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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Editor]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 57.1921/​1922 (Oktober-März)

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Nr. 11
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Badt, Kurt: Cézanne-Ausstellung bei Paul Cassirer, Berlin
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Tietze, Hans: Die Biblioteca Rossiana in Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.37098#0208

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182 Cezanne« Ausfeilung bei Paul Caffirer, Berlin — Die Bibliotheca Rossiana in Wien
fie geben Tiefe, nicht durch Fluchtlinien, fondern durch anheigenden, von nah
gefehenen Boden, dem lieh das Fernbild entgegenfetzt.
Um den Raum zur Einheit zu bringen, fetzt Cezanne in die Tiefe des
Bildes oft einen Körper von einheitlicher einfacher Form und ftarker, betonter,
zufammengefaßter Lokalfarbe, der den Blick auf fich zieht und den großen,
farbig fchwächeren und formal aufgelölteren Mafien an Intenfität das Gleich-
gewicht hält: wie ein Mufiker die Linie der Melodie in der Länge einer Fer-
mate auffängt. Dem »Zurück« Itellt er ein »Nadi vorn« gegenüber, wodurch
jenes peinliche Gleiten des Auges in die Tiefe verhindert wird, das man
am Itärklten bei Gemälden der Frührenailfance mit konltruierter Perfpektive
empfindet. Der Raum bei Cezanne wird von der Spannung zwifchen den
Kräften der ihn erfüllenden Objekte getragen: er ift nicht bewegt, fondern
ruhend, nicht »handelnd«, fondern »wirkend«, um in den Begriffen Laotfes
zu fprechen. Vielleicht beruht es hierauf, daß die Gemälde Cezannes alle
Werke feiner Zeit fo fehr an innerer Kraft übertreffen. —
Die Ausheilung ruft die Erinnerung an jene Veranftaltungen der Ber-
liner Akademie der Künfte wach, in denen der koftbarfte deutfehe Kunftbefitz
vereinigt war. Damals aber zeigte der Staat Dinge, von den mindeftens
ein erheblicher Teil lange im Befitz gekrönter Sammler gewefen und mit un-
befchränkten Mitteln erworben worden war. Wieviel mehr muß diefe Aus-
heilung Bewunderung und Stolz erregen, die, von einem Privatmann ver-
anhaltet, Kunltwerke darbietet, deren Wert erlt vor kurzer Zeit anerkannt
wurde, von deutfehen Privatleuten im internationalen Wettbewerb erworben
und bewahrt, während die Mode fich fchon nieder fo fehr gewandelt hat,
daß die Bilder den heut Schaffenden kaum noch als begreifbares Vorbild
erfcheinen.



DIE BIBLIOTECA ROSSIANA IN WIEN
VON HANS TIETZE

BERMALS hat der Wiener Kulturbefitz eine empfindliche Einbuße er-


litten, diesmal in einer Weife, die im Frieden von St. Germain nicht vor-
gefehen war; die fogenannte »Roffiana« ift aus dem Jefuitenkolleg in Lainz
nach Rom gebracht worden, wo fie in der Vatikana aufgeftellt werden foll.
Die Bibliothek führt den Namen nach ihrem Begründer, dem Cavaliere
Commendatore Gian Francesco de Rossi, einem Sohn des Literaten und
Archäologen Giovanni Gherardo de Rossi. Seine Ehe mit der verwitweten
Herzogin von Sachfen, Luife Charlotte von Bourbon, deren Majordomus er
vorher kurze Zeit gewefen war, fetzte ihn in den Stand, in großem Stil
 
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