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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 1.1889/​90

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https://doi.org/10.11588/diglit.3772#0227

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE.

Ankündigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine,

HEEAUSGEBEK:

CARL VON LÜTZOW und ARTHUR PABST

WIEN
Heugasse 58.

KÖLN
Kaiser-Wilhelmsring 24.

Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägerstr. 73.

Neue Folge. I. Jahrgang.

1889/90.

Nr. 28. 5. Juni.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur „Zeitschrift für bildende Kunst" und zum „Kunstgewerbeblatt" monatlich dreimal, in den
Sommermonaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der „Zeit-
schrift für bildende Kunst" erhalten die Kunstchronik gratis. — Inserate, ä 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen ausser der Ver-
lagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, Eud. Mosse u. s. w. an.

DIE PORTRÄTAUSSTELLUNG IN BRÜSSEL

I.
Eine von zwei Gesichtspunkten aus bemerkens-
werte und ansprechende Ausstellung — in künstleri-
scher und historischer Beziehung — hat sich soeben
zu Brüssel in der dortigen Gemäldegalerie aufge-
than. Die Anregung dazu ging von einem Komitee
belgischer Damen aus, welche diesen Gedanken in
den Dienst eines wohlthätigen Zweckes stellten und
unter Mitwirkung namhafter künstlerischer und lit-
terarischer Persönlichkeiten der Kunst und der
Menschheit zugleich einen dankenswerten Dienst er-
wiesen haben. Der erwähnte Ausschuss steht unter
der Ehrenpräsidentschaft Ihrer Königl. Hoheit der
Gräfin von Flandern; die Mitglieder desselben sind
Gräfin Beaufort als Vorsitzende, Gräfin von Romree
als Sekretärin, die Prinzessin E. de Croy-Solre,
Mme. Somzee, MUe. Beernaert, die Komtesse M. de
Villermont, die Herren A. Allard, Portaels, Del-
irier, Van der Stappen, Vincotte, A. Stevens und
Baron Goethals. Der Direktor der Königl. Akade-
mie und der Kunstgewerbeschule, Fr. Portaels, wel-
cher als Künstler hervorragenden Ruf geniesst, hat
sich der Aufgabe unterzogen, die Anordnung und
Einrichtung der Ausstellung zu leiten, und dabei
Geschmack und künstlerischen Takt bewiesen, welche
besonders hervorgehoben zu werden verdienen. Die
Eröffnung fand im Beisein der belgischen Majestäten
und anderer fürstlicher Persönlichkeiten statt. Die
königliche Familie bewies durch ihre Anwesenheit
wieder einmal das lebhafte Interesse, welches sie
mit der Kunst verbindet und gab zugleich dem wohl-

thätigen Zwecke des Unternehmens eine willkom-
mene Förderung.

Der Gedanke, eine grössere Anzahl hervor-
ragender Bildnisse zu einer Ausstellung zu ver-
einigen, hat schon, besonders in Paris, mehrfache
Verwirklichung gefunden; wir dürfen auf unseren
Bericht von der Porträtausstellung im Jahre 1884
verweisen und an die nationale Bildnisausstellung
erinnern, welche im vergangenen Jahre zu Paris
veranstaltet war. Im Gegensatz dazu hat die gegen-
wärtige Brüsseler Schaustellung einen internationalen
Charakter. Hier ist nun auch Ruhm und Grösse in
reicher Fülle vereinigt und die lebendige Gegenwart
mischt sich mit der bereits historisch gewordenen
Vergangenheit. An der Seite der Genies, welche
die Geschicke Europas bestimmten und seinen Schwer-
punkt änderten, an der Seite der Fürsten, der Ge-
setzgeber, Minister, der lorbeerbekränzten Krieger,
der Künstler, die im goldenen Buche der Kunst ver-
zeichnet stehen, begegnet man einfachen Bürgern,
die durch das Talent der Maler der Vergessenheit
entrissen wurden, und denen Findigkeit oder Zufall
zu einer kleinen Unsterblichkeit verhalf.

Die Ausstellung zeigt uns die Kraftgestalten,
welche ihre Zeit meisterten: Mirabeau, Napoleon,
Bismarck, Moltke, auch Gladstone und eine lange
Reihe kleinerer Geister. Das Porträt darf als der
Probirstein des echten Künstlers bezeichnet werden,
denn die Geschichte lehrt, dass die grössten Meister
es eifrig pflegten und sich darin kaum genug thun
konnten. Wir sehen, wie alle sich mühen, ein mensch-
liches Ich, eine zur Einheit zusammengefügte Summe
von lebendigen Kräften festzuhalten und jene unendlich
 
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