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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Editor]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 57.1921/​1922 (Oktober-März)

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Nr. 2
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Hübner, Friedrich Markus: Belgischer Brief
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Literatur / [Notizen] / Kunstmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.37098#0043

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Belgifcher Brief — Literatur

17

Das Publikum fcheint trotz des Widerfpruchs, den es erhebt, Kaufluit für
die neue Kunlt zu hegen. Es entliehen Mitläufer des Gefchmacks, und auch
angefehene Perfönlichkeiten, wie Herman Teirlindk, halten die Zeit für ge-
kommen, den Spott abzulegen und nach Anlchluß zu fuchen. Teirlinck hielt
bei Gelegenheit feiner Aufnahme in die Kgl. Flämifdie Akademie eine Rede
über »Die jüngften Richtungen in der Malkunft von heute«, worin er, der
erwiefenermaßen ganz fubjektive Schriftlteller, es billigte, daß die Jugend gegen
die Kultur des Individualismus vorgeht und nach einer fozial eingeltellten
Gefinnungskunft Itrebt. Die Aufklärungsarbeit, welche feit dem Kriegsende
die von Paul Colin geleitete Monatsfchrift »Art libre« geleiltet hat, ift dem-
nach an der Denkweife der belgifchen Intellektuellen nicht fpurlos vorüberge-
gangen. Viel zur Ausbreitung des Verftändnifles trägt auch die Monats-
fchrift »La Selection« bei und eine, gleichfalls von der Selectionfirma heraus-
gegebenen Reihe kleiner Traktate. Den erlten fchrieb P. G. van Hecke unter
dem ironifchen Titel: »Pour combler le retard et le malentendu«, den zweiten,
über Seurat handelnden <»La revelation de Seurat«> Andre Salmon. Die
Hefte find mit zahlreichen Abbildungen verfehen.
Meldenswert dürfte noch fein, daß der Flame Jules de Praetere feinen
Wirkungskreis in Zürich aufgegeben hat und nach der Bretagne verzogen
ift, De Praetere, der ehedem wie Minne, de Smet, de Woestyne zu dem
Laethemer Künftlerkreis gehörte, hat große Verdienfte um das flämifche Buch®
wefen,- er war um 1890 der erfte, der auf einer Handprefle bibliophile
Mufterdrucke herftellte. Das »Journal de Geneve« widmete ihm im Mai
einen ausführlichen Artikel, worin es heißt, daß er via Krefeld und Düffel®
dorf, wo er Unterricht erteilte, erft nach Bafel, dann nach Zürich kam, und
hier einen Lehrauftrag für Kunftgewerbe erhielt. Er wurde der Begründer
des Schweizer Bundes für Heimatsfchutz und rief in Genf eine Arbeits-
genoflenlchaft für billigen und gefchmackvollen Hausrat ins Leben. Während
feiner 16 jährigen Lehrtätigkeit richtete er 86 Ausheilungen ein und trug fo
vieles zur Neublüte des Fachunterrichts und der Gebrauchskünfte bei.

LITERATUR
Ernlt H. Bufchbeck: Der Portico de
la Gloria von Sant Jago de Com®
poft eia. Beiträge zur Gefchichte der
franzöfifchen und fpanifchen Skulpturen
im 12. Jahrhundert, mit 22 Abbildungen.
»Wiener kunftgelchichtliche Forlchungen.«
Julius Bard. Berlin und Wien, 1919.
Das vorliegende Buch ift die Doktor®
arbeit eines Dvoräk=Schülers und in der
Hauptfache fchon 1914 abgefchlolfen wor®

den. Diefe Arbeit macht dem allzu früh
uns entriffenen Lehrer wie dem Schüler in
jeder Hin ficht Ehre. Ausgezeichnet im Auf®
bau, in der ganzen Methode, von größter
Gründlichkeit auch im Nebenfächlichen,
die Hauptfachen fcharf und klar heraus®
gearbeitet, fchlicht, knapp und doch anfchau®
lieh im Vortrag, reich an pofitiven Ergeb®
niflen, kurzgefagt, einehöchfterfreulicheLei-
ftung, wie man fie unter den Doktorarbeiten
der letzten Jahre leider nur feiten findet.

Nr. 2. 7.X 21.
 
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