Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Editor]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 57.1921/​1922 (Oktober-März)

DOI issue:
Nr. 17
DOI article:
Kunststeuern
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37098#0304

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
278

Kunftfteuern

für 10 Millionen 9, für weitere Beträge 10 vom Taufend. Dazu kommen
Zufchläge, die fchon für Beträge über 150000 Mark 200°/o ausmachen. Für
eine Sammlung im Werte von 2 Millionen Mark find alfo 42000 M. jährlich
an Steuern zu entrichten, eine Beialtung, die gerade für den foliden Sammler
fchon nach kurzer Zeit als unerträglich empfunden werden muß.
In dem Gefetzentwurf wird gefagt, daß die Steuer nur dann zu ent-
richten fei, wenn der Anfchaffungspreis für den einzelnen Gegenftand 5000 M,
und darüber oder für mehrere gleichartige oder zufammengehörige Gegen-
ftände 50000 Mark und darüber betragen hat. Dadurch ift ein Teil des
Kunftbefitzes aus der Vorkriegszeit allerdings von der Abgabe freigeftellt.
Aber welche Ungerechtigkeit für den neuen Sammler darin liegt, daß feine
Papiermark der alten Goldmark gleichgefetzt ilt, fcheint der Gefetzgeber nicht
bemerkt zu haben. Und überdies bedeutet die Preisgrenze wie in allen Ge-
fetzen der Art nichts anderes als eine Prämie für den Kitfch. Wer feine
Wohnung mit billigem Schund tapeziert, bleibt von der Steuer befreit, auch
wenn er noch fo viel Geld dafür ausgegeben hat. Wer aber ein wertvolles
Kunftwerk erwirbt, muß dafür jährlich fein Strafgeld abführen.
Wie fo viele Gefetze heut, ilt auch diefes nur auf Grund eines augen-
blicklichen und vorausfichtlich fehr bald vorübergehenden Zuftandes gefchaffen.
Bei einer Wertlteigerung, wie fie die Kunltwerke mit dem Sinken des deutfdhen
Geldes in den letzten Jahren erfuhren, mag die geplante Abgabe manchem
noch erträglich erfcheinen, Aber diefe Wertlteigerung war in den meiften
Fällen nur eine fcheinbare, da an dem Goldftandard gemelfen nur wenige
Preife ftandgehalten oder fogar fich erhöht haben. Im ganzen ilt der Wert
von Kunftwerken eher gefunken, was lieh auf den nicht vom Krankheitsfieber
der unterwertigen Valuta befallenen Auslandsmärkten durch fchwere Ge-
fchäftsftockung ausfpricht. Steigt die deutfehe Mark wieder, fo muß überdies
naturgemäß eine rückläufige Bewegung auch bei uns eintreten. Alle mit
fchlechter Papiermark bezahlten Kunltwerke werden im Werte finken, während
die Vermögenslteuer unverändert, noch dazu in einer belferen Valuta, ab-
geführt werden muß.
Es ließe fich noch unendlich viel gegen diefe Steuer geltend machen. Aber
man müßte oft bei ähnlichen Gelegenheiten Gefagtes zum Überdruß wieder^
holen. Sicher ilt nur das eine, daß die Auflöfung des deutfehen Kunftbefitzes,
die bereits im Gange ift, durch diefes Gefetz vollendet werden müßte. Darum
füllte alles getan werden, um das Unheil abzuwenden, fo lange es noch an
der Zeit ift. Die Künftler müßen begreifen, daß es fich um ihre eigenften
Intereflen handelt. Sie haben die Befreiung von der Luxusfteuer erreicht. Hier
droht eine neue und noch fchwerere Gefahr. Aber fie füllten auch nicht egoiftifch
nur an ihre unmittelbarften Lebensfragen denken, fondern an das Wohl und
 
Annotationen