bötticher, andererseits statt. Dieser hat bekanntlich in
seinem Buche: „La Troie de Schliemann une necropole
ä incineration", sowie in Aufsätzen und Flugschriften die
Ruinen zu Hissarlik als eine ..prähistorische Feuernekropole"
zu erklären versucht und dabei gegen Dr. Schliemann und
Dr. Dörpfeld die Beschuldigung erhoben, durch Verschwei-
gung von Thatsachen, oder gar durch Zerstörung von Bau-
werken absichtlich die Ausgrabungsergebnisse entstellt zu
haben. Als unparteiische Zeugen waren die Unterzeichneten
erschienen. Bei Untersuchung der von Dr. Schliemann auf-
gedeckten Bauanlagen erwiesen sich die von Hauptmann
a. D. Bötticher erhobenen Beschuldigungen als durchaus un-
begründet, und es wurde von den Unterzeichneten die Über-
einstimmung der in den Werken „Uios" und „Troja" von Dr.
ScMiemann und Dr. Dörpfeld gegebenen Darstellung mit
dem wirklichen Sachverhalte anerkannt. Hauptmann a. D.
Bötticher hat diese Übereinstimmung in mehreren wichtigen
Punkten eingeräumt und die Beschuldigung der Entstellung
der Ausgrabungsergebnisse zurückgenommen. Auf Grund
der vom 1. bis 6. Dezember angestellten Untersuchungen,
über welche ein Protokoll geführt wurde, erklären die Unter,
zeichneten, dass sie in den zu Hissarlik aufgedeckten Ruinen
nicht eine „Feuernekropole" erblicken, sondern Wohnstätten,
Tempel und Befestigungsanlagen.
Konstantinopel, 10. Dezember 1SS9.
George Niemann,
Architekt, Prof. an der Akademie der bild. Künste zu Wien.
Steffen,
Major u. Abteilungs-Kommandant der preuss. Feldartillerie.
KONKURRENZEN.
*** Bei dem Wettbewerb um ein Kaiser Wilhelmsdenk-
mal in Düsseldorf haben die Schiedsrichter den ersten Preis
(4000 M.) dem Entwurf „Königsberg-Versailles", den zweiten
(3000 M.) dem Modelle „Der Rheinländer und die rheini-
schen Musen dem ersten Deutschen Kaiser", die drei dritten
Preise (je 1000 M.) den Entwürfen „Dem Gründer des Rei-
ches", „Gerecht und milde" und „Sieg und Frieden" zuer-
kannt. Als Verfasser ergaben sich in der angeführten Reihen-
folge die Herren Bildhauer K. Janssen in Düsseldorf, Lehrer
an der Düsseldorfer Kunstgewerbeschule C. Buscher, .1. Kaff-
sach; R. Anders und M. Baumbach, letztere drei in Berlin.
Die Ausarbeitung des Sockels für den Kaffsackschen Entwurf
rührt vom Architekten liieth in Berlin her. Die Preisrichter
haben gleichzeitig den mit dem ersten Preise gekrönten
Entwurf zur Ausführung empfohlen.
PERSONALNACHRICHTEN.
t*t Zum Direktor des Provin.-ialmuscums in Hannover
ist von Seiten des Provinzialausschusses der Dr. phil. Iteimcrs
in Berlin gewählt worden. Seine Anstellung soll zunächst
probeweise auf ein Jahr erfolgen.
SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN.
~\\. Aus dein Wiener Künstlcrhausc. So reich und mannig-
faltig war seit langer Zeit keine Weihnachtsausstellung im
Künstlerhause; der Katalog weist ca. 700 Nummern auf, und
fast sämtliche ebenerdige Räume, welche die Säulenhalle
umgeben, sind besetzt. Mehr als Dreivierteile der ausgestell-
ten Bilder rühren freilich von dahingeschiedenen Meistern
her; es sind Skizzen und Studien, aber auch eine grosse An-
zahl vollendeter Werke, welche, zumeist in festen Händen
befindlich, zur Würdigung der Künstler pietätvoll herange-
zogen wurden. Aug. v. Pettenkofen, der im März 1. J. in
Wien starb, eröffnet den Reigen mit nicht weniger als 270
Nummern; daran schliesst sich eine Serie ausgewählter Ar-
beiten des trefflichen Willi. Krag (gest. den 29. Juli 1. J.),
dann eine ganze Galerie von Bildnissen von George Mayer
(gest. den 8. Februar 1. J.), eine Kollektion reizvoller Natur-
studien und ausgeführter Bilder von Melchior Fritsch (gest.
den 5. Mai 1. J.); auch der Nachlass des im verwichenen
Sommer zu Innsbruck verschiedenen Aquarellisten M. Ewald
hat sich dazu gesellt: lauter Zeugnisse echt künstlerischen
Strebens und tüchtigen Könnens, welche die Namen ihrer
Urheber ehrenvoll der Nachwelt überliefern. Das Bedeut-
samste von den Heimgegangenen ist von Pettenkofen vor-
handen. Es ist geradezu staunenswert, über welche Schaffens-
kraft der stille, von aller Welt zurückgezogene Meister bis
zu seinen letzten Lebenstagen verfügte und wie vielseitig
und zugleich gewissenhaft er arbeitete. Die Ausstellung
bietet, wenngleich sie für Pettenkofen nicht als eine voll-
ständige zu bezeichnen ist (sein letzter Nachlass, das Ver-
mächtnis -,v.\ die Schwestern des Prof. Leop. Müller, ist nicht
inbegriffen), ein treffliches Bild des Entwicklungsganges des
Künstlers und berichtigt manche irrige Ansicht. Wir lernen
Pettenkofen zuerst als Lithographen im Militärgenre kennen ;
es sind die Scenen aus der „Ehrenhalle des Fuhrwesenkorps
vom Jahre 1849" und „Das k. k. Militär», flott gezeichnete
Kriegsbilder voll Leben und Ungestüm, die durch die litho-
graphische Presse, seiner Zeit das dankbarste Reproduktions-
mittel, in die Welt getragen wurden und Pettenkofens
Namen zuerst in weiteren Kreisen bekannt machten. Dann
erschienen Ölbilder im Gedankenkreise des alten Wiener
Genres, und in der nächsten Folge die ungarischen Studien,