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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 1.1889/​90

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Aus dem Mauritshuis in Haag
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Hofmann, Albert: Friedrich Spitzer
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https://doi.org/10.11588/diglit.3772#0233

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453

Friedrich Spitzer.

454

dieses Werk leider nicht so trefflich erhalten ist,
wie jenes.

Sehr gewonnen haben durch Umhängung auch
die beiden nach rückwärts liegenden Zimmer rechts
vom Eingang, wo eine Reihe von Fürstenbildnissen
aus dem Hause Oranien, holländische Offiziere und
Seehelden vereinigt sind, welche weniger durch
Kunst als durch historischen Wert hervorragen. In-
des befindet sich dabei eine Serie von 24 Feldober-
sten, echte und wohlerhaltene Werke Jan van Rave-
steyns, die auch vom rein künstlerischen Standpunkte
aus in hohem Grade iniponiren. Desgleichen von
Moreelse die trefflichen Bildnisse der Amalia Elisa-
beth, Gräfin von Hanau, Gemahlin Wilhelms V.,
Landgrafen von Hessen und Ernestinens, Gräfin von
Ligne-Aremberg. Neu hinzugekommen ist ein Por-
trät Wilhelms L, des „Zwygers", welches als aus
seiner eigenen Zeit stammend besser ist als die vielen
Porträts dieses grössten holländischen Fürsten von
Miereveld und aus seiner Zeit.

Im Treppenraum des ersten Stockes ist durch
glückliche Neugruppirung ebenfalls viel gewonnen.
So sind die beiden schönen Ruisdael, Fernblick auf
Haarlem von Overveen aus und die Marine, in bestes
Licht gerückt, während sie früher auf der Rück-
wand des neunten Saales höchst ungenügend be-
leuchtet waren. Desgleichen der reizvolle Metsu
und die beiden lustigen ärztlichen Besuche bei
liebessiechen Mädchen von Jan Steen. Neu hinzu-
gekommen ist in diesem Raum der so reiche und
wundervoll erhaltene van Goyen, die jüngste Er-
werbung, die wir Dr. Bredius danken.

In dem kleinen Räume hinter dem berühmten
Stier Potters, wo früher nur traurige specimina
fragwürdiger italienischer Schulen sich schweigend
verhüllten, haben sich jetzt ältere Holländer und
Vlamen mit Glück etablirt: — so Esaias van der
Velde , Pynas, Droochsloot, Keirincx, Moeyaert,
Codde etc. Und auch in die beiden an Blüten hol-
ländischer Kunst so reichen Gemächer, wo die Rem-
brandts hängen, ist mehr Ordnung gebracht. Nur
wünschten wir solche Croütes, wie den Bega (übri-
gens eine Anschaffung von Victor de Stuers) daraus
entfernt zu sehen.

Unter den Italienern aber ist furchtbare Muste-
rung gehalten: — die Schafe sind von den Böcken
getrennt, letztere in die Vorhölle des Direktorial-
bureaus verwiesen.

Kurz, die Veränderung ist in hohem Grade ge-
glückt und wir sind Dr. Bredius dafür den grössten
Dank schuldig. 0. E.

FRIEDRICH SPITZER.

VON ALBERT HOFMANN-REICHENBERG.

In der Nacht vom 22. auf den 23. April 1890
starb in Paris Friedrich Spitzer, der grösste Privat-
sammler kunstgewerblicher Gegenstände der Neuzeit.
Spitzer war Österreicher und in der ca. 10000 Ein-
wohner zählenden Stadt Neutra in Ungarn geboren;
seine Eltern zogen indes sehr früh nach Wien, wo
Spitzer auch seine erste Ausbildung erhielt. Spitzer
sammelte schon seit Ende der vierziger Jahre, aller-
dings in sehr bescheidenem Masse. Eine Reise nach
Graz zu dem alljährlich in der Landeshauptstadt
Steiermarks stattfindenden Fetzenmarkte Hess ihn bei
einer Trödlerin ein Bild kaufen, welches augenschein-
lich der altdeutschen Schule entstammte, dann aber
als echter Dürer erkannt wurde. Das Bild ging um
einen sehr hohen Preis nach London, und der Gewinn
bildete nun den Grundstock für die künftige Sammler-
thätigkeit Spitzers. Hierbei ging er rastlos, keine
Mühe scheuend, sehr vom Glück begünstigt und mit
einem scharfen Blicke, den kunsthistorische Studien
unterstützten, vor. Zuerst wurde er Antiquitäten-
händler, um dann in seinen späteren Jahren das
Sammeln im grossen Stile zu betreiben. Die von
Spitzer angelegte Sammlung hat eine bemerkens-
werte Geschichte, aus welcher er gerne in seinem
Stammgasthause der Rue d'Hauteville in Paris streng
wahrheitsgetreue Episoden zum besten gab.

Bei seiner umfassenden Kenntnis des gesamten
kunstgewerblichen Gebietes war es naheliegend, dass
er sich anfangs nur zwei Lieblingsrichtungen für
das Sammeln festsetzte und zwar Waffen und Rü-
stungen aus der Zeit des Mittelalters und der Re-
naissance; bald aber erweiterte sich das Gebiet, und
wer die letzten hervorragenderen Ausstellungen alter
kunstgewerblicher Objekte besuchen konnte, wer ins-
besondere den Gesamtplan und den erschienenen
Band des grossartigen Kataloges seiner Sammlung,
ein Prachtwerk allerersten Ranges der kunstgewerb-
lichen Litteratur, kennen gelernt hat, der hat ge-
sehen, dass das gesamte Gebiet der kunstgewerb-
lichen Produktion früherer Jahrhunderte in dem
Sammelfieisse Friedrich Spitzers, dessen Grundsatz
war: „Wollen ist Können!" berührt wurde. Die ge-
nannte Publikation führt den Titel: „La Collection
Spitzer" und ist auf 6 Bände mit 350 Tafeln in
Heliogravüre und Farbendruck und circa 800 Text-
illustrationen berechnet. Die Farbentafeln sind in
brillanter Weise in den Ateliers von Lemercier & Cie.
Paris, die Heliogravüren in unübertrefflicher Schönheit
 
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