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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 57.1921/​1922 (Oktober-März)

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Nr. 17
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Kunststeuern
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https://doi.org/10.11588/diglit.37098#0303

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KUNSTCHRONIK UND KUNSTMARKT
HERAUSGEBER: GUSTAV KIRSTEIN
BERLINER REDAKTION: CURT GLASER WIENER REDAKTION: HANS TIETZB
NR. 17 20. JANUAR 1922

KUNSTSTEUERN
JEDESMAL wenn die Gefetzemacher bei der Arbeit find, taucht der Ge-
danke der Befteuerung des Kunftbefitzes von neuem auf. Nicht das erfte-
mal find wir gezwungen, uns mit diefem leidigen Thema zu befaßen. Aber
niemals fchien die Gefahr fo dringend wie heut. Die Gefetzesvorlage für
die Vermögenslteuer hat den Reichsrat bereits paffiert, und wenn der Reichs-
tag ebenfo bedenkenfrei über den 7, Abfatz des 10. Paragraphen hinweggeht,
dann ift das Unglück gefchehen, und das Ende des privaten Kunftbefitzes
fteht bevor.
Wieder einmal find die »Kunftgegenftände« mitten unter die Schmuck-
fachen und fonftigen Luxusartikel hineingeraten. Wieder einmal fehen die
Finanzfachverftändigen im Kunftwerk nichts anderes als ein bequemes Mittel
der Kapitalverfchleierung, das von der Vermögenslteuer erfaßt werden muß.
Auf der einen Seite werden Gefetze gemacht, die eine Abwanderung des
Kunftbefitzes nach dem Auslande verhindern follen. Auf der anderen zwingt
man die Sammler durch hohe Geldftrafen zur Veräußerung ihres Befitzes
und verhindert durch die gleichen Geldftrafen den Verkauf im Inlande.
Denn um Geldftrafen eigentlich handelt es fich, nicht um eine Steuer,
Kunftwerke find alles andere als werbender Befitz, Sie find totes Kapital.
Will man das Kunftwerk zu Steuern heranziehen, fo mag man es in dem
Momente tun, in dem die Umfetzung in Geldeswert erfolgt. Diefe Steuer
ift gerecht. Jede andere zeugt von einer völligen Verkennung kultureller
Werte. Und die Vermögenslteuer für Kunftwerke, die jetzt vorgefchlagen
ift, bedeutet eine Belaftung, die nur der zu tragen gewillt und imftande fein
kann, der mit einer -gewinnbringenden Veräußerung feines Kunftbefitzes in
abfehbarer Zeit rechnet. Wer Kunftwerke nur um ihres ideellen Wertes
willen erwirbt, wer nicht an Kapitalsanlage denkt, fondern nur an die reine
Freude, die ihm derjBefitz eines Gemäldes bereitet, muß durch die Steuer,
die gerade den am Ichwerften trifft, den fie verfchonen füllte, zur Veräußerung
gedrängt werden.
Denn es handelt fich keineswegs um geringfügige Sätze. Der Kunft-
befitz wird dem übrigen Vermögen hinzugerechnet, und der niederfte Satz
für einen Betrag von 100000 Mark ift 1 vom Taufend, er fteigt rafch, be-
trägt für eine Million 6 vom Taufend, für 2 Millionen 7, für 5 Millionen 8,
 
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