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Die Konkurrenz um das Kaiser Wilhelm-Denkmal in Düsseldorf.
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vorspringendes Halbrund auf und führe eine breite,
elegante Brücke, oder, wenn das zu viel kostet, einen
Damm in der Längsachse des Denkmals bis zu der
kleinen Brücke, die mit einem schönen Rund im
Schnittpunkte der beiden, den Verkehr nach den
Seiten hin ab- resp. zuführen könnte. Die kleine
Insel zur Rechten müsste verschwinden. Ich sehe
auch die wenigen Pappeln und Sträucher, die sie
trägt, ungern zum Opfer gebracht. Dafür würde
aber auf der Theaterseite durch Eingehen des brei-
ten, alsdann nicht mehr nötigen Weges viel Raum
zur Bepflanzung gewonnen. Vielleicht hält man
denn doch diesen Vorschlag einer Prüfung wert.
Die Jury hat ihr Urteil gefällt. Die darüber
von den Zeitungen gebrachte Notiz ist dahin zu
vervollständigen, dass nicht, wie man annehmen
müsste, fünf ihrem Werte nach verschiedene Preise
verteilt worden sind, sondern ein erster (Janssen),
zweiter {Buscher) und drei dritte {Kaffsack, Anders
und Baumbach) von gleichem Betrage. So muss
man wenigstens aus den an den Entwürfen ange-
brachten Bezeichnungen schliessen. Vor kurzem ist
die Ausstellung gegen ein Eintrittsgeld von 50 Pfg.
geöffnet worden. Vermutlich glaubte man auf diese
Weise dem Denkmalsfonds eine erhebliche Zuwen-
dung zu machen. In dieser Voraussetzung dürfte
man sich gründlich täuschen. Dagegen kann der
Modus als solcher nur ein gewiss nicht nachzu-
ahmender genannt werden. Das Versehen ist nur
dadurch gut zu machen, dass man am Schlüsse der
Ausstellungszeit dem Publikum einige Tage die Be-
sichtigung frei giebt. Über die Form, in einer Künst-
lerstadt der öffentlichen Meinung durch den Urteils-
spruch der Jury vorzugreifen, habe ich mich jedes
Tadels zu enthalten, wenn die Künstlerschaft mit
dieser Form einverstanden ist.
Dass es der Jury gelungen ist, die fünf besten
Entwürfe aus den vierzehn eingegangenen herauszu-
finden, darüber wird wohl keine Mehmngsverschieden-
heit bestehen. Man hat unter der sicheren Führung
Schapers die Sahne so gründlich abgeschöpft, dass
wir uns mit der verbleibenden Milch hier nicht weiter
zu befassen brauchen. Anders stellt sich die Frage,
wenn wir die prämiirten Entwürfe unter sich ver-
gleichen.
Mit voller Genugthuung dürfen wir konstatiren,
dass das gewonnene Material ein so reiches ist, dass
Düsseldorf nur bei dem übelsten Willen und der
Vergewaltigung des guten Geschmacks Gefahr laufen
kann, ein schlechtes Kaiserdenkmal zu bekommen.
In ihrer jetzigen Gestalt erfüllt keiner der Entwürfe
die Bedingungen ganz, welche an ein solches Werk
zu stellen sind. Wie immer, teilt sich das Herz des
Beschauers zwischen Reiter und Postament. Ohne
Frage ist Janssen die Lösung der ersteren Aufgabe
am besten gelungen, Kaiser und Ross sind in der
Haltung gleich würdevoll und wuchtig. Daneben
kommen einzelne Missgriffe, wie der Rossschweif,
der dem von einem Kanonenschuss aufwirbelnden
Pulverdampf gleicht, und die Übertreibungen in der
malerischen Behandlung des Mantels am Rücken
nicht in Betracht. Alles übrige kann ich nur als
gründlich verfehlt bezeichnen. Der Reiter wird von
zwei geflügelten allegorischen Figuren flankirt, die
mit den Pferdehufen auf einer Ebene stehen. Was
diese Figuren bedeuten sollen, ist uns vollständig
gleichgültig. Sie haben neben dem Reiter so wenig
Platz, dass uns je ein Flügel unterschlagen wird und
statt der Allegorie phantastische Fabelgeschöpfe ihr
Wesen treiben. Selbst der Mantel des Kaisers weiss
sich vor diesen Aufdrängern nicht zu lassen, die nur
dazu da sind, die schönen Seitenansichten des Reiters
zu verdecken. Noch schlimmer steht es um das
Postament selbst, eine fast um die Hälfte zu hohe
Ofenarchitektur mit magerer Ornamentik, auf wel-
cher an den Breitseiten Platz für je ein grösseres
Relief bleibt. Ich zweifle nicht, dass Janssen, der
sein Können genugsam bewährt hat, auch die an und
für sich guten Ideen „Die Flucht nach Königsberg"
und „Die Kaiserkrönung in Versailles" in der Aus-
führung trefflich herausgestalten würde. In ihrer
skizzenhaften Andeutung bieten sie für das Urteil
zur Zeit keinen Anhalt. So wie wir den Janssen-
schen Entwurf vor uns sehen, kann er unmöglich
zur Ausführung kommen, aber ich würde auch
schwere Bedenken getragen haben, ihm den ersten
Preis zuzuerkennen.
Clemens Buscher hat die Hauptwirkung seines
Entwurfes in die Vorderansicht gelegt, daher er auch
nur unter den von mir vorgeschlagenen Modalitäten
vor der Kunsthalle zur Aufstellung kommen könnte.
Für den vom Corneliusplatz Kommenden müsste er
einen grossartigen Eindruck hervorrufen. An Phan-
tasie zeigt sich Buscher dem glücklicheren Konkur-
renten weit überlegen. Er legt seiner Arbeit das
Motto zu Grunde: „Der Rheinländer und die rheini-
schen Musen der Stadt Düsseldorf dem ersten deut-
schen Kaiser". Und so zieht uns denn auch vor-
nehmlich sein Postament an. Rechts vorn auf nie-
drigem Vorsprung steht ein geflügelter männlicher
ganz nackter Genius, der mit der Linken auf ein
Ruder gestützt, dem Kaiser einen Lorbeerzweig
Die Konkurrenz um das Kaiser Wilhelm-Denkmal in Düsseldorf.
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vorspringendes Halbrund auf und führe eine breite,
elegante Brücke, oder, wenn das zu viel kostet, einen
Damm in der Längsachse des Denkmals bis zu der
kleinen Brücke, die mit einem schönen Rund im
Schnittpunkte der beiden, den Verkehr nach den
Seiten hin ab- resp. zuführen könnte. Die kleine
Insel zur Rechten müsste verschwinden. Ich sehe
auch die wenigen Pappeln und Sträucher, die sie
trägt, ungern zum Opfer gebracht. Dafür würde
aber auf der Theaterseite durch Eingehen des brei-
ten, alsdann nicht mehr nötigen Weges viel Raum
zur Bepflanzung gewonnen. Vielleicht hält man
denn doch diesen Vorschlag einer Prüfung wert.
Die Jury hat ihr Urteil gefällt. Die darüber
von den Zeitungen gebrachte Notiz ist dahin zu
vervollständigen, dass nicht, wie man annehmen
müsste, fünf ihrem Werte nach verschiedene Preise
verteilt worden sind, sondern ein erster (Janssen),
zweiter {Buscher) und drei dritte {Kaffsack, Anders
und Baumbach) von gleichem Betrage. So muss
man wenigstens aus den an den Entwürfen ange-
brachten Bezeichnungen schliessen. Vor kurzem ist
die Ausstellung gegen ein Eintrittsgeld von 50 Pfg.
geöffnet worden. Vermutlich glaubte man auf diese
Weise dem Denkmalsfonds eine erhebliche Zuwen-
dung zu machen. In dieser Voraussetzung dürfte
man sich gründlich täuschen. Dagegen kann der
Modus als solcher nur ein gewiss nicht nachzu-
ahmender genannt werden. Das Versehen ist nur
dadurch gut zu machen, dass man am Schlüsse der
Ausstellungszeit dem Publikum einige Tage die Be-
sichtigung frei giebt. Über die Form, in einer Künst-
lerstadt der öffentlichen Meinung durch den Urteils-
spruch der Jury vorzugreifen, habe ich mich jedes
Tadels zu enthalten, wenn die Künstlerschaft mit
dieser Form einverstanden ist.
Dass es der Jury gelungen ist, die fünf besten
Entwürfe aus den vierzehn eingegangenen herauszu-
finden, darüber wird wohl keine Mehmngsverschieden-
heit bestehen. Man hat unter der sicheren Führung
Schapers die Sahne so gründlich abgeschöpft, dass
wir uns mit der verbleibenden Milch hier nicht weiter
zu befassen brauchen. Anders stellt sich die Frage,
wenn wir die prämiirten Entwürfe unter sich ver-
gleichen.
Mit voller Genugthuung dürfen wir konstatiren,
dass das gewonnene Material ein so reiches ist, dass
Düsseldorf nur bei dem übelsten Willen und der
Vergewaltigung des guten Geschmacks Gefahr laufen
kann, ein schlechtes Kaiserdenkmal zu bekommen.
In ihrer jetzigen Gestalt erfüllt keiner der Entwürfe
die Bedingungen ganz, welche an ein solches Werk
zu stellen sind. Wie immer, teilt sich das Herz des
Beschauers zwischen Reiter und Postament. Ohne
Frage ist Janssen die Lösung der ersteren Aufgabe
am besten gelungen, Kaiser und Ross sind in der
Haltung gleich würdevoll und wuchtig. Daneben
kommen einzelne Missgriffe, wie der Rossschweif,
der dem von einem Kanonenschuss aufwirbelnden
Pulverdampf gleicht, und die Übertreibungen in der
malerischen Behandlung des Mantels am Rücken
nicht in Betracht. Alles übrige kann ich nur als
gründlich verfehlt bezeichnen. Der Reiter wird von
zwei geflügelten allegorischen Figuren flankirt, die
mit den Pferdehufen auf einer Ebene stehen. Was
diese Figuren bedeuten sollen, ist uns vollständig
gleichgültig. Sie haben neben dem Reiter so wenig
Platz, dass uns je ein Flügel unterschlagen wird und
statt der Allegorie phantastische Fabelgeschöpfe ihr
Wesen treiben. Selbst der Mantel des Kaisers weiss
sich vor diesen Aufdrängern nicht zu lassen, die nur
dazu da sind, die schönen Seitenansichten des Reiters
zu verdecken. Noch schlimmer steht es um das
Postament selbst, eine fast um die Hälfte zu hohe
Ofenarchitektur mit magerer Ornamentik, auf wel-
cher an den Breitseiten Platz für je ein grösseres
Relief bleibt. Ich zweifle nicht, dass Janssen, der
sein Können genugsam bewährt hat, auch die an und
für sich guten Ideen „Die Flucht nach Königsberg"
und „Die Kaiserkrönung in Versailles" in der Aus-
führung trefflich herausgestalten würde. In ihrer
skizzenhaften Andeutung bieten sie für das Urteil
zur Zeit keinen Anhalt. So wie wir den Janssen-
schen Entwurf vor uns sehen, kann er unmöglich
zur Ausführung kommen, aber ich würde auch
schwere Bedenken getragen haben, ihm den ersten
Preis zuzuerkennen.
Clemens Buscher hat die Hauptwirkung seines
Entwurfes in die Vorderansicht gelegt, daher er auch
nur unter den von mir vorgeschlagenen Modalitäten
vor der Kunsthalle zur Aufstellung kommen könnte.
Für den vom Corneliusplatz Kommenden müsste er
einen grossartigen Eindruck hervorrufen. An Phan-
tasie zeigt sich Buscher dem glücklicheren Konkur-
renten weit überlegen. Er legt seiner Arbeit das
Motto zu Grunde: „Der Rheinländer und die rheini-
schen Musen der Stadt Düsseldorf dem ersten deut-
schen Kaiser". Und so zieht uns denn auch vor-
nehmlich sein Postament an. Rechts vorn auf nie-
drigem Vorsprung steht ein geflügelter männlicher
ganz nackter Genius, der mit der Linken auf ein
Ruder gestützt, dem Kaiser einen Lorbeerzweig